Sehnsucht findet Orte

Durch die Teilnahme am Lehrgang „Kirche entwickeln an neuen Orten“ bekamen siebzehn Personen aus ganz Österreich und aus Bamberg in Deutschland die Gelegenheit, neue Ideen im Bereich der Kirchenentwicklung auszuprobieren. Inspiriert durch die Methode der Straßenexerzitien von Christian Herwartz SJ aus Berlin wurde der Blick für Orte ungewöhnlicher Gottesbegegnungen geschärft.
Bereichert um Ergebnisse von Sinus-Milieustudien und Konzilstheologie entwickelten die Teilnehmer unterschiedliche Initiativen in ihrem Wirkkreis. Im Rahmen von Exkursionen nach Basel, Essen und Aachen konnten Berichte anderer „Kirchenentwickler“ ausgewertet werden.
Der zweijährige Entwicklungsprozess der einzelnen Initiativen wurde fachkundig unterstützt von Dr.in Anna Hennersperger, JProf. Dr. Bernhard Spielberg und Univ. Prof. Dr. Christian Bauer. Die Leitung des Kurses hatten Christian Bauer, Ass. Prof. in Dr.in Anna Findl-Ludescher, Mag.a Lucia Greiner, Dr. Sebastian Schneider und Johannes Schindlegger inne.
Zum feierlichen Abschluss des Lehrgangs, der am 7. Juni 2016 stattfand, beschrieb Ernst Steindl aus Wilfersdorf seinen persönlichen Ertrag: Durch sein Projekt „Trauer findet Raum“ habe er gelernt, dass Kirche entwickeln mit anderen - mit der Lehrgangsgruppe, der Leitung und den Mitarbeiterinnen des Projekts - lustvoll und fruchtbar ist.
„Dein Herzschlag für Gänserndorf“: So betitelte Eduard Schipfer seine Initiative: Mitten in der langen Einkaufsnacht entstand der herzliche Stadtplan von Gänserndorf: Die Passanten hielten an einer großen Tafel fest, was ihnen in der Stadt wichtig ist – wofür ihr Herz schlägt. Bei jedem Herzschlag konnten die Teilnehmer über eine Fernbedienung die Kirchenglocken läuten und die einzelnen Herzschläge wurden gewissermaßen hörbar. So begab sich die Pfarrgemeinde in das bunte Treiben der Wirtschaft.
Den Kindergarten als pastoralen Ort hat Monika Heilmann neu entdeckt: Gemeinsam mit einem Team aus Wartberg/Aist hat sie den Pfarrkindergarten aus einem neuen Blickwinkel angeschaut. Dabei wurde ein neuer Ort entdeckt, an dem in der Früh Eltern, Kindergartenleiterin und der Pfarrassistent ihren Kontakt pflegen können: Im Foyer des Kindergartens kommen sie miteinander ins Gespräch über ihre Kinder, über Gott und die Welt. Die Herausforderung war, einem zwischen Draußen und Drinnen liegenden Raum zuzutrauen, dass das dort möglich ist.
Die Kirchenbank auf der Schillerwiese in Bamberg ist ein ökumenisches Gesprächs- und Begegnungsangebot im öffentlichen Raum. Die Initiatorin, Susanne Röhner betont, dass die Kirche zu den Menschen hinausgehen müsse, weil sie sonst selbst Schaden nehme und ihren Auftrag nicht erfüllen könne. Es gäbe viele Menschen die sich selbst zur Kirche zählen, obwohl sie sich von ihrem inneren Betrieb distanziert haben. Die Kirchenbank biete die Möglichkeit, den Kontakt aufzunehmen oder ihn aufrechtzuerhalten.
Und das sagt zu ihrem Projekt die jüngste Teilnehmerin des Lehrgangs, Magdalena Ganster aus St. Pölten: „In meiner Initiative „Kirche leben an meinem Ort“ geht es darum, Jugendlichen meinen Raum als Oase anzubieten. Sie sollen die Möglichkeit haben, an der Kirche anzudocken, ohne etwas leisten zu müssen. Ich wünsche mir von der Kirche die Abwendung von der Mitarbeiterrekrutierung und die Hinwendung zu den (jungen) Menschen mit ihren Hoffnungen und Sehnsüchten.“
Die Erfahrungen der Initiative von Heidemaria Hofer aus Linz, „Welthaus: Orte an Grenzen“ können der Kirche Mut machen, sich auf ungewohnte andere Partnerinnen einzulassen. Dadurch entsteht eine Kraft, die Räume und Grenzen öffnet und Neues entstehen lässt.
Auch wenn der Lehrgang abgeschlossen ist, bleibt die Lust der Teilnehmer bestehen, in ihrem eigenen Umfeld ihr neu erworbenes Wissen weiterzugeben.
Foto: eds/Schwarzmann