Von Tür zu Tür in „ihrem“ Dorf in Breitenbach geht Veronika Mauracher in diesen Tagen. Es sind keine Bekanntenbesuche – „auch wenn ich die meisten Leute ganz gut kenne, bei denen ich anklopfe“. Die junge Tirolerin ist für die Caritas unterwegs. Mit den Spenden die sie und alle anderen Ehrenamtlichen im März sammeln wird bedürftigen Menschen in der Region geholfen.
RB: Wie kommt eine 26-Jährige dazu als Caritas-Haussammlerin aktiv zu sein?
Mauracher: Ich bin von jemandem aus dem Pfarrgemeinderat angesprochen und gefragt worden, ob ich mir das vorstellen könnte. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht viel über diese Sammlung. Ich war dann bei einem Informationsabend, habe noch etwas überlegt und dann gesagt: Ja, das mache ich. Heuer bin ich schon das vierte Mal im Einsatz. Ich finde es wichtig, anderen zu helfen. Als Caritas-Haussammlerin kann ich aktiv und echt etwas tun. In Breitenbach sind wir ein Team. Das Gebiet ist aufgeteilt, das passt dann gut für den Einzelnen. Manche die schon in Pension sind übernehmen auch mehr. Sie sagen, ich habe Zeit und mache es gerne.
RB: Öffnen die meisten Menschen, wenn Sie an ihre Tür klopfen. Wie sind Ihre Erfahrungen?
Mauracher: Bei uns im Dorf kennt fast jeder jeden, das macht es mir leicht. Manchmal warne ich die Leute vor: Du, es ist März, es kann sein, dass ich bald einmal vorbeischaue. Ganz schlechte Erfahrungen habe ich beim Haussammeln eigentlich noch nie gemacht. Natürlich kommt es vor, dass jemand nichts gibt, aber das akzeptiere ich natürlich. Ich bin meist am Donnerstag und Freitag ab dem späten Nachmittag unterwegs. Das sind gute Tage. Wenn auch beim dritten Mal keiner aufmacht, hinterlege ich einen Flyer mit Infos über die Haussammlung und die Caritas. Am Wochenende gehe ich eigenlich nicht, da wollen die Menschen doch eher ihre Ruhe haben.
RB: Welche schönen Momente haben Sie als Haussammlerin schon erlebt?
Mauracher: Mir taugt es, wenn die Leute einen so herzlich willkommen heißen. „Komm doch rein, setz dich hin“, heißt es immer wieder.Vor allem die Älteren freuen sich über ein Gespräch. Sie bewirten mich mit Kaffee oder laden mich zum Mitessen ein. Die meisten kennen mich ja und wenn das nicht der Fall ist, nützen sie gleich die Gelegenheit und fragen: „Wer bist du? Warum machst du das? Jetzt erzähl einmal ...“ An eine Begegnung erinnere ich mich noch genau. Das war bei einer älteren Frau. Als die Rede auf die Spende für die Caritas kam, meinte sie: „Jetzt hab ich gar nix da,
kein Geld im Haus. Ich hab nicht damit gerechnet, dass du kommst. Nur einen Apfel hab ich, den können wir teilen.“ Solche Momente sind einfach schön, die vergesse ich sicher nie.
RB: Die Haussammlung kommt Menschen in Not in Salzburg und Tirol zugute. 40 Prozent bleiben überhaupt in der Pfarre. Wollen die Leute wissen, was mit dem Geld passiert?
Mauracher: Das interessiert sie schon. Wenn ich erkläre, dass 40 Prozent direkt vor Ort bleiben, sind die Reaktionen sehr positiv. Sie finden es gut, dass ihre Spende Betroffenen in unserer Gemeinde zugute kommt. Und ich bin dankbar, dass es Menschen gibt, die unterstützen, ein offenes Ohr und offene Hände haben für Leute, denen es nicht so gut geht.
RB: Das Flüchtlingsthema bewegt derzeit alle. Erwarten Sie da beim Haussammeln Reaktionen? Es gibt ja auch Menschen, die das Engagement der Caritas kritisch sehen.
Mauracher: Wir haben in Breitenbach Flüchtlingsfamilien und ihre Aufnahme ist nicht von allen positiv kommentiert worden. Ich denke schon, das wird ein Thema sein. Ich sehe es als Aufgabe für uns HaussammlerInnen aufzuklären und Gerüchte auszuräumen (nein, die Caritas schenkt Flüchtlingen keine neuen Smartphones). Ich persönlich finde den Einsatz für Flüchtlinge gut, aber die Caritas tut doch weitaus mehr. Das will ich vermitteln und dass die Haussammlung gerade für in Not geratene Menschen aus der Region wichtig ist. Als Haussammlerin bin ich unmittelbar bei den Leuten und ich höre mir gerne ihre Fragen an und beantworte sie, wenn ich kann. Wie gesagt, aufklären ist angesagt. Ich bin aber überzeugt, es wird wieder ein gutes Haussammeln. Ich freue mich darauf.
Haussammlung
4.000 Ehrenamtliche machen sich im März in Salzburg und dem Tiroler Unterland auf den Weg. Sie sammeln Spenden, die ausschließlich Menschen in Not aus der Region zugute kommen. Caritas-Direktor Johannes Dines: „Armut gibt es auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Deswegen helfen wir vor Ort, geben Menschen Rückhalt und zeigen neue Perspektiven auf.“ 40 Prozent der Haussammlung bleiben in der Heimatpfarre, in der sie gesammelt wurden. Die restlichen 60 Prozent fließen in die Sozialberatung für Menschen und Familien in akuten Notsituationen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder Bildungs- und Hilfsprojekte für Kinder und Jugendliche.