Gegründet, um Brücken zu bauen: 60 Jahre ifz
SALZBURG (eds-8. 6. 2022) / „Es braucht die Wissenschaft, um den Glauben zu objektivieren.“ Mit diesen Worten würdigte der Salzburger Erzbischof im Beisein zahlreicher Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft in einem Festakt in der Dreifaltigkeitskirche in Salzburg gestern das internationale Forschungszentrum (ifz), das sein 60-jähriges Bestehen feiert. Für Salzburg und die Erzdiözese habe die Forschungseinrichtung „große Bedeutung“, betonte der Erzbischof, der auch für die wissenschaftliche Begleitung und Expertise des ifz für die Befragung im Synodalen Prozess dankte.
Wissenschaft für die Menschen – auch während der Coronapandemie
„Die Identität des ifz besteht in einer Forschung nahe am Menschen. Damit gemeint ist auch, dass es um gelebtes Leben in sozial unterschiedlichen Kontexten geht“, sagte ifz-Präsident Christian Lagger in seiner Begrüßung. Das Besondere des ifz liege auch im „Stil der Zusammenarbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“, dabei gehe es um interdisziplinären Austausch, das Einbringen des Know-hows und eine gute Wissenschaftskommunikation. Die verschiedenen Diskurse zur Coronapandemie hätten gezeigt, wie wichtig es sei, Wissenschaft für möglichst viele Menschen der Zivilgesellschaft verständlich zu vermitteln, erläuterte Lagger weiter, denn „nur so kann Wissenschaft eine hilfreich orientierende und handlungsrelevante Wirkweise entwickeln“.
ifz als Begleiter der Weltsynode
Für den in den USA lehrenden Sozialethiker Clemens Sedmak, ehemaliger Präsident und nunmehriger Vizepräsident des ifz, ist klar: „Das internationale Forschungszentrum wurde gegründet, um Brücken zu bauen.“ Beispielhaft nannte Sedmak hier ein Projekt zur Resilienzforschung und das vom ifz initiierte Sozialfestival „Tu was, dann tut sich was“. „Um Kreativität zu fördern, musst du Gelegenheiten schaffen. Dafür steht das ifz“, sagte Sedmak. Bei einem runden Tisch kam er mit Erzbischof Franz Lackner, Andrea Klambauer, Landesrätin für Wissenschaft, sowie mit Sozialpsychologin und Dekanin an der Universität Salzburg, Eva Jonas, und dem Mediziner Christian Brandtner ins Gespräch.
Dankbar für die aktuelle Forschungsarbeit zeigte sich Erzbischof Franz Lackner: Ganz aktuell leiste das ifz „mit seiner Expertise in der wissenschaftlichen Begleitung der diözesanen und nationalen Phase der Weltsynode einen wesentlichen Beitrag, die Wirklichkeit zu unterscheiden“.
Für Begeisterung sorgten auch die künstlerischen Einlagen an diesem Nachmittag: Einfühlsam erzählte der syrisch-österreichische Bestsellerautor Omar Khir Alanam von seiner Fluchtgeschichte. Die Pinzgauer Poetry-Slammerin Helene Ziegler verzauberte mit einer poetischen Beschreibung über das ifz, dessen Arbeit und Auftrag. Musikalisch umrahmt wurde der Nachmittag von einem Trio, bestehend aus Cecilio Perera (Gitarre), Marina Razumovskaja (Kastagnetten) und Matthias Michael Beckmann (Cello). Der elfjährige Arad Karimi aus dem Iran zog das Publikum mit der Querflöte in seinen Bann.
Über das internationale Forschungszentrum
Das ifz ist eine Einrichtung der Erzdiözese Salzburg, gefördert von Stadt und Land Salzburg, dem Katholischen Hochschulwerk und dem Verein der Freunde des IFZ e.V. München. Das Forschungszentrum betreibt interdisziplinäre, angewandte Sozialforschung und möchte damit Impulse für eine gute Gesellschaft geben. Die Forschungseinrichtung arbeitet eng mit der Universität Salzburg und der Salzburg Ethik Initiative zusammen.
