Sorge um Weinstock verbindet Christen

Salzburg. Unter dem Motto „Vom Konflikt zur Gemeinschaft – Heilung und Erinnerung“ erinnerte Erzbischof Franz Lackner vor Vertreterinnen und Vertretern der christlichen Kirchen an das Verbindende aller christlichen Konfessionen und an das Reformationsjubiläum.
Das Bild des Weinstocks im Johannes-evangelium müsse in der ökumenischen Wirklichkeit neu übersetzt werden, ist sich der Salzburger Oberhirte sicher. „In unserer Verschiedenheit sind wir alle Reben desselben Weinstocks“, sagte Lackner bei seiner Predigt in der Christuskirche.
Keine oberflächliche Einheit, sondern die Sorge um den gemeinsamen Weinstock müsse im Vordergrund des Tuns stehen, forderte der Salzburger Erzbischof. „Gerade in einer Zeit, in der die Glaubenswelt vieler Menschen karg erscheint, muss das Bemühen um eine tiefe Verwurzelung in der göttlichen Schöpfung ins Zentrum gerückt werden.“
Weiter auf dem Weg der Versöhnung
Den christlichen Kirchen schreibt Lackner in diesem Zusammenhang eine prophetische Stimme zu. „In unserem Tun können wir zeigen, dass wir Vorbild sind. Jeder und jede muss sich als Diener und Dienerin begreifen – wir alle sind Diener voreinander.“ Die Rückbindung dieses Tuns an das Evangelium stellte Lackner ins Zentrum des Bemühens um die Einheit der Kirchen und erinnerte an Martin Luther, dessen Verbundenheit mit der Heiligen Schrift ihn immer wieder staunen lasse. „Das Reformationsjubiläum und die Beschäftigung mit Martin Luther zeigen immer wieder deutlich, dass wir uns auf das Wesentliche, auf Chris-
tus hin, ausrichten müssen“, so Lackner.
Superintendent Olivier Dantine verwies auf das gemeinsam Erreichte: „Vom Gegeneinander über das Miteinander zum Füreinander“ – den Weg der Versöhnung, der 1966 mit der Vergebungsbitte von Erzbischof Andreas Rohracher begann, wolle man auch weiterhin miteinander gehen. eds
Zum Reformationsjubiläum
Martin Luther und die Bibel
„Sola scriptura“ – allein die Hl. Schrift war einer von Luthers Grundsätzen. Das in der Bibel überlieferte Wort Gottes war für ihn der Maßstab für alles kirchliche Reden und Handeln sowie für die Praxis der Glaubenden. Alle Menschen sollten die Bibel in ihrer Sprache lesen können. Anders als schon vorhandene deutsche Bibeln übersetzte Luther das Neue Testament direkt aus dem griechischen bzw. hebräischen „Original“, jedoch nicht Wort für Wort, sondern sinngemäß. Dies tat er mit wortgewaltigen und einprägsamen Sprachbildern. So wurde Luthers Bibelübersetzung zum Bestseller und prägte bzw. vereinheitlichte die deutsche Hochsprache. 1522 erschien die Übersetzung des NT, 1534 die ganze Bibel – als Teamarbeit von vielen reformatorischen Theologen. Zum Jubiläumsjahr erscheint nun eine revidierte Fassung der Lutherbibel, die sich unter dem Motto „Bewahren, Korrigieren, Wiederherstellen“ wieder der ursprünglichen Lutherübersetzung annähert, aber zugleich die neuesten Erkenntnisse der Bibelwissenschaft einarbeitet. Im Sinne Martin Luthers ist es Aufgabe von uns Christinnen und Christen, in der Bibel zu lesen, über sie ins Gespräch zu kommen und sie ins Zentrum unseres Lebens zu stellen – und das in allen christlichen Kirchen.
Peter Gabriel, evang. Pfarrer, Hallein
„Der Zugang zur Hl. Schrift muss für die an Christus Glaubenden weit offenstehen“ (2. Vat. Konzil). Als Wort des lebendigen Gottes ist sie die Richtschnur allen kirchlichen Handelns. Die Verantwortlichen der deutschsprachigen katholischen Diözesen brachten daher in den 60er und 70er Jahren eine einheitliche und verbindliche Bibelübersetzung für den deutschen Sprachraum auf den Weg. Mittlerweile liegt diese Einheitsübersetzung in einer neu überarbeiteten Version vor. Auch wenn an dieser Ausgabe evangelische TheologInnen nicht mitgearbeitet haben, ist das Anliegen Luthers, direkt aus den Originalsprachen zu übersetzen, in der Ausgabe von 2016 bestens umgesetzt worden. Dass mittlerweile im deutschen Sprachraum mindestens 20 verschiedene Bibel-übersetzungen existieren, ist ein Zeichen der Vielfalt und bereichert jeden an der Bibel interessierten Menschen.
Matthias Hohla, Ökumenereferent, Erzdiözese Salzburg
Foto (eds): Gemeinsames Gebet in der Christuskirche (v. l.): Ilias Papadopoulos (Griechisch-orthodoxe Kirche), Pfarrer Zaytoun Saome (Syrisch-orthodoxe Kirche), Pastorin Esther Handschin (Evangelisch-methodistische Kirche), Superintendent Olivier Dantine (Evangelische Kirche), Generalvikar der altkatholischen Kirche, Pfarrer Martin Eisenbraun, Erzbischof Franz Lackner, Jovan Govedarica (Serbisch-orthodoxe Kirche), Erzpriester Dumitru Viezuianu (Rumänisch-orthodoxe Kirche), Pfarrerin Melanie Dormann (Evangelische Kirche/Christuskirche) und Pastorin Mandy Oleson (Salzburg International Christian Church).