Fünfzig Tonnen Bronze, die in Schwingung versetzt werden: Das gibt es nur an hohen kirchlichen Feiertagen in Salzburg – und bei der Langen Nacht der Kirchen. Das majes-tätische Läuten der Salvatorglocke, der zweitgrößten Glocke Österreichs, und ihrer kleineren Geschwister in den Innenstadtkirchen eröffnete das Event, das trotz des gleichzeitig stattfindenden Eröffnungsspiels der Fußball-EM regen Zulauf fand.
Bianca Walter
Salzburg. Der Dom zu Salzburg ist auch ohne Programm ein eindrucksvolles Bauwerk – in nächtliches Licht getaucht erstrahlt er noch einmal in besonderem Glanz. Unterwegs durch das Lichterlabyrinth in der Vierung mit seinen hunderten Kerzenflammen konnten Besucher den Dom aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und begehen. Ergehen musste man sich auch den Blick auf die Salavatorglocke: Bis zum Ende der Langen Nacht riss die Schlange für den Aufstieg zur Glockenstube nicht ab – wobei wohl auch die Möglichkeit zur Messweinverkostung so manchen die Stufen leichter erklimmen ließ.
Fremd und schön
Einen eindrucksvollen Rahmen für musikalische Beiträge bot die erst kürzlich renovierte Kollegienkirche. Die Lichtinstallation „fremd & schön“ ließ die sonst strahlend weißen Gemäuer mal in Blau und Rosa, mal mit gelben Sternen, ein andermal türkis gepunktet erstrahlen. Währenddessen konnten die Besucher einem vielfältigen musikalischen Programm lauschen – von jazzigen Klängen und Hip-Hop über afrikanische Rhythmen bis hin zu alter Musik. Die jungen Sängerinnen und Sänger des Ensembles „Schwarzstrasse 22“, des Jugendchors des Salzburger Landestheaters, nutzten die ausgezeichnete Akustik des Kirchenraumes, um Balladen wie „Killing me softly“ oder „Stay with me“ zum Besten zu geben. Ebenfalls ihre künstlerische Ader bewiesen Firmlinge im Jugendzentrum „YoCo“. Sie gestalteten dort eine Ausstellung zum Thema „Glaubensbilder“. Dafür hielten sie mit ihren Smartphones Spuren von Religion in ihrem Alltag fest. Sie fanden dabei durchaus ungewöhnliche Blickwinkel und schafften so eine Verbindung zwischen christlichem Glauben und Alltagsbegebenheiten.
Umwege zahlen sich aus
Besonders dicht war das Programmangebot rund um den Dom, doch Umwege lohnten sich durchaus – etwa zur evangelischen Christuskirche in der Neustadt. Wer dort die teilweise engen Stufen auf den Turm erklomm, wurde mit einem Panorama belohnt, das sich schwer in Worte fassen lässt. Das „klassische“ Salzburger Stadtbild mit Dom, Franziskanerkirche, Kollegienkirche und Festung wird in dieser Perspektive ergänzt durch das Stift Nonnberg und eine einzigartige „Draufsicht“. Diese Gelegenheit ließen sich auch Walter und Helene Schlager aus Salzburg nicht entgehen. Die beiden waren zum fünften Mal bei der Langen Nacht der Kirchen dabei. Die Auswahl der Programmpunkte fällt ihnen jedes Jahr schwer. Heuer entschieden sie sich unter anderem für die Turmbesteigung, weil man dabei „die Möglichkeit bekommt, etwas zu sehen, das man sonst nie sieht“. Beide haben einen besonderen Bezug zur Christuskirche: Sie durften dort als Trauzeugen ein befreundetes Paar in den Bund der Ehe begleiten.
Salzburg spätnachts
Zurück in die Innenstadt zu später Stunde: Die Stiftskirche St. Peter war beim Konzert des Vokalensembles „Voices unlimited“ bis auf den letzten Platz gefüllt. Die acht Sänger nutzten nicht nur die Akustik der Stiftskirche zu ihren Gunsten, sondern auch deren Raum: Während die schon etwas ungeduldig wartenden Zuhörer noch ihre Augen auf den Altarbereich richteten, erhoben die Sänger ihre Stimmen von der Orgel-empore aus. Ruhig-meditative Stücke passend zur von Kerzen gedämpft beleuchteten Stiftskirche hielten die Besucher bis zum Ende des einstündigen Programms um 23.30 Uhr in den Bänken. Einen besonders besinnlichen Abschluss erlebten 15 Teilnehmer der „Meditation in 40 Metern Höhe“ eine halbe Stunde vor Mitternacht. Beim beruhigenden Ticken der Turmuhr von 1782, die für diese Nacht wieder in Gang gesetzt wurde, meditierten sie über das Thema „Zeit“. Ein Video des Pendels der Uhr verstärkte noch den meditativen Effekt. Tick, tack, tick, tack, die Zeit vergeht. Bis zur nächsten Langen Nacht der Kirchen.