Priesterweihe von Rupert Santner
Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst. In unserer Mitte, die Weihbischöfe, Hansjörg und Andreas; sehr geehrter Herr Erzabt!
Geschätzte Mitglieder des Domkapitels und Konsistoriums!
Ich grüße herzlich die Familie unseres Weihekandidaten, die Eltern, Verwandten, Freunde und Bekannte.
Schwestern und Brüder im Herrn, hier im Dom, draußen vor dem Großbildschirm am Kapitelplatz und an all jene, die über Livestream dieses heilige Geschehen mitfeiern.
Es drängt mich in dieser Stunde, da das Gottesvolk in so großer und in bunter Vielfalt versammelt ist, doch etwas zum kirchlichen Klima zu sagen, in das hinein uns Berufungen zum Priestertum zuwachsen. Denn die kirchliche Großwetterlage ist (un-)ordentlich in Bewegung gekommen. Da und dort zeigt sich, wie Gewitter sich zusammenbrauen, von deren Ausbruch man sich eine klarere Atomsphäre erhofft. Gewitter vermitteln in der Tat einen nahezu majestätischen Anblick, allerdings wenn sie weit genug weg sind: das Grollen der Donner oder das Wetterleuchten von der Ferne. Mitten drinnen richten Gewitter meist nur Schaden an.
Andererseits ertönen von nicht wenigen Kirchtürmern die Wetterglocken. Warnend soll damit offensichtlich Bedrohendes abgewendet werden; die Kirche hat einen langen Atem, man könne beruhigt sein. Auch das ist keine letztgültige Position; dem Sturm geht zuweilen die Ruhe voran.
In der Kirche – wir müssen es sagen – in der Kirche im so genannten Westen ist Vieles, auch Substantielles fraglich und fragwürdig geworden. Dazu gehört auch das Priestertum; wie es gestaltet ist, zölibatär und was schwerer wiegt, dass es Männern vorbehalten ist. Ich möchte von all dem, das auf unseren Diskutiertischen liegt, nichts einfach abwischen, sondern als Gesagtes, Gewünschtes und zuweilen – was mir schwer fällt – Gefordertes einmal gelten lassen. Es ist da. Es wird gefühlt und erlebt, das gilt es ernst zu nehmen, aber ich darf – es möge als ein Angebot verstanden sein – einen Blick auf Herkunft und Geschichte der Kirche hinzulegen.
Wie das II. Vatikanum lehrt, so steht es auch im Katechismus: Gott hat das auserwählte Volk zu einem „Reich von Priestern“ gemacht, dennoch sonderte er innerhalb des Volkes Israels einen Stamm aus den zwölf, den Stamm Levi aus zum liturgischen Dienst. Alle anderen Stämme hatten ein Land als Erbteil bekommen, jedoch der Stamm Levi nicht: Sie wurden für die Menschen eingesetzt zum Dienst vor Gott. Gott selbst war das Erbteil der Leviten. Die Liturgie der Kirche erblickt im levitischen Priestertum das Vorzeichen des geweihten Priestertums des neuen Bundes.
Daraus ergibt sich eine für unsere Zeit wichtige Schlussfolgerung: das Priestertum muss mit einem Mangel behaftet sein. Wir dürfen nicht das Sakrament der Weihe so sehr säkularisieren, so dass es ganz in diese Welt aufgeht. Wir haben in dieser Welt kein Erbteil. Unser Erbteil ist Gott, unsere Aufgabe: für die Menschen, die uns anvertraut sind vor Gott zu stehen, betend, feiernd und opfernd.
Wenn unsere Zeit so sehr danach drängt Gestalt und Form des Sakramentes zum Priestertum diskutieren zu müssen, dann müssen wir umso mehr darauf hinweisen, dass wir diesen Ursprung in der Heilsgeschichte des Alten Testamentes, den Jesus in seinem Wirken aufnimmt, einbringen. Der hl. Apostel Paulus, den wir mit Petrus heute auch feiern, betont die Aussonderung für das Evangelium schon im ersten Satz im Brief an die Gemeinde in Rom: „Paulus, Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, das Evangelium zu verkünden.“ (Röm 1, 1) Und im Briefschluss nimmt den Gedanken der gänzlichen Abhängigkeit von Gott in der Verkündigung wieder auf, wenn er schreibt: „Ich tat es kraft der Gnade, die mir von Gott gegeben ist, damit ich als Diener Christi Jesu … das Evangelium priesterlich verwalte.“ (Röm 15, 15 bf).
Es gibt in der ganzen Heilsgeschichte keine Person, die den Mangel in der Nachfolge Jesu mehr zu spüren bekam als Petrus. Keiner von den Aposteln wurde vom Meister so hart angefasst, wie Petrus. „Bevor der Hahn kräht, wirst du mich drei Mal verleugnen“ oder „hinweg von mir, Satan!“, das bekam Petrus von seinem Meister zu hören. Und dennoch hat Jesus seine Kirche auf diesen Felsen, der Petrus ist, gebaut. Denn Petrus steht für die Schwachheit seines Volkes, das Jesus nicht als den annehmen kann, der er wahrhaftig ist. Wir haben es heute gehört, wenn Jesus fragt: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ und als Antwort kommt: „Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.“ Jesus fragt weiter: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Da ist es Petrus, der zu bekennen vermag: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Darauf wiederum Jesus: „Selig bist du Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“
Lieber Rupert, die beiden Heiligen Petrus und Paulus, an deren Hochfest Du die Priesterweihe empfängst, empfehle ich Dir besonders. Sei ein guter priesterlicher Verwalter des Evangeliums. Habe Mut und lebe den Mangel. Verfalle nicht der Versuchung, alles selbst tun zu wollen. Wie für den Apostel Paulus, so gilt es auch für Dich, Du wirst weggestellt, abgesondert, um des Evangeliums willen. Es war von Anfang an wichtig, dass allgemeines und besonderes Priestertum gemeinsam als zwei kommunizierende Gefäße das Heilswerk Gottes zu erfüllen suchen.
Mit dem hl. Petrus empfehle ich Dir die Kirche an. Die Kirche leidet in unseren Tagen sehr. Sie ist auf brüchigen Felsen gebaut, der auch wir mit unseren Fehlern, Schwächen und Begrenzungen sind. Stark sind wir nicht aufgrund unserer eigenen Stärken, sondern durch die Zusage Jesu an Petrus: „Die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ Sei mutig und treu im Bekenntnis, wenn Du am Altar stehst; wenn du für die Menschen die Sakramente feierst.
Am Ende der Weihehandlung werden Dir die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers überreicht. Diese Worte mögen dich begleiten, mit ihnen möchte ich schließen:
„Bedenke, was Du tust,
ahme nach, was du vollziehst,
und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes.“