Empfang der Bischöfe bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrte Frau Schmidauer,
Eminenz, Exzellenzen, hochwürdigster Herr Nuntius, liebe Mitbrüder im Bischofsamt,
ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage: Diese Einladung ist uns eine große Ehre, wir freuen uns sehr, mit Ihnen gemeinsam bei Tisch zu sitzen. Es sind große Tage im Leben der Kirche, aber auch im Leben der Österreicherinnen und Österreicher.
Seit bald zwei Jahren werden wir Zeugen des furchtbaren Angriffs Russlands auf die Ukraine. Mein Mitbruder im Bischofsamt, Wilhelm Krautwaschl, und ich selbst konnten im letzten Sommer die Stadt Lemberg besuchen und trafen dabei mit Geflohenen, Hinterbliebenen und Hilfskräften zusammen. Dass auch hier in Österreich Politik und Menschen sich mit diesem leidgeprüften Land und seiner Bevölkerung solidarisch zeigten, hat uns mit großer Hoffnung erfüllt.
Hoffnung ist es auch, die uns durch die Pandemie getragen hat, bei der Staat und Religionsgemeinschaften auf je ihre Weise versucht haben, das Nötige so erträglich wie möglich zu machen. Ich möchte Ihnen hier ganz besonders danken für Ihr Vorbild – es war in jenen Tagen möglich und für viele auch nötig, zu einem einenden Staatsoberhaupt aufsehen zu können. Hoffnung dürfen wir auch darin setzen, dass uns allen gemeinsam die notwendige Kehrtwende und Entwicklung im Sinne der Schöpfungsverantwortung gelingen möge – dazu ruft uns auch Papst Franziskus in seinem jüngsten Lehrschreiben „Laudate Deum“ – „Lobt Gott“, denn – ich zitiere – „ein Mensch, der sich anmaßt, sich an die Stelle Gottes zu setzen, wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst.“ (LD 73)
Hoffnung benötigen wir auch alle angesichts des Terrors, der in den vergangenen Wochen Israel und jüdisches Leben auf der ganzen Welt getroffen hat. Die Steigerung antisemitisch motivierter Übergriffe und Straftaten kann uns nur erschüttern und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Als Kirche in Österreich stehen wir in doppelter Verantwortung gegenüber diesem seit seiner Gründung beständig bedrohten Land - sowohl aufgrund unserer geistigen Herkunft aus dem Heiligen Land, als auch aufgrund der Schuldverantwortung aus den dunkelsten Tagen unserer Geschichte.
Hoffnung konnte ich aber auch als Teilnehmer an der weltweiten Bischofssynode erfahren. Die ganze Welt war dort versammelt, um über alle Grenzen und manchmal auch Differenzen hinweg miteinander ins Gespräch zu kommen, miteinander auch Verantwortung zu übernehmen. Wir sind noch unterwegs, doch sind die Erfahrungen der synodalen Arbeitsweise auch jetzt schon beeindruckend. Einander den Raum für den freien Austausch geben, schweigen, sich selbst zurücknehmen, ergänzungsbedürftig und andockfähig zu bleiben – all dies mag auch für die Zivilgesellschaft, die Politik, den Umgang miteinander von Wert sein.
Besonders habe ich auch die Teilnahme von Laien bei dieser Synode als große Bereicherung empfunden, die gemeinsam mit uns Bischöfen den sensus fidei des ganzen Gottesvolkes abbildeten – darunter besonders die Frauen, deren Stimme in der Kirche niemals fehlen darf.
Geschätzter Herr Bundespräsident, vielleicht sind uns keine leichten Tage gegeben – aber wir dürfen, so sagt es unser Glaube, auf die Vorsehung vertrauen; darauf, dass wir alle, egal in welchem Teil der Gesellschaft und in welcher Verantwortung, nicht zufällig hier sind. So wollen wir nach unseren Kräften für das Wohl dieses Landes und der Menschen arbeiten, und so darf ich auch Ihnen alles Gute und Gottes Segen für Ihr weiteres Wirken im Dienste Österreichs wünschen.