Aschermittwoch
Liebe Schwestern und Brüder!
„Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehren wirst“, dazu fordert die Liturgie der Kirche am Aschermittwoch – dem Beginn der 40-zigtägigen Fastenzeit – auf, während Asche aufs Haupt gestreut wird. Ein Ritus, der karger nicht sein könnte, dazu deutende Worte, die ungeschönt Dinge beim Namen nennen. Asche steht für die Vergänglichkeit des Lebens, und Staub ist, nach unserem Sprachempfinden, etwas das man nirgendwo haben will. Das es wegzuwischen gilt.
Die Kirche scheut sich nicht, Extreme zu benennen. Unser Leben kommt aus dem Nichts – ex nihilo –, soweit ist es noch christliche Lehre, und dieses Leben geht ins Nichts – das ist allerdings nicht mehr christlich. So allerdings ist die gängige Auffassung der Moderne. Martin Heidegger, einer der wirkmächtigsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, bezeichnete das Leben als ein Sein zum Tode, als ein Dasein gleichsam ins Nichts gehalten. Heutzutage wird diese bittere Teilwahrheit nihilistisch, als alles auslöschende Tendenz, weitergeschrieben. Konkret zeigt sich dies in der Verbrennung von Verstorbenen, und darin, wie man mit der Urne umgeht. Die Asche wird zuweilen verstreut oder biologisch abbaubar bestattet. Ich sage nicht, dass es diese neue Form von Bestattung nicht geben darf, sondern möchte nur aufzeigen, wie durch Änderung von althergekommenen Formen die Verbindung mit einem ursprünglichen Geschehen verloren gehen kann. Man müsste sich bemühen, durch Gebet und Nachdenken zu der neuen Form auch ein auf sinnlicher Erfahrung basierendes liturgisches Ritual zu finden. Das geschieht, soweit ich sehe, jedoch nicht. Und so verliert sich die Spur, die einst an einem Grab den Anfang nahm, nämlich die Spur zur Auferstehung. Die Spur zum Leben, zum ewigen Leben, dürfen wir nicht verlieren. Diese Gefahr ist in unserer Zeit sehr groß. Der große Apostel Paulus warnt davor, diese Spur zu verlieren, wenn er im ersten Brief an die Gemeinde von Korinth schreibt: „Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos“, um sofort und für alle Zeiten festzuhalten: „Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen.“ Das ist die frohe Botschaft, die Kunde vom Himmel, die wir nicht verlieren dürfen.
Darum ist das Grab für gläubige Christen nicht nur Ort des Todes, sondern auch Ort der Auferstehung. Staub, zu dem wir zurückkehren, bedeutet, wir kehren zur Erde, zur erlösten Schöpfung, zurück. „Von der Erde bist du genommen, zur Erde kehrst du zurück“ heißt es im Begräbnisritual. In Anlehnung an das vorhin genannte paulinische Auferstehungswort bezeugt und bekennt die Kirche aus uralt bewährter Glaubensherkunft, d.h. im Geist Gottes: „Der Herr aber wird dich auferwecken.“
Darauf deutet auch das Element der Asche in ihrer Zweideutigkeit hin. Ja, Asche bezeichnet die Hinfälligkeit unseres Daseins. Aber das ist nicht alles. Asche wurde aufgrund der unvermischten Reinheit seit alters her als Reinigungsmittel verwendet. Ich erinnere mich noch, dass zu früheren Zeiten, als Seife für arme Menschen zu teuer war, weiße Wäsche mit Asche gewaschen wurde. Im Volk des Alten Testaments wurde Asche mit anderen Zutaten zur Herstellung von Reinigungswasser verwendet. Beim Propheten Elia lesen wir: Als dieser frustriert unter dem Ginsterbaum schlief, weckte ihn der Engel und Elias sah einen Krug mit Wasser und Brot, das auf glühender Asche gebacken wurde. Von dieser Speise gestärkt wanderte er 40 Tage durch die Wüste zum Gottesberg Horeb. Auf Asche wurde und wird Brot, das Grundnahrungsmittel schlechthin, gebacken.
Liebe Schwestern und Brüder, dessen sollen wir gedenken, wenn uns die Asche aufs Haupt gestreut wird. Ja wir sind Staub und wir kehren zu Staub zurück. Astrophysiker sagen, die ganze Welt sei aus Sternenstaub entstanden. All das anerkennen wir, aber wir dürfen mit guten Gründen glauben, dahinter steht ein liebevoller Schöpfergott. Er hat alles erschaffen. Die Hl. Klara betete am Sterbebett: „Herr ich danke dir, dass du mich erschaffen hast!“
Auf dieser Spur sind auch wir unterwegs. Die Asche wird uns in Form eines Kreuzes auf das Haupt gestreut oder an die Stirn gezeichnet. Das Kreuz erinnert uns an das, was wir bei jeder Eucharistiefeier beten: „Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir, deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“
So wollen wir, von diesem Glauben gestärkt, die Wüste des 40-tätigen Fastens durchqueren.
Amen!