Licht in den dunklen Stunden

Salzburg. Alles muss schnell gehen. Wir hasten atemlos durchs Leben. „Dass eine Krise meist nicht schnell vorbei geht, dafür scheint das Gefühl verschwunden zu sein“, beobachtet Darmann und unterstreicht, dass Anrufende bei der Telefonseelsorge auch über einen längeren Zeitraum auf ihrem Weg begleitet werden. „Das kann ein Monat, ein Jahr oder länger sein“, erklärt der Theologe und Psychotherapeut, der oft ein großes Redebedürfnis am anderen Ende der Leitung ortet. „Zwei Drittel leben alleine.“ Einsamkeit oder die Bewältigung des Alltags sind da zentrale Themen der Anrufe, von denen rund 30 am Tag, 16.000 im Jahr bei der Salzburger Telefonseelsorge eingehen. Wichtig sei eine faire Verteilung des Gesprächskuchens. „Wir sind für jene da, die sich regelmäßig melden, genauso wie für jemanden in einer Notlage, für Menschen mit Suizidgedanken oder für Leute, die sich in einer bestimmten Situation eine Meinung einholen wollen um so vielleicht ein Stück Klarheit zu bekommen“, umreißt Gerhard Darmann das weite Spektrum der telefonischen „Einsätze“. Sein Wunsch: „142 soll jedem bei Bedarf als vierte Notfallnummer einfallen.“
Wer sich seine Sorgen lieber von der Seele schreibt, kann das übrigens seit einigen Jahren per Mail tun (www.telefonseelsorge.at, www.ts142.at). „Diesen Oktober ist zusätzlich österreichweit die Chat-Beratung gestartet“, berichtet Darmann. „Da geht es in Echtzeit rasch hin und her. Vor allem junge Erwachsene nützen das neue Angebot.“ Dieser Zweig soll 2017 ausgebaut werden – ein Jahr, das darüber hinaus ein Jubiläum bringt: 50 Jahre Telefonseelsorge Österreich.
Schatz der Telefonseelsorge
Größter Schatz der Telefonseelsorge sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine unter den mehr als 120 Freiwilligen in Salzburg ist Frau S. „Mir geht es gut, da hab ich mir gedacht: Ich möchte etwas zurückgeben.“ Die Dienste erlebe sie als große Bereicherung. „Es erdet mich total. Wenn ich höre wie es anderen geht, dann relativiert sich einiges und ich denk mir: Mein Gott, mir geht es gut.“ Sie erinnere sich zum Beispiel noch gut an eine junge Mutter, „die einfach nicht aufhören konnte zu weinen, weil sie finanziell überhaupt nicht über die Runden kommt“. Hier gut zu reagieren und mit solchen Erfahrungen umzugehen, habe sie in der Ausbildung gelernt.
„Es sind Ferien, niemand hat Zeit“
„Rat für junge Leute“ (0800 234123) hat sich die kids-line auf ihre Fahnen geschrieben. Anders als bei Erwachsenen gehe es in den Gesprächen auch um positive Erlebnisse.„Die Kinder freuen sich über die schulfreie Zeit und erzählen, was sie zu Weihnachten bekommen haben“, berichtet kids-line-Koordinatorin Katja Schweitzer. Kummer bereitet den Kleinen die liebe Familie. Zu den Feiertagen höre sie Sätze wie: „Es sind Ferien und niemand hat Zeit.“ „Bei uns hat sich niemand etwas zu sagen.“ Die Botschaft der kids-line sei ganz einfach: „Freude vermehrt sich, wenn sie geteilt wird, Probleme werden kleiner“, sagt Schweitzer, die derzeit selber Sorgen oder vielmehr einen noch unerfüllten Wunsch hat: „Wir sind auf der Suche nach Sponsoren für eine eigene Chat-Beratung. Kinder und Jugendliche teilen sich heute lieber auf diese Weise mit.“ Auf den Bedarf würde die kids-line gerne eingehen – was fehlt, sei das Geld.
Ausbildung
Im Herbst 2017 startet ein neuer zweijähriger Kurs für MitarbeiterInnen in der Telefonseelsorge. Bis 30. April können sich Interessierte melden: gerhard.darmann@ts142.at. Nähere Infos unter www.ts142.at
Hintergrund
Unter 142 ist die Telefonseelsorge rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, vertraulich und kostenlos, in ganz Österreich erreichbar. Alleine in Salzburg werden pro Jahr rund 16.000 längere Gespräche geführt. Damit durchgehend ein offenes Ohr am Ende der Leitung ist, engagieren sich österreichweit 700 Männer und Frauen ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge – in Salzburg mehr als 120. Träger der Einrichtung sind die katholische und die evangelischen Kirchen. Seit 1999 bieten die MitarbeiterInnen der kids-line unter 0800 234123 Telefonberatung für Kinder und Jugendliche an.
Foto (ibu): Reden tut der Seele gut.