Schere zwischen Arm und Reich wird größer

Salzburg. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen ist in den vergangenen zehn Jahren um zehn Prozent gestiegen. Das heißt, die Menschen haben mehr Geld zur Verfügung. Das gilt aber nicht für Mehrpersonen-Haushalte mit mindestens drei Kindern und Ein-Eltern-Haushalte. So haben AlleinerzieherInnen jährlich 1.400 Euro weniger als noch vor zehn Jahren, im Gegensatz dazu die reichsten zehn Prozent um 2.000 Euro mehr in der Tasche. Die Schere zwischen Arm und Reich wird größer, wie eine Studie über Familienarmut der Caritas Salzburg aufzeigt.
Was es heißt auf jeden Euro zu schauen, weiß die sechsköpfige Familie R. aus Salzburg nur allzugut. Der Mann verdient als Dachdecker 1.500 Euro. Das für die Arbeit notwendige Auto, Schulden von früher, die hohen Wohnkosten… all das belastet den Alltag. Die Caritas-Sozialberatung begleitet die Familie, schaut mittels Haushaltsplan wo es noch Einsparungsmöglichkeiten gibt und hilft dabei, die „engen Verhältnisse“ lebbar zu machen. „Tagtäglich haben wir bei der Caritas Salzburg mit solchen Fällen zu tun“, unterstreicht Caritas-Direktor Johannes Dines. Er weiß, „ein Gespräch, ein Zuschuss zu den Heizkosten oder ein Platz für das Kind in einem unserer Lerncafés sind oft schon eine Erleichterung“.
Für eine armutsfeste Gesellschaft
Die Frage, ob die Mindestsicherung ein Mittel gegen die Armut von Familien sei, be-antwortet „Armutsexperte“ und Studienverfasser Robert Buggler mit einem „Jein“. Nur durch zusätzliche Familienleistungen könne die Armutsgrenze überschritten werden. Klar sei auch, „die Mindestsicherung ist nur eine Absicherung im Notfall – sie kann eine Trennung, eine Krankheit auffangen“. Für eine armutsfeste Gesellschaft brauche es weitaus mehr: Verbesserungen im Bildungssystem, im arbeitsmarktpolitischen Bereich, in der Steuerpolitik und dringend beim Thema leistbares Wohnen.
Fakten: In Salzburg sind 80.000 Personen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet.
Die Armutsgrenze für eine alleinstehende Person liegt bei 1.161 Euro.
Österreichweit sind 1,5 Millionen Menschen armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. 70.000 Kinder und Jugendliche sind auf Mindestsicherung angewiesen.
Die Caritas Salzburg hat vergangenes Jahr 1.526 Personen und Familien in 6.000 Einsatzstunden beraten. 2016 wurden bisher 440 KlientInnen bei der Finanzierung ihres Lebensunterhaltes unterstützt, 516 erhielten Zuschüsse für Miete und Energiekosten.
Armut bekämpfen
Beengter Wohnraum, eine kalte Heizung im Winter, Geld, das nicht bis zum Ende des Monats reicht – 1,5 Millionen Menschen in Österreich sind armuts- oder ausgrenzungsgefährdet. Eine Studie (www.caritas-salzburg.at/inlandshilfe ) über Familienarmut der Caritas Salzburg zeigt auf, dass auch im „reichen“ Salzburg bereits 14 Prozent der Gesamtbevölkerung, jede siebte Familie, von Armut betroffen ist.
Arme Menschen nicht gegen noch ärmere ausspielen.
Besonders zu kämpfen haben laut Studienautor Robert Buggler Mehrpersonen-Haushalte (mehr als drei Kinder) und Ein-Eltern-Haushalte. Gerade AlleinerzieherInnen können oftmals nicht in Vollzeit arbeiten und haben daher weniger Einkommen. Das bedeutet einen rund 30 Prozent geringeren Lebensstandard als der Durchschnitt. Hauptproblem sei das Wohnen. Viele finden keine geeignete, leistbare Wohnung, 9.000 Haushalte wohnen in Salzburg im Überbelag. Caritas-Direktor Johannes Dines: „Eine Garconniere oder Kleinwohnung kostet schon 600 Euro. Wie sollen sich Familien das leisten können?“
Begleitend zur aktuellen Inlandssammlung startete die Caritas ihre Kampagne „Wir > Ich“ . Ziel: Der Angst, sozialen Kälte und dem Vertrauensverlust in der Gesellschaft entgegenwirken, denn: In Not geratene Menschen trifft die Polarisierung am härtesten. Mit Sorge betrachtet die Caritas zum Beispiel die „aggressiver“ werdende Stimmung gegenüber Flüchtlingen. „Nicht Armut gegen Armut ausspielen.“ Die Caritas bemühe sich, für alle da zu sein. Direktor Dines betont auch: „Der Großteil des Caritas-Einsatzes ist für Menschen in Österreich.“
Bild (Weismann/Caritas): Wer von Anfang an mit materieller Not konfrontiert ist, startet einen Meter hinter der Startlinie ins Leben. Kinder aus benachteiligten Familien haben öfter Schwierigkeiten in der Schule oder gesundheitliche Probleme und erleben, was es heißt nicht dazuzugehören.