Ein Werkzeug im Kampf gegen das Corona-Virus

SALZBURG (RB-mih) / Salzburg. Sie sind frisch Covid-geimpft, Freunde von Daten sowie Oberärzte bei den Barmherzigen Brüdern Salzburg: Wolfgang Miehsler und Christoph Sakho kennen alle Bedenken rund um die Stoffe, die nun in die Oberarme der Bevölkerung gelangen sollen.
Ob die beiden Mediziner eine Impfempfehlung abgeben? „Ganz klar ja. Wir haben die Krankheit gesehen und wollen sie nicht haben“, sagt Miehsler. „Die Impfung ist ein Eckpfeiler, wenn wir der Pandemie die Stirn bieten wollen und alternativlos, damit unsere Gesellschaft funktioniert“, ergänzt Sakho. Es sei allen klar, dass niemand weitermachen wolle wie in den vergangenen Monaten. Bildung, Kultur, Beziehungen, Reisen – diese Bereiche würden sich erst wieder normalisieren, wenn die Pandemie im Griff sei.
Kritische Sicht ja, falsche Theorien nein
Skeptiker versteht Miehsler, „doch Zweifel müssen auf Fakten beruhen und nicht auf unhaltbaren Spekulationen oder Anekdoten“. Er höre oft, dass die Impfung nicht sicher sein könne, so schnell, wie sie auf den Markt gekommen sei. Sakho kontert: „Die Grundlagenforschung zur neuen Art der Impfstoffe wird seit 30 Jahren betrieben. Die Entwickler haben jetzt gewusst, was sie tun.“ Außerdem sei die Geschwindigkeit ein Ausdruck der unglaublichen Technologieentwicklung. „Wir werden in der Forschung schneller, weil die Menschheit dazulernt“, sagt Miehsler.
Sakho: „Die notwendigen Schritte bei der Zulassung sind eingehalten worden, objektiv von vertrauenswürdigen Behörden.“ Die Sicherheit der Bevölkerung stehe an oberster Stelle; deshalb gehe das Datensammeln in der Wissenschaft weiter. „Bei allem Gesagten: Wir befinden uns in einem fließenden Prozess und sind in sechs oder zwölf Monaten schlauer als nun. Sichtweisen werden modifiziert, aber bestimmt nicht wesentlich“, fügen sie an.
Schönes Gefühl nach der Impfung
Wie sich die Coronaimpfung auf die Ärzte ausgewirkt hat? „Nach der Injektion haben wir große Euphorie gespürt und ein schönes Gefühl des Optimismus. Wir wissen, dass wir nun ein Werkzeug im Körper haben, mit dem wir uns gegen eine schwere Krankheit wehren können und das uns in einigen Monaten hilft, aus diesem eingeschränkten Alltag rauszukommen“, erklären sie.
Und den Impfstoff welches Herstellers sollen sich Impfwillige spritzen lassen? „Jeden, den sie kriegen können, wenn keine medizinischen Gründe dagegensprechen.“
Impfen: Hoffnung und Gefahren
Mediziner und Priester - Professor Matthias Beck sitzt etwa in der Bioethikkommission und hat bei einem Online-Jour fixe des Verbandes der Katholischen Publizistinnen und Publizisten Österreichs mit dem Rupertusblatt gesprochen.
RB: Die Impfung ist da. Wie viel ist damit im Kampf gegen das Virus geschehen?
Matthias Beck: Vielleicht die Hälfte, weil wir nicht genau wissen, ob wir weiterhin infektiös sind. Regeln wie Abstandhalten sind weiter wichtig. Solange wir das Virus womöglich weitergeben und es damit Nahrung hat – denn diese Nahrung sind wir Menschen – wird es nicht verschwinden.
RB: Ist es ausreichend, auf die Vernunft der Menschen zu setzen?
Beck: Bereits nach dem ersten Lockdown scheint mir das „Experiment Vernunft“ zumindest teils gescheitert zu sein. Nun ist uns vieles entglitten. Das hängt auch damit zusammen, dass wir das Virus nicht schon in der ersten Welle weithin an der Vermehrung gehindert haben, indem wir ihm uns als Nahrung entziehen. Je mehr es sich im Menschen vermehren kann, desto mehr Mutationen wird es geben.
RB: Welche Gefahren sehen Sie als Bioethiker, jetzt, wo die Impfung da ist?
Beck: Eine Gefahr zeigt sich bereits: Astrazeneca, ein britisch-schwedischer Impfstoffhersteller, wird offenbar nicht in der verabredeten und vorfinanzierten Weise an die EU abgegeben. Entweder, weil das Serum nicht so schnell in der Menge hergestellt werden kann oder weil große Mengen im UK verkauft werden. Auch werden reichere Länder wohl mehr Impfstoff erhalten als ärmere. Die andere ist, dass sich Menschen über persönliche Kontakte an der Priorisierungsliste vorbei einen Impfstoff besorgen. Oder wenn Geimpfte einen Vorteil erhalten und zu Theaterbesuchen dürfen und andere nicht. Ärmere kommen dann zu kurz. Also wir müssen uns sehr um eine gerechte Verteilung kümmern, sonst bricht ein Kampf um das endliche Gut „Impfstoff“ aus.
Michaela Hessenberger