Evangelienkommentar 16. Sonntag im Jahreskreis (Lk 10, 38–42)

(rb–17.7.2022) / Der Kommentar zum heutigen Evangelium kommt von Paul Oswald Faulhaber, Zeremoniär und Referent des Erzbischofs.

Überbeschäftigt mit viel Dienst

Die Art und Weise, wie Jesus nach dem Bericht des Evangelisten Lukas mit seiner Gastgeberin Marta umgeht, mag erschrecken: „Diese Rede ist hart, wer kann sie hören?“ (Joh 6,60). Marta war es doch, die Jesus eingeladen hatte, in ihr Haus einzukehren. Ohne sie hätte Maria nie die Gelegenheit gehabt, Jesu Worten zu lauschen. Und angesichts der wahren Menschennatur Jesu dürfen wir wohl guten Gewissens davon ausgehen, dass Jesus auch deshalb der Einladung folgte, weil er sich einer guten Verköstigung und leiblichen Stärkung sicher sein konnte. Ist es dann nicht das Selbstverständlichste der Welt, sich höflichst zu bedanken?

Jesus warnt vor einer Hybris des eigenen Tuns, die das Verhalten anderer skandalös erscheinen lässt.

„Marta aber war überbeschäftigt mit viel Dienst“ heißt es in einer Übersetzung der Perikope, die sich stärker am griechischen Text orientiert. Es geht also weniger um eine grundsätzliche Skepsis Jesu gegenüber dem gastfreundlichen Dienst der Marta. Jesus selbst ist es ja, der seinen Jüngern und aller Welt das Beispiel des Dienens gegeben und ins Stammbuch der Nachfolge geschrieben hat. Die kühle Reaktion auf das Anliegen der Marta, Jesus solle ihre Schwester Maria zum Helfen verpflichten, scheint eher auf den Umstand der Überbeschäftigung und des Übereifers der Marta zu zielen. Nicht der Dienst an sich, sondern der Dienst, der nach Anerkennung, Lob und Dank heischt und sich so selbst größte Bedeutung beimisst, unterliegt der Kritik Jesu.

Seine Reaktion ist eine Warnung vor der Hybris des eigenen Tuns: Zu meinen, durch das eigene Tun würde alles zusammengehalten, weshalb es dann skandalös erscheint, wenn sich nicht auch alle anderen an der Bewältigung der Aufgabe beteiligen. Der Dienst, den Jesus vorlebte, wird aus der inneren Übereinstimmung mit dem Willen des Vaters geleistet. Dazu bedarf es des Hörens auf sein Wort. Marta und Maria erscheinen so als Personifikationen der Spannung zwischen den beiden Polen des Wortes Jesu: „Selig sind vielmehr, die das Wort Gottes hören und es befolgen“ (Lk 11,28).  

Dieser Text ist im Rupertusblatt (Nr. 28/2022) erschienen. >>> Hier können Sie unsere Wochenzeitung abonnieren.

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