Evangelienkommentar Dreifaltigkeitssonntag (Joh 16, 12–15)
(rb–12.6.2022) / Der Kommentar zum heutigen Evangelium kommt von Mag.a Andrea Leisinger, Pastoralassistentin in der Pfarre Hallein – St. Josef Neualm.
Vieles ist zu sagen …
Im Evangelium steht, dass es noch Vieles zu sagen gäbe, aber wir – die Adressatinnen und Adressaten sind noch nicht bereit dazu. Johannes mutet uns wieder Einiges zu – wir sind dazu nicht bereit – können es jetzt noch nicht tragen. Ein wenig tröstlich ist es ja schon, dieses jetzt noch nicht, aber was meint er konkret damit? Ein Versuch meinerseits:
Vielleicht meint er eine Erfahrung mit Gott – diese Sehnsucht prägt heute viele Menschen und treibt sie auch um. Gott zu erfahren, sich Gott vorzustellen, einen Beweis für seine Existenz zu bekommen. Wenn es doch nur so einfach wäre. Selbst wenn wir alle unsere Erfahrungen zusammenlegen, viele theologische Lexika studieren, uns mit klugen Menschen unterhalten, Gott wird immer größer sein. Mit Worten nicht zu fassen. Da sind mir die klugen Denkerinnen und Denker aus der Mystik Vorbilder. Sie schaffen die Worte ab, sie sprechen vom „Leer werden“, vom „Innen“, vom „Sein in Gott“.
Es kommt auf mich an, aber es hängt nie nur von mir ab!
Johannes Tauler, Meister Eckhart, Dorothee Sölle usw. – sie alle gehen von einer Spiritualität aus, die meint, dass ich mein Leben bewusst gestalten muss um dann zu erahnen und zu erspüren, dass ich in etwas Größerem aufgehoben bin. Es kommt auf mich an, aber es hängt nie von mir ab. Ich habe unmittelbaren Zugang zum Göttlichen. Natürlich sind Bilder und Worte hilfreich, aber bitte nicht nur männlich, patriarchal orientierte. Das ist viel zu einfach und wird diesem Gott auf keinen Fall gerecht. Da muss Bewegung hineinkommen – da müssen Schritte gemacht werden – auch im Denken.
Der Geist der Wahrheit wird euch in der ganzen Wahrheit leiten, so heißt es im Evangelium. Da ist keine halbe Wahrheit gemeint, nicht nur die eine Seite der Menschheit, nein, das ganze Menschsein. Das Frau-Sein, das Mann-Sein. In jeder und jedem offenbart sich Gott.
Dreifaltigkeitssonntag! Gott ist nicht einfach, Gott ist vielfältig und offenbart sich auch so. Gott ist nicht in enge Bilder zu packen oder nur von der Hälfte der Menschheit zu verstehen – nein, Gott ist größer! Dieser Gott ist mir nahe, Gott in meinen Mitmenschen, Gott in der Natur, Gott in liebevollen und vielfältigen Beziehungen und eine Kirche, in der dieser vielfältige Gott auch Platz hat. Dann kann sich das pfingstliche Feuerwerk weiter entwickeln.
Dieser Text ist im Rupertusblatt (Nr. 23/2022) erschienen. >>> Hier können Sie unsere Wochenzeitung abonnieren.