Evangelienkommentar Christkönigssonntag (Lk 23, 35b–43)
(rb–20.11.2022) / Der Kommentar zum heutigen Evangelium kommt von Stephan Richter, Religionslehrer am Gymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg-Liefering.
Ende oder Anfang?
Heute feiern wir gewissermaßen Silvester: Den letzten (Sonn)Tag im Jahreskreis.
Bevor wir kommende Woche das neue Kirchenjahr beginnen, dürfen wir noch einmal zurückschauen: Was habe ich in diesem Jahr erlebt? Welche Begegnungen durfte ich machen? Und wofür bin ich besonders dankbar? Daneben dürfen wir uns auch fragen: Wo habe ich Gott im eigenen Leben erfahren? Wo habe ich seine Spuren gesehen? Und wo hat er mich aufgefangen, als ich zu fallen drohte?
Silvester ist für mich persönlich ein Tag der Dankbarkeit, an dem ich mir aufs Neue bewusst werde:
Gott ist mit mir! Ich gehe nicht allein durch dieses Leben, sondern begleitet von ihm! Dieses Wissen tröstet, stärkt, ist wirklich eine frohe Botschaft!
Im Kontrast dazu – so möchte man glauben – berichtet das heutige Evangelium von der Kreuzigungsszene Jesu. Jesus wird am Kreuz sterben: Er, der Sohn Gottes, der König der Juden, wie ihn die Soldaten spottend nennen (23,38). Welcher König stirbt denn schon am Kreuz? Nur ein Anwesender erkennt die Tragweite des Sterbens Jesu. Und wieder einmal ist es kein Schriftgelehrter, sondern einer, der von der Gesellschaft wohl eher als Letzter denn als Erster gesehen wurde (Mt 19,30): Ein Verbrecher erkennt, dass Jesus in sein Reich kommen wird (Lk 23,42). Dieser Verbrecher ist es auch, der Jesus nicht verspottet, sondern sich am Ende seines Lebens zu ihm bekennt (23,40 ff.). Jesus nimmt dieses Bekenntnis auf und ebnet ihm als Erstem den Weg zu ewigem Leben (23,43).
Durch seinen Tod öffnet Jesus unser aller Grab und macht uns den Weg zu Gott möglich: Sein Sterben bedeutet unser Leben. Sein (irdisches) Ende bringt unseren (himmlischen) Anfang.
Doch die Botschaft geht noch einen Schritt weiter: Jesus ist nicht weg, er ist nicht irgendwo, sondern er ist mitten unter uns: Sein Heiliger Geist weht noch immer in unserer Welt. Jesu Sterben am Kreuz hat ihn nicht fortgerissen aus dieser Welt, sondern eine neue geöffnet.
Insofern haben Silvester und das heutige Evangelium doch eines gemeinsam: Sie sind beide Ende und Anfang zugleich. Das irdische Leben Jesu endet, öffnet aber die Tür des himmlischen Lebens. Wenn diese frohe Botschaft am Ende des (Kirchen-) Jahres nicht Mut macht für das neue!
Dieser Text ist im Rupertusblatt (Nr. 46/2022) erschienen. >>> Hier können Sie unsere Wochenzeitung abonnieren.