Zwischen Hoffnung und Hilflosigkeit: Thema Suizid braucht dringend Enttabuisierung

SCHWARZACH / SALZBURG (KSK) / Keine andere Todesart löst so viel Betroffenheit aus, erschüttert das gesamte Umfeld und belastet die Hinterbliebenen so sehr wie ein Suizid. Die IASP (Internationale Vereinigung für Suizidprävention) geht davon aus, dass sich statistisch gesehen weltweit alle 40 Sekunden ein Mensch das Leben nimmt. Die Anzahl der Suizidversuche liegt dabei noch um ein Vielfaches höher. In Österreich sterben jährlich rund 1.200 Menschen durch Selbsttötung, dreimal mehr als im Straßenverkehr ums Leben kommen. Suizid wird nach wie vor stark tabuisiert, anlässlich des "Welttags für psychische Gesundheit" (World Mental Health Day) am 10. Oktober möchte das Klinikum Schwarzach auf das Thema verstärkt aufmerksam machen. In dem Spital im Salzburger Pongau gibt es für Hilfesuchende auch ein niederschwelliges Angebot im Rahmen der Ambulanz in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie.
“Der Wunsch nach Beendigung des eigenen Lebens ist ein tiefgreifendes soziales und psychologisches Phänomen, das durch vielfältige Faktoren bedingt wird. Nicht immer geht es darum, einfach nicht mehr leben zu wollen. Oft finden Menschen in einer Ausnahmesituation einfach keinen anderen Ausweg”, sagt Maria Trigler, Leiterin des Psychologischen Dienstes am Kardinal Schwarzenberg Klinikum, dem zweitgrößten Krankenhaus im Bundesland Salzburg. Sie betont: “Es gibt regionale Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige, aber diese müssen eben auch genutzt werden.”
Immer noch hohe Suizidraten am Land
Zahlen der Statistik Austria belegen, dass es in den südlichen Salzburger Bezirken Pinzgau, Pongau und Lungau weiterhin hohe Suizidraten gibt. Der Anteil bei Männern ist dabei am höchsten. Die Gründe dafür sind zwar sehr individuell, jedoch wird deutlich, dass in ländlichen Gebieten die geringere Bevölkerungsdichte zu einer stärkeren sozialen Isolation führen kann, was das Gefühl der Einsamkeit verstärken und weiterführend einen Lebensüberdruss begünstigen kann. Auch das kulturelle und gesellschaftliche Umfeld mit noch festgefahrenen Rollenbildern und vorherrschenden Vorurteilen hinsichtlich psychischer Erkrankungen führt bei Betroffenen zu einem Mehr an Belastung und folglich wenig Offenheit für das eigene Leiden und eine mögliche Inanspruchnahme von Hilfe.
Betroffene auf Hilfe von außen angewiesen
“Wer sich mit dem Gedanken trägt, nicht mehr leben zu wollen, oder gar einen Suizidversuch unternimmt, befindet sich immer in einer schweren Krise und inneren Not. Übliche Bewältigungsmöglichkeiten greifen oft nicht mehr, dies führt zu einem seelischen Ungleichgewicht und Ausweglosigkeit. Die Beendigung des Lebens wird dann als Lösung des Problems in Betracht gezogen”, sagt Primar Marc Keglevic, Leiter der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Schwarzach. “Deshalb sind diese Menschen auch auf Hilfe von außen angewiesen.”
Unterstützende Beziehung und Hilfsangebote retten Leben!
Hier ist das persönliche Umfeld ebenso gefragt wie professionelle Helfer. Angehörige und Freunde eines Betroffenen können zunächst durch aufmerksames Zuhören, Austauschen und die Vermittlung von Hoffnung weiterhelfen. “Die Möglichkeit, über Belastendes vorurteilsfrei sprechen zu können, kann eine erste große Entlastung für Menschen in Krisen sein”, sagt Psychotherapeutin Trigler. „Auch das Aufzeigen von Möglichkeiten im Umgang mit einer Krise sowie Informationen über weitere Hilfen können Betroffenen neue Wege aufzeigen!“ Verdichtet sich jedoch der Eindruck, dass jemand Anzeichen einer Selbstgefährdung zeigt, sind diese unbedingt ernst zu nehmen und weitere Schritte, wie z.B. die Kontaktaufnahme zu professionellen Unterstützungsangeboten, einzuleiten.
Psychische Vorsorge muss früh ansetzen
Generell, so Trigler, die auch beim Präventionsprojekt ‚lebenswert‘ in Salzburger Schulen mit Vorträgen für Eltern und Lehrer mitwirkte, sei es wichtig, über psychische Gesundheit und Hilfen flächendeckend zu informieren und alte Mythen über psychische Erkrankungen zu durchbrechen. "Das funktioniert, indem man früh schon im Kindes- und Jugendalter altersgerecht über die Themen wie psychische Gesundheit informiert und so eine Achtsamkeit für sich selbst und für andere trainiert. Dazu gehören auch das Aufzeigen von alternativen Bewältigungsmöglichkeiten bei Krisen und direkte Hilfsangebote für die Betroffenen, beispielsweise durch niederschwellige Angebote bei niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten bzw. Psychologen, der ambulanten Krisenintervention ‚Pro Mente Salzburg‘ oder in der Ambulanz der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie im Kardinal Schwarzenberg Klinikum in Schwarzach.
www.ks-klinikum.at
Hilfe bei Suizidgedanken:
Für psychiatrische Notfälle ist die Psychiatrische Ambulanz im Klinikum Schwarzach täglich von 0-24 h geöffnet (keine Anmeldung erforderlich!). Gebäude L, 2. Stock, Eingang L1 im Zeitraum von 08.15 – 15.30 Uhr, außerhalb der Ambulanzzeiten im Gebäude D, 4. Stock. Für nicht akute Notfälle Terminvereinbarungen telefonisch von Montag bis Freitag, 08.00 bis 15.30 Uhr, unter der Nummer +43 6415 7101 - 5430.
Kontakte zu Hilfsangeboten anderer Institutionen:
Ambulante Krisenintervention - Pro Mente Salzburg (Tel. +43-662-8805240)
Psychosozialer Dienst des Landes Salzburg (Tel. +43-662-80423149, Außenstellen im Innergebirg)
147 Rat auf Draht - Notrufnummer & Beratung - 147 Rat auf Draht (Anonyme Notrufnummer ohne Vorwahl: 147)
kids-line: Rat für junge Leute (Tel. +43-800-234123, kostenlos)