Neue Grenzen – Alte Rechte“: Warum die Erzdiözese so ist, wie sie ist

SALZBURG / Das Archiv der Erzdiözese Salzburg und der Verlag Anton Pustet stellten heute Nachmittag im Kapitelsaal der Erzdiözese das Grundlagenwerk „Neue Grenzen – Alte Rechte. Die Neuorganisation der Kirchenprovinz Salzburg im 19. Jahrhundert durch die päpstlichen Bullen Ex imposito und Ubi primum" vor. Beide Bullen gelten als die territorialen und organisatorischen Grundsteine der jetzigen Erzdiözese, so Archivleiter Thomas Mitterecker. Endlich habe man eine Publikation, die auf die vermehrt gestellt Frage eine Antwort biete: Warum gehören Teile des Tiroler Unterlandes eigentlich zur Erzdiözese Salzburg. Mehrere Beiträge im Buch gehen darauf ein. Unter den Herausgebern und Beitragenden sind u. a. Dietmar W. Winkler, Dekan der Theologische Fakultät an der Universität Salzburg, Alfred Rinnerthaler, pensionierter Professor am Fachbereich für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg, der Münchner Kirchenhistoriker Roland Götz, Maximiliam Fussl, Professor der Klassischen Philologie am Fachbereich Altertumswissenschaften der Universität Salzburg.
Grundlegende Studie für alle Interessierten an Salzburger Erzdiözese
Die feierliche Begrüßung der Gäste übernahm Erzbischof Franz Lackner, der auf die Bedeutung historischer Grundlagen für das heutige kirchliche Leben verwies. Für den Erzbischof ist das im Buch behandelte Thema mehr als aktuell, gehe es doch auf Fragen ein, die ihm bei seinen Visitationen im Tiroler Anteil der Erzdiözese immer gestellt würden. „In letzter Zeit habe ich aber in unseren Tiroler Pfarren auch schon die Frage gehört, warum man eigentlich zu Salzburg gehöre. Da ist eine Publikation wie die heute vorgestellte nur zu begrüßen.“ Sie antwortet auf diese im Raum stehende Frage nicht mit einem apodiktischen „Das ist eben so!“, sondern beleuchtet die Hintergründe, die Genese, das Werden der heutigen Erzdiözese Salzburg. Das mache das Werk entsprechend bedeutsam, denn „mit dieser Publikation kann man endlich darauf antworten“, so Lackner.
Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr stellte die Bedeutung der neuen Publikation in den Kontext der wissenschaftlichen Buchreihe des AES. Es handelt sich dabei um Band 28, der eine Fortsetzung der 2021 erschienenen Publikation zur Salzburger Kirche im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils darstellt.
Michaela Schachner, Geschäftsführerin des Verlags Anton Pustet, betonte die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem AES und erinnerte an die mittlerweile vier gemeinsam realisierten Bände, die sich mit zentralen kirchlichen Themen aus historischer Perspektive auseinandersetzen.
Archivleiter Thomas Mitterecker erläuterte schließlich die Genese des Buchprojekts, das seinen Anfang im Jahr 2018 im Rahmen eines Symposiums zum Zukunftsprozess der Erzdiözese nahm. Ursprünglich nicht als eigene Publikation geplant, wurde das Projekt in den Folgejahren weiterentwickelt, erweitert und schließlich mit Unterstützung renommierter Fachleute realisiert. „Besondere Aufmerksamkeit erlangte das Vorhaben Anfang 2025 durch Medienberichte über das Fehlen der Originalurkunden der beiden päpstlichen Bullen Ex imposito (1818) und Ubi primum (1825).“
Wolfgang Neuper (Salzburger Landesarchiv) gab einen fundierten Einblick in die Inhalte der Publikation. Besonders hervorzuheben ist dabei die erstmalige kartografische Aufarbeitung der territorialen Veränderungen innerhalb der Salzburger Kirchenprovinz vom frühen 18. bis ins frühe 19. Jahrhundert. Das Buch bietet damit nicht nur historische Tiefenschärfe, sondern auch einen neuen visuellen Zugang zur komplexen Neuordnung kirchlicher Räume in einer bewegten Epoche.
Der Kunsthistoriker und Leiter des Innsbrucker Diözesanarchivs Martin Kapferer geht in seinem Beitrag besonders auf die Tiroler Frage ein und bringt diözesane „Grenzerfahrungen“ zwischen Salzburg und Tirol zur Sprache.
So ist die Publikation von gesellschaftlicher und kirchlicher Bedeutung und Verantwortung einer „Forschung im Dienst des kirchlichen Selbstverständnisses und der institutionellen Identität“, sagte Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr.
Über die Publikation
Nach dem Ende des Erzstiftes Salzburg 1803 verloren die Erzbischöfe ihre weltliche Macht. In den folgenden Jahrzehnten waren aber auch der Fortbestand und die kirchliche Einheit der Erzdiözese in Gefahr. Lediglich der Beharrlichkeit von Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo (1732–1812) sowie kirchen- und staatspolitischen Überlegungen war es zu verdanken, dass eines der ältesten (Erz-)Bistümer nicht dem Erzbistum Wien unterstellt wurde, wie es der Wunsch Kaiser Franz I. (1768–1835) war.
In den langen Jahren der Ungewissheit nach Colloredos Tod wurde die Erzdiözese Salzburg von zwei Administratoren verwaltet. Mit der päpstlichen Zirkumskriptionsbulle „Ex imposito“, welche die kirchlichen Zuständigkeiten in Tirol und Vorarlberg regeln sollte, gelang eine erste Bestätigung als Metropolitansitz. Gemeinsam mit der im Jahr 1825 ausgestellten Bulle „Ubi primum“ gilt „Ex imposito“ als Markstein zum Weiterbestand des Erzbistums Salzburg in neu festgelegten Grenzen und neuen administrativen Verantwortlichkeiten. Die Bedeutung der Bullen im Kontext des 19. Jahrhunderts und die sich hieraus ergebenden kirchlichen Verwaltungsstrukturen und Grenzen in der Kirchenprovinz Salzburg stehen im Mittelpunkt dieser Publikation.
Foto: Die Herausgeber Wolfgang Neuper, Thomas Mitterecker, Erzbischof Franz Lackner, Professor Alfred Rinnerthaler und Dekan Dietmar W. Winkler. (v.l.)