Evangelienkommentar 18. Sonntag im Jahreskreis (Lk 12, 13–21)
(rb–31.7.2022) / Der Kommentar zum heutigen Evangelium kommt von Paul Oswald Faulhaber, Zeremoniär und Referent des Erzbischofs.
Die Habgier verkennt das Leben
Der reiche und habgierige Mann, von dem das Gleichnis handelt, spricht selbst zu seiner Seele. Er ist völlig in der Selbstbezogenheit gefangen, für den Durst nach Gott (vgl. Ps 42) ist keinerlei Raum mehr. So kann die Seele auch nicht mehr die Größe des Herrn preisen, ihr Durst soll allein aus der reich gefüllten Scheune gestillt werden.
Durch seine Habgier möchte der Mann das Angenehme unendlich verlängern und erachtet das Leben somit letztlich als zu selbstverständlich. Er hat vergessen, dass es ihm von Gott für eine begrenzte Zahl von Tagen geschenkt wurde. Der weise Skeptiker Kohelet, weiß um diese Vergänglichkeit des Lebens und aller Anstrengung, Ergebnisse zu erzielen, an deren Genuss man sich anschließend hingeben kann: „Das ist alles Windhauch.“ Doch auch diese Gewissheit und Einsicht in Vergänglichkeit und Tod, birgt letztlich dieselbe Gefahr, von der das Evangelium spricht. „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sterben wir“ (1Kor 15,32). Das Leben hier auf der Erde und dann bei Gott scheint unnütz und sinnlos, kein Geschenk, sondern eine Last, wo Katastrophen, Leid und letztlich Tod unvermeidbar geworden sind. Die Habgier lockt in diesem Fall mit dem Angebot, noch schnell und in kürzester Zeit maximalen Genuss zu erzielen und so die vermeintliche Sinnlosigkeit wenigsten zu vergessen.
Sowohl Ungewissheit als auch Gewissheit über Vergänglichkeit und Tod verleiten zu genusssüchtiger Selbstbezogenheit, die das Geschenk des Lebens als selbstverständlich oder unnütz verkennt.
Der hl. Ignatius v. Loyola machte die Erfahrung, dass beide Wege nicht nachhaltig sind: „Wenn er an das von der Welt dachte, vergnügte er sich sehr; doch wenn er danach aus Ermüdung davon abließ, fand er sich trocken und unzufrieden.“ Die Lektüre von Heiligenlegenden und der Gedanke, Gott als Herrn und Schöpfer ganz dienen zu wollen, löste dagegen eine langanhaltende und tiefe Tröstung aus. Daraus erkannte er, wie es im Gleichnis heißt: „das Leben eines Menschen besteht nicht darin, dass einer im Überfluss seines Besitzes lebt.“ Die menschliche Sehnsucht kann letztlich nur von Gott gestillt werden: „Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage.“
Dieser Text ist im Rupertusblatt (Nr. 29_30/2022) erschienen. >>> Hier können Sie unsere Wochenzeitung abonnieren.