Gesetz & Gebote
Gebote sind Wegweiser zu einem guten Leben. Im Kern geht es dabei um die Liebe zu Gott und die Liebe zum Menschen. Wer liebt, geht mit anderen gut um. Wer geliebt wird, hat auch die Kraft dazu.
Aus der Begegnung mit Gott ergibt sich eine neue Perspektive auf die Welt und das Leben, nämlich dass alle Menschen zur Familie Gottes gehören. Es ist nicht egal, wie ich mich verhalte.
Eine Grundorientierung zu einem gelingenden Zusammenleben aller Menschen bieten die zehn Gebote, die Moses laut der Bibel von Gott empfangen hat (Ex 20).
Die Kurzfassung der zehn Gebote nach dem Katechismus der katholischen Kirche lautet:
Ich bin der Herr, dein Gott.
- Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.
- Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren.
- Du sollst den Tag des Herrn heiligen.
- Du sollst Vater und Mutter ehren.
- Du sollst nicht töten.
- Du sollst nicht ehebrechen.
- Du sollst nicht stehlen.
- Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau.
- Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut.
Die zehn Gebote sind Teil des „Gesetzes“, einer umfassenderen Sammlung von Regeln für das Leben des Volkes Israel. Das Gesetz will einen Weg zeigen, wie menschliches Leben und Zusammenleben gelingen kann. Es ist in diesem Sinn Ausdruck der Gottesliebe.
Die Erfahrung der Geschichte des Volkes Israel lehrt aber auch, dass Liebe durch Treue (zum Gesetz) zum Ausdruck kommt, dass Liebe aber nicht durch Treue verdient oder erzwungen werden kann. Es gehört zu den Erfahrungen des Gottesvolkes, dass Treue auch nicht automatisch zu Wohlergehen führt. Auch dem „Gerechten“ bleibt das Leid nicht erspart, so sehr er sich auch bemühen mag, nach Gottes Geboten zu leben.
Nächstenliebe
Anders als in der Grundüberzeugung des Kapitalismus, dass aus dem Eigeninteresse des Einzelnen heraus Gemeinwohl entstehen könnte, spricht die Bibel von der Nächstenliebe. Wenn Gott der Vater aller Menschen ist, dann sind alle Menschen eine Menschheitsfamilie, dann gehen wir alle einander an.
Das Alte wie das Neue Testament fassen das im Liebesgebot zusammen:
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.Lk 10, 27
Wer soll das denn nun sein: mein „Nächster“? Jesus beantwortet diese Frage mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10, 25–37). Dort wird erzählt, wie einer überfallen und schwer verletzt wird. Viele gehen vorbei und tun so, als ginge sie das nichts an. Schließlich hilft ein völlig Fremder.
Für Jesus ist der Nächste ist der, der Hilfe braucht. Egal ob mir diese Person bekannt oder sympathisch ist, egal ob die Notlage unverschuldet ist oder nicht.
Jesus sagt auch, dass die Menschen am Ende danach beurteilt werden, wie sie sich anderen gegenüber verhalten haben. Er nennt beispielhaft sieben „Werke der Barmherzigkeit“:
Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm versammelt werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, empfangt das Reich als Erbe, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd gesehen und aufgenommen oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.Mt 25, 31–40
Die Kraft der Nächstenliebe kommt aus der Kraft Gottes. Die Liebe Gottes zu jedem Menschen ist unfassbar groß. Die Begegnung mit Gott ändert alles.
Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht. Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, soll auch seinen Bruder lieben.1 Joh 4, 19–21
Nächstenliebe ist nicht nur eine persönliche Angelegenheit. Sie hat auch eine strukturelle und politische Dimension, nämlich im Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung.
Sünde
Ohne Freiheit gibt es keine Liebe. In der Freiheit gibt es aber auch die Möglichkeit, sich gegen diese Freiheit, gegen die Liebe und gegen das Leben zu entscheiden. Wo das geschieht, werden Menschen schuldig.
Im Gegensatz zur Erbsünde ist die Sünde das bewusste Denken oder Handeln eines Menschen, durch das die von Gott gewollte vertrauensvolle Beziehung des Menschen zu Gott zerstört wird. Die Sünde lehnt sich gegen die Liebe Gottes zu uns auf und wendet unsere Herzen von ihm ab (vgl. KKK 1850).
Weniger schwere Sünden nennt man „lässlich“, als Haupt- oder Wurzelsünden werden genannt:
- Stolz
- Habsucht
- Neid
- Zorn
- Unkeuschheit
- Unmäßigkeit
- sowie Trägheit oder Überdruss
Es gibt immer die Möglichkeit der Umkehr – auch bei schweren Sünden. Voraussetzung ist ein ehrliches Bekenntnis der Schuld, die Reue, der Wille zur Wiedergutmachung und die Bitte um Vergebung. Vergebung vermag zwar helfen, die beschädigten Beziehungen zu Gott und den Menschen wiederherzustellen. Sie beseitigt aber nicht die Folgen der Schuld. Dazu bedarf es der Erlösung.
Leid
Das Leid ist wohl mit der größten Frage des Menschen an Gott verbunden: Wenn Gott das Leid zulässt – ist er dann entweder nicht allmächtig oder ist er nicht gut?
Im Leid ringt der Mensch um seine Würde und um den Sinn seines Lebens. Verschiedene Ansätze einer Erklärung hat das Ringen des Menschen hervorgebracht:
Das Leid als Folge oder sogar als Strafe der Schuld. Aber oft leiden Unschuldige, während Täter ungeschoren davonkommen.
Das Leid als Preis der Entwicklung, als Geburtswehen der Schöpfung. Ist es aber gerecht, dass das Individuum leiden muss, damit es andere später besser haben?
Das Leid als Prüfung und Erziehungsinstrument Gottes. Ist Gott ein Rohrstockpädagoge oder einer, der erst gnädig ist, wenn er sich der Unterwerfung sicher sein kann?
Welche dieser Antworten wäre Ihnen ein Trost? Die Frage des Leids bleibt offen. Sie muss offen bleiben – schon allein um der Opfer willen.
Die biblischen Gotteserfahrungen kennen diese bohrenden Fragen: bei Hiob oder in den Psalmen. Jesus selbst trägt die Wunden seines Todesleidens am Leib. (Joh 20, 27) Vor Gott ist Platz für wütenden Protest, trotziges Aushalten, verzweifeltes Schreien. Oft schweigt er, erscheint abwesend, entzieht sich in die Unbegreiflichkeit.
Aber Gott sagt auch: Ich bin da. Und es gilt das Versprechen:
Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.Offb 21, 4