Osterempfang bei Bundesministerin Susanne Raab
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
Eminenz, Exzellenzen, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich danke Ihnen herzlich namens aller Religionsgemeinschaften für die Einladung anlässlich des Osterfestes. Für alle christlichen Denominationen ist es das wichtigste Fest im Jahreskreis. Zu Ostern feiern wir die Auferstehung unseres Herrn Jesu Christi. Dieses Ereignis ist nicht nur ein Erinnerungsdatum, gleichsam ein terminus a quo, sondern vielmehr ein Ereignis „auf uns zu“: einerseits im Sinne einer ultimativen Letztbestimmung am Ende der Zeiten, aber auch als an ein Angebot Gottes im Hier und Jetzt. In diesem Sinne schreibt der Heilige Apostel Paulus sinngemäß: „Mit Christus sind wir schon auferweckt.“ Diese Freude möchte wirklich werden – immer dann, wenn wir das Fest der Auferstehung erinnernd feiern.
Wie aber könnte zur Stunde Freude aufkommen, wenn in dem Land, das wir das Heilige nennen, nicht nur Terror und Krieg herrschen, sondern es massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen wird? Wenn Israel das Existenzrecht abgesprochen wird? Da dürfen wir gerade hier in Österreich nicht schweigen. Wir müssen unsere Stimmen erheben, auf dass nicht noch einmal geschehe, was sich in unserem Land so schrecklich ereignet hat: der barbarische, geradezu satanische Versuch das auserwählte Volk Gottes selbst zur Gänze zu vernichten. Seit vergangenen Herbst haben sich die antisemitischen Vorfälle in Österreich verfünffacht, Synagogen stehen unter ständigem Polizeischutz – diese Entwicklung können und dürfen gerade wir nicht hinnehmen!
Ich spreche heute zu Ihnen als katholischer Bischof; wir verdanken dem jüdischen Volk zu einem ganz wesentlichen Teil unseren Glauben. Ja – sogar das für uns Christinnen und Christen so zentrale Thema der Auferstehung vermochten die ersten Zeuginnen und Zeugen nicht aus sich heraus zu erfassen, sodass Jesus mehrmals auf Schriften verwies, aus denen man das verstehen möge. Erlauben Sie mir an dieser Stelle die rhetorische Frage: Was waren denn das für Schriften? Freilich: Keine anderen als die im von uns so genannten „Alten Testament“ gesammelten. Dort liegt der gemeinsame Ursprung der großen monotheistischen Religionen. Dessen müssen wir uns in Bezug auf das religiöse Miteinander immer bewusst bleiben.
Ich darf noch etwas aus philosophischer Sicht dazulegen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948 von den Vereinten Nationen dargelegt, basiert auf dem Begriff der Würde der Person. Dieser Begriff verdankt sich der Begegnung zweier großer Geistesbewegungen: der antiken griechischen Philosophie, geprägt von Religionskritik und einer leicht atheistischen Tendenz, und des jüdisch-christlichen Offenbarungsdenkens.
Ich darf zum Ende kommen und möchte mit Worten von Kardinal Pizzaballa schließen, dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem. Im Jänner äußerte er in Rom, ich zitiere aus einem Bericht:
„Nun müsse dieser Dialog zwischen den Religionen einen wichtigen Schritt machen. Denn er könne nicht mehr nur Dialog zwischen Vertretern westlicher Kultur sein, sondern müsse die verschiedenen Sensibilitäten, die kulturellen und lokalen Ansätze berücksichtigen. Dies sei viel schwieriger, aber müsse aus Liebe getan werden.“
Der auferstandene Herr grüßt die zumeist etwas verstörte Schar der Seinen mit dem Friedenswunsch. Ich bedanke mich bei Ihnen, Fr. Bundesministerin, für die Einladung; ein herzliches Vergelt‘s Gott für das gute Zusammenwirken zwischen Regierung und Religionsgemeinschaften. Der Friede sei auch mit Ihnen und all Ihren Mitarbeiterinnen. Und er sei mit Ihnen allen, die heute hier versammelt sind.