Was uns stark macht

„Wenn Demokratie nicht geschätzt wird, ist die Pressefreiheit bedroht“, erklärte Klaus Brinkbäumer, der Chefredakteur des Hamburger Polit-Magazins „Der Spiegel“ bei den „Salzburger Hochschulwochen“. Pressefreiheit sei ein hohes Gut und unabdingbar in einer Demokratie, so Brinkbäumer. Sie sei jedoch zugleich „keineswegs selbstverständlich, sondern bedroht“ und müsse immer wieder neu verteidigt werden. Brinkbäumer unterstrich, dass die „Glaubwürdigkeitskrise“, die auch vor seriösen Medien nicht Halt mache, und der „digitale Strukturwandel“ in der Medienwelt zusammenhängen: Überwunden werden könne diese Krise, die durch die Schwemme an „Fake News“ und „Lügenpresse“-Kampagnen befeuert wurde, nur durch ein striktes Festhalten an klassischen journalistischen Tugenden und Ernstnehmen des digitalen Wandels.
Trumps „Krieg gegen Medien“
Im Blick hatte Brinkbäumer US-Präsident Donald Trump und dessen „Krieg gegen die Medien“. Er selbst habe Trump vor zehn Jahren kennen gelernt und ihn als „arrogant, egozent-
risch und etwas vulgär“ erlebt. Wenngleich kein Mensch da-mals geahnt habe, dass die Welt so aus den Fugen geraten könnte. Trump beherrsche das Spiel mit den Medien perfekt: Er habe es geschafft, „den Witz zu einem politischen Machtinstrument zu machen“. Die 140 Zeichen eines Tweets seien „wie gemacht für Witzeerzähler.“ Alle, selbst kritische Medien, hätten zu lange ihre publizistische Arbeit vernachlässigt und Trumps Auftritte als Show verstanden und so mitgeholfen ihn groß werden zu lassen.
Journalistische Tugenden
Die technologischen Umwälzungen durch die neuen Me-dien meistern und ebenso dem Vorwurf der „Lügenpresse“ mit gutem Journalismus entgegnen. Vor diesen Herausforderungen stehen Medienhäuser heute. Es brauche die Rückbesinnung und Verteidigung der klassischen journalistischen Tugenden wie Recherche, Genauigkeit, Souveränität, Sachverständnis und Distanz – aber auch Verantwortung, Moral und den Glauben an eine Gestaltbarkeit der Gegenwart.
Doch die neuen Medien dürften im Ringen um seriösen Journalismus nicht durchwegs verteufelt werden; sie tragen schließlich durch ihre niederschwellige Verfügbarkeit das Potenzial in sich, überall Missstände aufzudecken: „Kein Despot kann sich mehr sicher sein.“ Die Chancen der neuen weltweiten Vernetzungen habe sich an der Aufdeckung der „Panama Papers“ gezeigt – „eine Enthüllung, die nicht zuletzt durch die technischen Möglichkeiten der Vernetzung möglich war“. Die Verbreitung der Wahrheit sei nicht mehr an einen publizistischen Verlag gebunden. Aber, es könne auch jeder eine Lüge online stellen. Brinkbäumers Rezept: „Auf keinen Fall an dem sparen, was uns als Journalisten ausmacht. Wir müssen an dem festhalten, was uns stark macht; gleichzeitig immer Zweifel haben und Neues ins Haus tragen.“
Foto (H. Klingen/kap): Spiegel-Chefredakteur Klaus Brinkbäumer.