Mission bleibt Reizwort

Ungewohnt für die einen, schwungvoller Auftrag für die anderen: Was darf, soll, muss moderne Mission können? Wer ist überhaupt in der Lage zu missionieren – und müssen alle Seelsorger nun auf der Straße Fremde anreden oder in Kirchen Hip-Hop tanzen?
FREISING. Mission mit dem Vorsatz zu betreiben, Mitglieder festmachen zu wollen, ist schwierig. Menschen merken, wenn man sie mit Methoden auf eine Seite ziehen will“, sagte Bernhard Hesse, Stadtpfarrer und Leiter der Charismatischen Erneuerung im Bistum Augsburg. Er warnte bei den Bildungswochen in Freising bei München davor, Mission zu verzwecken. Rund 100 Priester, Seelsorgerinnen und Seelsorger aus der Erzdiözese Salzburg nahmen teil.
„Das Evangelium von anderen lernen – das bedeutet Mission für mich.“ So fasst Johannes Wiedecke, Referent für missionarische Pastoral in der Erzdiözese, seine Erkenntnisse zusammen. Neben Vernetzung ging es darum, wie Mission in Pfarre und Alltag aussehen kann. Klar wurde auch durch Experimente bei den Tagen: Nicht jede Art, auf Menschen zuzugehen, eignet sich für alle. Manche sehen Mission als laute, sichtbare Aktivität auf der Straße, andere als leise Stimme in der Welt. Konsens herrschte in Freising darüber, dass sie alle den Auftrag, die Frohe Botschaft weiter unter Menschen zu bringen, als wichtig erachteten – und zwar in der Sprache und mit den Mitteln von heute.
Kirche bauen mit Kirchen-Fernen, diesen Auftrag nahmen sie sich mit nach Hause. „Wie können Leute auf eine charmante Art Christus begegnen, was macht uns attraktiv?“, überlegte Pastoralassistentin Bernadette Lang laut. Sie schlug schließlich eine Kultur der Gastfreundschaft vor, gerade für jene, die mit Kirche noch nicht allzu viel zu tun hätten. Dabei spiele auch die Jugend eine große Rolle, denn sie und ihr Verständnis zu Jesus werden die Zukunft prägen.
Mittel, um Mitglieder zu halten?
Eine Lanze für Gottvertrauen und eine gewisse Leichtigkeit in Hinblick auf die Mitgliederzahlen der katholischen Kirche brach Peter Röck, Pfarrer in Anif: „Wenn wir zu eigensinnig und starr handeln, sterben wir aus. Der Knackpunkt wird sein, dass wir nicht von Jüngeren verlangen, dass sie sich ändern, sondern dass wir bei uns selbst anfangen, Dinge auf eine neue Art und Weise zu tun.“
Jedenfalls gehöre Fingerspitzengefühl zu gelungener Mission, stellte das Publikum in Freising fest. Jemanden direkt zu fragen „Wie geht es dir mit Gott“, bezeichnete Otto Neubauer als „zu übergriffig“; immerhin sei der Glaube etwas höchst Intimes. Deshalb rief der Evangelisations-Experte aus Wien dazu auf, immer wieder mit Freunden und Nachbarn über eigene Überzeugungen zu sprechen. Immerhin sei Glaube Erfahrung plus Ergriffenheit. Beides könne nicht verordnet werden. „Die Sehnsucht der Menschen nach Ritualen ist ungebrochen“, sagte er. Dann verwies er auf Papst Benedikt XVI., der sagte, es gebe so viele Wege zum Glauben, wie Menschen selbst.
Nicht jeder muss beim Beten tanzen
Mission an sich ist freilich nichts Neues. Es gibt sie längst in verschiedensten Formen. Dominik Elmer und sein Team teilen im Info-point Kirchen Barbarazweige im Dezember aus, oder Bibelsprüche das ganze Jahr über. Heinrich Wagner erweitert bald die Bibelwelt und bringt so Menschen mit Jesus in Kontakt. Bernadette Lang und die Lorettogemeinschaft nutzen Musik, Mystik, Neue Medien.
Wie kann die Erzdiözese feststellen, ob ihre Projekte fruchten? Fakt ist, dass die katholische Kirche auch finanziell verfasst ist. Mitarbeiter leben von dem, was durch Kirchenbeiträge einfließt. Nicht zuletzt deshalb macht sich die Kirche als Institution Gedanken, wie sie ihren Mitgliederschwund auffängt oder gar neue Anhänger gewinnt. Zwei Vorteile könnten Katholiken nutzen, hieß es in Freising – unterschiedliche Spiritualitäten und den Reichtum in der Tradition.
Dass diese Vielfalt nicht allen gleich liegt, war spürbar, als tänzerische Elemente wie Hip-Hop oder liturgischer Tanz Teil von Abendlob und Messe waren. Manche hatten Freude daran, manche versuchten es nicht. „Mission geht dann schief, wenn wir nicht mehr authentisch sind, sondern mit aller Kraft etwas anbieten, wo möglichst viele andocken sollen“, sagte Bernhard Hesse aus Augsburg. Will heißen: Die Kirche spricht dann Fernstehende an, wenn sie echt ist. Und das Echte kommt mit den Menschen in ihr.
Michaela Hessenberger
Foto: „Prüft alles und behaltet das Gute“: Laien und Priester haben sich in Freising die Mission zur Mission gemacht. Beim Abschluss-Gespräch waren Erzbischof Franz Lackner, Weihbischof Hansjörg Hofer, Seelsorgeamtsleiterin Lucia Greiner, Pfarrer Heinrich Wagner, Diakon Lorenz Erlbacher, Simon Lipp, Diözesankonservator Roland Kerschbaum und Generalvikar Roland Rasser (v. l.) sichtbar motiviert.
Foto: RB/Michaela Hessenberger