Salzburger Theologen für umfassenden sicherheitspolitischen Ansatz

SALZBURG/WIEN (kap) / Sicherheitspolitik muss wesentlich mehr beinhalten als Militär- oder gar nur Aufrüstungspolitik. Vielmehr muss es um die Gewährleistung menschlicher Sicherheit auf allen Ebenen, auch in den Bereichen Existenzsicherung und Menschenrechte gehen. Das betonen die Salzburger Theologen Prof. Alois Halbmayr und Josef Mautner in einem gemeinsamen Gastbeitrag in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche". Sie versuchen in ihrem Beitrag eine Neubestimmung christlicher Friedensethik anlässlich des Ukraine-Krieges.
Auch wenn die verschiedenen kirchlichen Dokumente keine Antwort auf den brutalen Überfall des russischen Militärs auf die Ukraine geben, so blieben die Grundzüge der christlichen Friedensethik dennoch uneingeschränkt gültig, halten die beiden Theologen fest: "Es ist nach wie vor richtig, dass Waffen vom Prinzip her keinen Frieden schaffen können und Gewalt nie ein Mittel der Konfliktlösung sein kann."
Zugleich verwehren sich die Theologen gegen einfache Antworten, die eine christliche Friedensethik schlicht nicht bieten kann. Sie warnen vor vorschnellen abstrakten Formeln einer Friedensethik oder einseitigen, verkürzten Urteilen über die "richtige" Sicherheitspolitik. "Christlicher Pazifismus ist nicht ein fertiges Set von vorgefassten ethischen Prinzipien, die es den jeweiligen Akteuren kriegerischer Konflikte zu verkünden gälte. Christlicher Pazifismus ist ein mühevoller, der eigenen Grenzen und Widersprüche bewusster Prozess der kritischen Auseinandersetzung mit kriegerischer Gewalt", halten Halbmayr und Mautner fest.
Im Rahmen der Debatten, die rund um das richtige ethische Handeln in der Situation eines europäischen Krieges geführt werden, kommt nach Ansicht der beiden Theologen der christlichen Friedensethik "eine Rolle kritischer Widerständigkeit zu - gegen die Versuchungen eines polarisierenden Denkens, das nur ein Entweder-oder kennt".
Gewaltfreie Konfliktlösung
Halbmayr und Mautner verdeutlichen ihren Ansatz am Beispiel der heimischen Debatte über Neutralität oder Beitritt zur NATO: Christliche Friedensethik werde gut daran tun, "dazu keine vereindeutigenden Entscheidungshilfen zu liefern". Sie werde vielmehr versuchen, weiterführende Fragen zu stellen. Etwa: "Wäre es auf sachlicher Ebene nicht fatal, die Frage nach einer Neuorientierung der österreichischen Sicherheitspolitik auf die Entscheidung zwischen Beibehaltung der Neutralität und NATO-Beitritt zu reduzieren?" Sicherheitspolitik sei wesentlich mehr.
Christliche Friedensethik halte konsequent am Primat gewaltfreier Konfliktlösungsstrategien fest. Sie lege ihren Fokus auf die Entwicklung gerechter ökonomischer, politischer, ökologischer und sozialer Strukturen und setze alles daran, mit gewaltfreien Mitteln Frieden zu gewinnen. Dieser Primat bleibe gültig, "auch wenn er in Situationen wie jetzt, im Ukraine-Krieg, keinen raschen Ausweg bietet", so die Autoren und weiter wörtlich: "Dies lässt Reaktionen zwingend erscheinen, die militärischen Widerstand bzw. militärische Unterstützung des Widerstands implizieren. Dies kann aber auch zu anderen Reaktionen wie humanitärer Hilfe oder gewaltfreiem Widerstand führen. Und: Beides kann politisch notwendig und moralisch geboten sein, ohne unmittelbar zu Lösungen zu führen."
Prof. Alois Halbmayr lehrt systematische Theologie an der Universität Salzburg, Josef Mautner ist Literaturwissenschafter und Theologe sowie in der regionalen Menschenrechtsarbeit tätig.