Weihnachten in Coronazeiten: Telefonseelsorge bereit für vollen Einsatz

SALZBURG (eds) / „Es sind vor allem die seelischen Belastungen, durch Corona noch einmal verschärft, die die Menschen veranlassen, anzurufen oder zu schreiben. Bei Kindern und Jugendlichen sind es vor allem die schwierigen familiäre Verhältnisse“, sagt Gerhard Darmann, Leiter der Telefonseelsorge und der kids-line in der Erzdiözese Salzburg. Sein Team und er stehen in den Weihnachtstagen bereit, sind da, heben ab, hören zu, schreiben zurück.
Denn die Telefonseelsorge ist zu den Feiertagen voll im Einsatz: Wer reden will, kann bei Tag und bei Nacht unter 142 anrufen oder sich unter <link http: www.ts142.at _blank>www.ts142.at an die Mail- und Chatberatung der Telefonseelsorge wenden. Für die Kinder und Jugendlichen ist die kids-line täglich von 13 bis 21 Uhr erreichbar. Anrufen können Mädchen und Burschen unter 0800 234 123. Oder sie nutzen den kids-line-Chat unter <link http: www.kids-line.at _blank>www.kids-line.at.
Covid-19 bedrückt und besorgt stark
„Einsamkeit, Beziehungsprobleme und psychische Belastungen sind zentrale Themen der Menschen, die die Telefonseelsorge kontaktieren“, berichtet Darmann. Nun komme dazu, dass nicht einschätzbar sei, wohin die Covid-19-Pandemie führen werde. „Es ist zum einen die Angst vor dem Virus, zum anderen die Sorge, was das Virus und die Angst mit uns machen“, sagt Darmann. Dass so ein Ausnahmezustand, der alle Lebensbereiche umfasst, Auswirkungen auf die Seele hat, verstehe sich von selbst, fügt er an. „In der Telefonseelsorge sind vor allem die verschärften Abhängigkeitsverhältnisse zu spüren, die seelischen Erkrankungen, die Krisen im Zusammenleben oder die Sorge, wie es weitergehen kann.“
Was die Menschen wünschten, sei ein gutes Gespräch. Dass ihnen zugehört werde, was sie vielfach nicht mehr erlebten, berichtet der Experte aus seiner Erfahrung. In der Telefonseelsorge melden sich Menschen auch regelmäßig. Ihre Begleitung – auch über einen längeren Zeitraum – gehört zu den wichtigen Aufgaben der Telefonseelsorge. Diese psychosoziale Begleitung kann nur dadurch geleistet werden, dass viele Mitarbeiter*innen in der Telefonseelsorge und kids-line tätig sind.
Telefonseelsorge verzeichnete Höchstwerte
Der erste Lockdown im Frühjahr war für die Telefonseelsorge eine intensive Zeit. Mit rund 60 Gesprächen pro Tag verzeichnete sie in der zweiten Märzhälfte und im April noch nie da gewesene Höchstwerte. Dies zu leisten war nur möglich, weil aufgrund des „harten Lockdowns“ viele ehrenamtliche Mitarbeiter*innen zusätzliche Dienststunden einbringen konnten. In weiterer Folge pendelte sich die Zahl bei 45 bis 50 Gesprächen pro Tag ein. Im Jänner 2020 waren es noch knapp 40 Gespräche täglich.
Leidensdruck von Kindern teils massiv
Die kids-line verzeichnet seit Beginn der Coronakrise eine Verdoppelung der Anfragen im Vergleich zum Vorjahr. Mehr als 2000 Beratungen werden jeden Monat von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchgeführt. Das Team ist um ein Drittel gewachsen. Mit Stand Dezember 2020 sind knapp 50 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die kids-line tätig und beraten Kinder und Jugendliche, die sich oftmals aus prekären Situationen heraus melden. Psychische Probleme und Gewalt in der Familie stehen dabei thematisch an der Spitze. Die jüngsten Kinder, die sich selbstständig über Tablets und Handys bei der kids-line melden, sind gerade einmal acht Jahre alt. „Wenn es bereits vor der Pandemie zu Hause schwierig war, kann man davon ausgehen, dass der Leidensdruck bei den Kindern massiv gestiegen ist. Sie fühlen sich der Situation daheim ausgeliefert und sehen durch Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen wenig Möglichkeiten, extern Kraft und Energie zu tanken“, erklärt Katja Schweitzer, Koordinatorin der kids-line.
Am Telefon und im Chat sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtige Begleiter im Alltag der Kinder und Jugendlichen. Sie hören zu, erarbeiten mit den Kindern gemeinsam eine Tagesstruktur mit Sicherheit gebenden Ritualen, schaffen kleine Fluchten aus dem Alltag über Fantasiereisen und Imaginationen und helfen so den Kindern dabei, wieder Zugang zu ihren Ressourcen zu bekommen. „Ich bin so allein.“ und „Ich hab’ Angst“ sind häufige Sätze im Chat. Die häufigste Bitte, die formuliert wird, ist: „Kannst du bitte bei mir bleiben?“ Nähe in der Zeit von Social Distancing heißt auch, sich im Chat neben jemanden setzen und ihm vorsichtig eine virtuelle Hand auf die Schulter legen. Da sein. Halt geben. Sich berühren lassen. Auch an den Weihnachtsfeiertagen ist für Doppel- und Dreifachbesetzungen der Dienste gesorgt.
So groß sind die Beraterteams
Zurzeit sind rund 170 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen im Einsatz: in der Telefonseelsorge Salzburg mit den beiden Außenstellen im Pinzgau und Lungau ca. 120 sowie 50 in der kids-line Salzburg, zehn Mitarbeiter*innen davon sind sowohl in der Telefonseelsorge als auch bei der kids-line tätig. Zehn Mitarbeiter*innen unterstützen die Onlineberatung der Telefonseelsorge. Der Dienst in der Telefonseelsorge/kids-line braucht eine zeitliche Begrenzung. In der Regel sind die Mitarbeiter*innen zwölf bis 20 Stunden pro Monat im Einsatz. Die monatliche Supervision trägt auch dazu bei, dass die Mitarbeiter*innen gut mit den Belastungen zurechtkommen und ihre Ohren offen bleiben können.