„Wenn wir evangelisieren wollen, müssen wir die Familien stärken!“

Aber es war bei weitem mehr als ein bloßes Familientreffen – mit vielen Kindern, freudigen Wiedersehens-Umarmungen und fröhlichem Beisammensein von 22 Familien aus Österreich und Bayern. Akademieleiter Kurt Reinbacher vom Referat für Ehe und Familie der Erzdiözese Salzburg hatte bereits im Vorfeld für geistige und geistliche Nahrung gesorgt. Einerseits stärkte P. Leonhard Maier LC mit Messe, Predigt und Nachprimizsegen zum Beginn. Andererseits verstand es Prof. Stephan Kampowski vom päpstlichen Institut Johannes Paul II. in Rom, den Familien Mut zu machen: In seinem Vortrag „Begleiten, unterscheiden, eingliedern – Leitfaden für eine neue Familienpastoral nach Amoris laetitia“ gab er auf mitunter schwierige Fragen der Familienpastoral klare und kompetente Antworten.
Thema Begleiten. Prof. Stephan Kampowski führte den Zuhörern vor Augen, wie wichtig frühzeitige Ehevorbereitung sei und zitierte Papst Franziskus: „Ehevorbereitung beginnt bei der Geburt.“ Zumindest bei den Jugendlichen sollte man schon die Familienpastoral mit all ihrer Schönheit der Liebe/Fruchtbarkeit im Blick haben, riet Stephan Kampowski. Nicht erst dann, wenn die wichtigste Entscheidung – die Wahl des Ehepartners – schon getroffen worden sei.
Weiters verdienten die ersten sieben Ehejahre besondere Aufmerksamkeit in der Begleitung: „Ein zweites Heilmittel besteht darin, den Jungvermählten zu helfen, auch nach der Hochzeit den Weg im Glauben und in der Kirche fortzusetzen.“ (Papst Franziskus, Ansprache an die römische Rota vom 21. Jänner 2017).
Stephan Kampowski fasst das Buch „How the west really lost God“ (Autorin Mary Eberstadt argumentiert, dass der Niedergang der Familie zum Niedergang der Religion in der westlichen Welt geführt hebe) so zusammen: „Wenn wir evangelisieren wollen, müssen wir die Familien stärken!“
Die Gesellschaft vergesse, so Kampowski, dass Sexualität mit Fruchtbarkeit zusammenhänge, dass man Vater und Mutter werden könnte. „Deshalb gehen wir leichtfertig mit unserer Sexualität um, bagatellisieren sie. Folglich wird der Ursprung des menschlichen Lebens geringgeschätzt.“ Und er betont: „Sexualität bindet unglaublich. Der erste Sex bindet unglaublich mehr.“
Thema Eingliedern. „Ehe ist eben keine Privatsache, sie betrifft die Familie, die Großfamilie, das ganze Land, die Gesellschaft und die Kirche“, stellte Stephan Kampowski klar und fragte: „Sind die Sakramente nur schöne Riten, oder haben die etwas mit meinem Leben zu tun?“
Man gehöre nicht nur zur Kirche aufgrund einer unsichtbaren Verbindung. „Die Kirche ist die Gemeinschaft, aus der Fleischwerdung Christi geboren. Sie betrifft die Person als Ganzes, mit Seele und Leib.“ Volle Teilhabe an der Kirche heiße, das von Gott geschenkte Leben zu teilen. „Die Kirche ist allgemeines Heilsmittel.“ Oder anders ausgedrückt: Wir brauchen die Kirche, um voll am Leben Christi teilhaben zu können (=Erlösung, = heilig werden).
Thema Unterscheiden bei irregulären Beziehungen
Prof. Kampowski betont: „Unterscheiden bedeutet nicht, den Gnadenstand einer Person zu unterscheiden“. Die Kirche habe noch nie die Zulassung zu den Sakramenten von einem Urteil über den Gnadenstand einer Person abhängig gemacht. Das wäre ein unbedachtes, ja unmögliches Urteil. Es gehe, so Kampowski „bei der Frage der Sakramentenzulassung um einen objektiven Lebensstand, nicht um einen subjektiven Zustand der Seele“.
Er betonte auch, dass unterscheiden nicht bedeuten könne, Wege zu finden, um das Sittengesetz an die „konkreten Fähigkeiten“ der Person anzupassen. Das wäre, so Kampowski, keine pastorale Haltung, vielmehr ein neuer Pelagianismus, der nicht mit der Gnade rechnet.
Es gebe keine Gradualität im Gesetz. Das Gesetz zeigt uns einen Weg auf und es ist für alle gleich.
Was bedeutet also Unterscheidung (nach Amoris laetitia 300)?
Sie ist ein Prozess, der „diese Gläubigen darauf ausrichtet, sich ihrer Situation vor Gott bewusst zu werden“. Sie „trägt zur rechten Beurteilung der Möglichkeiten einer volleren Teilnahme am Leben der Kirche bei“. Sie untersucht die Wege, die diese Teilnahme begünstigen und fördern können. Sie wird „niemals von den Erfordernissen der Wahrheit und der Liebe des Evangeliums, die die Kirche vorlegt, absehen können“.
Sei erfordert „Demut, …. Diskretion, …. Liebe zur Kirche und ihrer Lehre“.
Sie empfiehlt Aufrichtigkeit bei der „Suche nach dem Willen Gottes und in dem Verlangen, diesem auf vollkommenere Weise zu entsprechen“.
Als Gegenstand der Unterscheidung nennt Kampowski schließlich: das Verlangen unterscheiden, das Eheband unterscheiden und konkrete Schritte unterscheiden (z.B. Versöhnung der Eheleute, Verlassen der außerehelichen Beziehung, Arten und Weisen in Abstinenz zu leben usw.)
Abschluss der Tagung war am Sonntag die Feier der Heiligen Messe mit dem emeritierte Salzburger Weihbischof Andreas Laun, bei der es eine erhebende Eheerneuerung gab.
Literaturtipp:"Begleiten, unterscheiden, eingliedern. Leitfaden für eine neue Familienpastoral nach Amoris Laetitia." von Stephan Kampowski.