Unsere verfilmte Endlichkeit

RB:Ändert die Begegnung mit dem Tod unser Verhältnis zum Sterben?
Wetscher: Nach knapp einem Jahr Arbeit an unserem Film und der damit verbundenen Konfrontation mit dem Tod kann ich sagen: Ja, wenn man Außenstehender ist. Die Feststellung, dass der Tod einfach zum Leben dazugehört, ernüchtert und bereichert. Sobald es einen jedoch im eigenen, privaten Umfeld betrifft, schmerzt es nach wie vor sehr.
RB:Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Wetscher: Dieses Ultimatum, das jedem von uns bevorsteht und von dem niemand weiß, wann es eintritt, ist zu interessant, um es einfach auszublenden, wie es die meisten in unserer westlichen Kultur tun. Ausblenden stand für mich sowieso nie zur Debatte. Seitdem ich im Jugendalter einen guten Freund verlieren musste, habe ich mich immer wieder mit dem Tod auseinander gesetzt. Aus meinem privaten Umfeld kriege ich regelmäßig mit, wie belastend der Job einer Pflegekraft sein kann. Als ich dann ins Salzburger Land gezogen bin, musste ich einen Monat lang auf der Couch von Bekannten übernachten, weil meine Wohnung noch nicht frei war. Einer meiner Gastgeber war auch Pfleger, unter anderem im Raphael-Hospiz. In unseren Gesprächen hat er mir immer wieder von seinem Beruf erzählt. Diese Eindrücke haben mich nicht losgelassen und schon war die Idee für unseren Film da.
RB:Wie lange haben Sie an dem Film gearbeitet?
Wetscher: Das ist eine wichtige Frage, denn Außenstehende können sich oft nicht vorstellen, wie viel Zeit so ein Film in Anspruch nimmt. Los ging’s Ende Oktober 2017 mit der Ideenfindung und Recherche. Gedreht haben wir dann letztes Jahr zwischen März und Juni. Gerade befinden wir uns in der finalen Tonmischung. Insgesamt landen wir mit dem Film bei einem guten Dreivierteljahr Arbeit.
RB:Wie sieht Ihre Einstellung zum Tod aus?
Wetscher: Ich empfinde die Gewissheit, dass wir alle irgendwann sterben müssen, als Bereicherung für die Wahrnehmung meines Lebens.
RB:Hat sich Ihre Einstellung zum Tod während der Arbeit an dem Film verändert?
Wetscher: Das war und ist ein ewiges Hin und Her. Als ich zur Nachtschicht im Raphael-Hospiz angetreten bin, um unseren Hauptdarsteller Robert kennen zu lernen, hatte ich schon Angst vor dem, was ich unter Umständen zu Gesicht bekommen werde. Die Befürchtungen wurden mir aber schnell genommen, als wir das erste Patientenzimmer betreten haben. Ich habe die Situation, dass dort ein sterbender Mensch liegt, seltsamerweise sofort angenommen. Auf einmal war nichts mehr Abnormales und Angsteinflößendes dabei. Das ging dann unserem gesamten Team beim Dreh ähnlich. Sicher, mulmig wird es einem immer mal wieder, weil man sich der hochsensiblen Situation bewusst ist, aber ich denke, das gehört einfach dazu.
RB:Wie würden Sie gerne sterben?
Wetscher: Nach einem guten „White Russian“-Cocktail einfach umzufallen, das wäre nicht schlecht.
Zum Film:
Die Zuschauer erhalten Einblick in die Arbeit in einem stationären Hospiz. Im Mittelpunkt steht Pfleger Robert, der sein Leben nach den branchenüblichen Nachtschichten ausrichtet. Dabei wird seine Haltung zum Sterben beleuchtet und Stimmen zum Umgang mit dem Tod im 21. Jahrhundert gesammelt.
Die Weltpremiere des Filmes findet am Montag, 11. Februar, 20 Uhr im DAS KINO Salzburg statt. Pünktlich zur Fünf-Jahres-Feier der Übernahme des stationären Hospizes als Raphael Hospiz Salzburg durch den Konvent der Barmherzigen Brüder. Podiumsdiskussion nach dem Film mit: Lorenz Wetscher, Hauptdarsteller Robert, Doraja Eberle, Christian Stöckl, Ellen Üblagger und Produzentin Bianca Weber.
Foto 1: Sensibler Stoff: Lorenz Wetscher (l.) hat sich in seinem Dokumentarfilm „Die Arbeit mit dem Tod“ mit einem Thema, das uns alle betrifft, wir aber gerne ausblenden, auseinander gesetzt. Er begleitete dazu Pfleger Robert mehrere Tage durch seine Nachtschichten im Raphael-Hospiz und den Privatalltag.
Foto 1: RB/Wastl
Foto 2: Intim: Hospizpflegekräfte begleiten Menschen auf ihrem letzten Weg. Sie sind dabei, wenn das Leben aus dem Körper scheidet und sich am Ende Himmel und Erde sprichwörtlich berühren.
Foto 2: RB/Wetscher