Das Team besteht aus einem vierköpfigen Präsidium, der langjährigen Geschäftsführerin Michaela Rohrer und neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in unterschiedlichen Disziplinen forschen. Der Philosoph, Theologe und Manager Christian Lagger – er ist Geschäftsführer der Elisabethinen Graz – ist Präsident des ifz, seine Vizepräsidenten sind der Sozialethiker Clemens Sedmak, der an der University of Notre Dame (Indiana/USA) lehrt, die Salzburger Juristin Silvia Traunwieser sowie der Sozialgeograf Andreas Koch.
Infos: https://www.ifz-salzburg.at/
Ein Blick in die Geschichte des ifz
Die ersten Jahre 1961 bis 1970
Univ.-Prof. Dr. P. Thomas Michels OSB gründete 1961 das internationale Forschungszentrum auf dem Mönchsberg in Salzburg, das sieben Institute beherbergte. Dazu gehörten ein Institut für Wissenschaftstheorie (bestehend aus einer naturwissenschaftlichen und einer geisteswissenschaftlichen Abteilung), eines für Universalgeschichte, für Politische Wissenschaft, für Religionswissenschaft und Christliches Altertum, für Kirchliche Zeitgeschichte, für Vergleichende Erziehungswissenschaft sowie ein Ostinstitut mit einer Abteilung für den Christlichen Osten und einer für den Nichtchristlichen Osten.
Erste Umstrukturierung 1970
1970 kam es zu einer Umstrukturierung. Vier Institute wurden in drei Fachbereiche zusammengefasst: ein philosophisch-wissenschaftstheoretischer, ein religionswissenschaftlich-theologischer sowie ein sozialpolitisch-zeitgeschichtlicher Fachbereich. Thomas Michels blieb bis 1977 Präsident des internationalen Forschungszentrums. Vorstand des „Instituts für Religionswissenschaft und Theologie“ blieb er bis zu seinem Tod 1979.
2009–2017: Die Ära Clemens Sedmak
2009 bestellte Erzbischof Alois Kothgasser Univ.-Prof. Clemens Sedmak zum neuen Präsidenten des internationalen Forschungszentrums. Es folgt eine grundlegende Umstrukturierung, im Zuge dessen das Institut seinen bis heute gültigen Schwerpunkt im Bereich der angewandten sozialethischen Forschung entwickelt. Einige der alten Institute werden ausgegliedert und existieren als eigenständige Einrichtungen weiter. Clemens Sedmak bleibt bis 2017 Präsident des ifz.
2017 bis heute
2017 übergibt Clemens Sedmak die Leitung des Forschungsinstituts an Dr. Helmut P. Gaisbauer. Unter der Führung des Politikwissenschaftlers forscht das Team an wegweisenden Themen wie Resilienz, Ambiguität/Demokratie und Wohnen im Alter. 2021 übernimmt Dr. Markus Welte die Leitung des Instituts interimistisch. Im September 2021 wird Dr. Christian Lagger als neuer Präsident des ifz begrüßt. Christian Lagger ist in der Welt der Wissenschaft und Forschung fest verwurzelt. Neben seiner Funktion als Geschäftsführer der Elisabethinen (seit 2010) lehrt er an der FH Joanneum und an der Karl-Franzens-Universität Graz. In seiner neuen Funktion als ifz-Präsident stärkt er gemeinsam mit einem ausgezeichneten Wissenschaftsteam das internationale Forschungszentrum als Ort der Begegnung für Menschen aus Gesellschaft, Kirche und Wirtschaft. Sein Ziel ist es, die für das ifz charakteristische lösungsorientierte und interdisziplinäre Forschung, in Kombination mit sozialethischen und gesellschaftlich relevanten Grundsätzen – gepaart mit den Werten der Katholischen Soziallehre –, weiter auszubauen und zu vertiefen.
Nicht zuletzt aber ist das grundlegende Anliegen des neuen ifz-Präsidenten, die „Schule der Menschlichkeit“ – von Clemens Sedmak initiiert und unter Helmut P. Gaisbauer vertieft – im Sinne der vorhergehenden ifz-Präsidenten fortzuführen: Die Würde des Menschen, das Gute zu leben, ein respektvolles Miteinander und eine wertschätzende Zusammenarbeit stehen somit auch künftig im Mittelpunkt der Arbeit des internationalen Forschungszentrums unter der neuen Führung von Christian Lagger.