Evangelienkommentar 17. Sonntag im Jahreskreis (Lk 11, 1–13)

(rb–24.7.2022) / Der Kommentar zum heutigen Evangelium kommt von Paul Oswald Faulhaber, Zeremoniär und Referent des Erzbischofs.

Gott gibt sich selbst

Immer wieder berichtet der Evangelist Lukas vom Beten Jesu. Und es scheint eine besondere Faszination von Jesus ausgegangen zu sein, wenn er vom Gebet zu seinen Jüngern zurückkehrte. Vielleicht ein Strahlen, wie es von Mose berichtet wird, nachdem er auf dem Sinai mit Gott gesprochen hatte? Der Wunsch der Jünger, Jesus möge sie das Beten lehren, scheint nicht allein dadurch begründet zu sein, dass schon Johannes der Täufer zum Beten angeleitet hatte, sondern vielmehr von der Strahlkraft, die Jesus offensichtlich aus dem Gebet empfing.

Von Jesus beten zu lernen heißt zu erfahren, wie unendlich weit Gottes Gerechtigkeit allen menschlichen Funktionalismus, alle menschliche Vorstellungskraft übersteigt.

Von Jesus beten zu lernen ist mehr als eine Ermutigung, Gebote und Rechtsvorschriften zu empfangen. Weit mehr als ein Appellieren an Gott oder sogar ein Feilschen, wovon die erste Lesung zu berichten scheint. Wird in den bangen Nachfragen Abrahams nicht vielmehr die Frage laut: Wie weit reicht die Gerechtigkeit Gottes? Wie weit übersteigt sie menschlichen Funktionalismus, menschliches Maß und Vorstellungsvermögen?
„Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr der Vater im Himmel“ – so vergleicht Jesus, was eigentlich nicht vergleichbar ist und was in seiner Person selbst überdeutlich werden wird: Gottes Gerechtigkeit geht in der Person des Sohnes ans Kreuz und in die Unterwelt, um nicht mehr Forderungen aufzuwiegen, sondern zu tilgen und so die Konsequenz des Todes abzuwenden.
Gott gibt sich selbst: Als Vater im Gebet, als Sohn am Kreuz, als Geist in den Herzen. „Wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.“ So heißt es überraschenderweise im letzten Vers der Evangelienperiokope. Der Heilige Geist ist die wesentliche Gabe, die Freude (vgl. Joh 15,11). Vielleicht war es gerade diese tiefe, in Gott gründende Freude, die Jesus nach dem Gebet immer wieder in besonderer Weise ausstrahlte und die auch wir immer wieder erhoffen dürfen, wenn wir uns mit all unseren großen und kleinen Bitten an unseren Vater im Himmel wenden. 

Dieser Text ist im Rupertusblatt (Nr. 29_30/2022) erschienen. >>> Hier können Sie unsere Wochenzeitung abonnieren.

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