„Ein verborgenes Leben“

SALZBURG (eds/kap – 5. 2.2020) / Die Jägerstätter-Biographin Erna Putz findet den Film „Ein verborgenes Leben“ des US-Regisseurs Terrence Malick trotz einiger historischer Ungenauigkeiten beeindruckend und sehenswert. Es handle sich um ein bildgewaltiges Epos, in dem der mehrfach ausgezeichnete Filmemacher mit vielen auch nonverbalen Botschaften und Symbolen den scharfen Kontrast zwischen der liebevoll-gläubigen familiären und dörflichen Lebenswelt des Innviertler Ehepaares Jägerstätter einerseits und der wie Gewitterwolken heraufziehenden verblendeten Nazi-Ideologie und ihren gewalttätigen Folgen andererseits veranschaulicht. Nicht umsonst habe der 173 Minuten lange Film in vielen Ländern großes Interesse an dem 1943 wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichteten und 2007 seliggesprochenen Märtyrer entfacht, sagte Putz.
Die oberösterreichische Theologin, Historikerin und Autorin der Biographie „Franz Jägerstätter – ... besser die Hände als der Wille gefesselt ...“ (1985) äußerte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress im Vorfeld der Vorführung von „Ein verborgenes Leben“ („A Hidden Life“).
Als profunder Jägerstätter-Kennerin fallen Putz einige Inhalte auf, in denen Malick – wohl aus dramaturgischen Gründen - von geschichtlich unleugbaren Tatsachen abweicht. Am gravierendsten dabei: Anders als im Film dargestellt wäre Franz Jägerstätter bereit gewesen, während des Krieges Sanitätsdienst in der deutschen Wehrkraft zu leisten, wies Putz hin; bei Malick legt der allzu freundlich gezeichnete Pflichtverteidiger dem schon wegen Wehrkraftzersetzung zum Tod verurteilten Jägerstätter ein diesbezügliches Formular vor, das dieser wegen des zu leistenden Eides auf Hitler ablehnt.
Historisch unrichtig ist nach den Recherchen der Biographin auch die nach der Inhaftierung feindselige Haltung der Dorfbewohner gegenüber den Jägerstätters – sogar die drei kleinen Töchter werden im Film schikaniert. Radegund sei kein „Nazi-Nest“ gewesen und Jägerstätter angesehen im Ort. Der in „Ein verborgenes Leben“ als fanatisch regimetreuer dargestellte Bürgermeister rettete den NS-Kritiker sogar einmal vor dem möglichen Zugriff der Gestapo, indem er den inkriminierenden Brief einer Denunziantin verschwinden ließ, betrieb Putz eine Ehrenrettung.
Dass Terrence Malick das gebirgige Südtirol statt des hügeligen Innviertels als Schauplatz für seinen Streifen wählte, mag den gesuchten traditionell bäuerlichen Szenerien und der optischen Wirkung von Natur und Wetter im Hochgebirge geschuldet sein. Die anfänglichen Familien-, Dorf- und Naturidyllen kontrastiert der Regisseur mit Naziaufmärschen im Leni-Riefenstahl-Stil und mit bedrohlichen Hitlerreden, die letztlich nichts anderes sagen als: Die Gewalt der Nazis drang bis in die entferntesten Täler und Gehirnwindungen. Solidarität zerbricht unter dieser zerstörerischen Ideologie, und es bedarf schon eines Glaubens, einer Liebe wie jener zwischen Franz und Fani, um Menschlichkeit und Haltung zu bewahren.
Positiv würdigte Erna Putz, dass Malick den Konflikt zwischen den Jägerstätters und dem Nationalsozialismus und seiner Protagonisten zeigt und keinen Zwist mit den Vertretern der Amtskirche konstruiert. Diese sind zwar im Film angesichts der Entchristlichung um Schadensbegrenzung bemüht, wenn z.B. der Ortspfarrer (dargestellt von Tobias Moretti) meint, Gott hört nicht auf das, was Jägerstätter schwört, sondern sieht auf das, wie er handelt. Jener junge Pfarrer ist es dann auch, der Franziska - historisch korrekt - bei deren Reise nach Berlin zum inhaftierten Ehemann begleitet. Diese zweite Hauptfigur, die loyale Gattin Fani, findet Erna Putz durch Malick in ihrer Bedeutung für Franz besonders überzeugend gezeichnet. Die Historikerin kannte die 2013 – 100-jährig und 70 Jahre nach ihrem Mann – verstorbene Franziska Jägerstätter bestens.
Jägerstätter-Film im Salzburger „Das Kino“
Im „Das Kino“ findet am Donnerstag, 6. Februar, 19 Uhr, eine Einführung in den Jägerstätter-Film mit Andreas Schmoller, Leiter des Franz & Franziska Jägerstätter Instituts, statt.
Weitere Spieltermine im „Das Kino“:
- 7.–13. Feb. 17 Uhr, Deutsche Fassung
- 14.–16. Feb. 14.30 Uhr, Deutsche Fassung
- 20. Feb. 19.30 Uhr, engl. Originalfassung m. dt. Untertitel
- 21.–24. Feb. 20 Uhr, engl. Originalfassung m. dt. Untertitel
- 27. Feb. 19.30 Uhr, Deutsche Fassung
- 28. Feb. 16 Uhr, Deutsche Fassung
- 29. Feb. 17 Uhr, Deutsche Fassung
Online-Reservierung und -Kauf: <link http: www.daskino.at>www.daskino.at oder 0662/87 31 00-15
Foto: Filmladen Filmverleih