Lesungen und Kommentar zum Sonntag, 9. August 2015

Gott ist größer als das Herz der Menschen. Wir sollen ihm keine Vorschriften machen. Auch bei Menschen, die anders fromm und anders gläubig sind als wir, ist der Geist Gottes am Werk; ohne ihn gibt es nichts Gutes.
1. Lesung: Num 11, 25–29
In jenen Tagen kam der Herr in der Wolke herab und redete mit Mose. Er nahm etwas von dem Geist, der auf ihm ruhte, und legte ihn auf die siebzig Ältesten. Sobald der Geist auf ihnen ruhte, gerieten sie in prophetische Verzückung, die kein Ende nahm. Zwei Männer aber waren im Lager geblieben; der eine hieß Eldad, der andere Medad. Auch über sie war der Geist gekommen. Sie standen in der Liste, waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen.
Sie gerieten im Lager in prophetische Verzückung. Ein junger Mann lief zu Mose und berichtete ihm: Eldad und Medad sind im Lager in prophetische Verzückung geraten. Da ergriff Josua, der Sohn Nuns, der von Jugend an der Diener des Mose gewesen war, das Wort und sagte: Mose, mein Herr, hindere sie daran! Doch Mose sagte zu ihm: Willst du dich für mich ereifern? Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!
2. Lesung: Jak 5, 1–6
Ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das euch treffen wird. Euer Reichtum verfault, und eure Kleider werden von Motten zerfressen. Euer Gold und Silber verrostet; ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten und euer Fleisch verzehren wie Feuer. Noch in den letzten Tagen sammelt ihr Schätze. Aber der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben, der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer, die eure Ernte eingebracht haben, dringen zu den Ohren des Herrn der himmlischen Heere. Ihr habt auf Erden ein üppiges und ausschweifendes Leben geführt, und noch am Schlachttag habt ihr euer Herz gemästet. Ihr habt den Gerechten verurteilt und umgebracht, er aber leistete euch keinen Widerstand.
Evangelium: Mk 9, 38–43.45.47–48
In jener Zeit sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus: Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen Wunder tut, kann so leicht schlecht von mir reden. Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – amen, ich sage euch: er wird nicht um seinen Lohn kommen. Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.
Wenn dich deine Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer. Und wenn dich dein Fuß zum Bösen verführt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden. Und wenn dich dein Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus; es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.
Kommentar zum Evangelium
Jesus im Klartext
Es ist nicht so einfach mit „diesem Jesus“: Es scheint, er sagt und tut immer das Gegenteil von dem, was wir erwarten. Den Eifer seiner Jünger anderen gegenüber bremst er ein: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.“ Andere, die Gutes tun, erfahren Jesu Wertschätzung, auch wenn sie nicht zu seiner unmittelbaren Jüngerschar gehören. Selbst Menschen, die kleine Werke der Nächstenliebe in Aufrichtigkeit und um seinetwillen tun, können ihres Lohnes gewiss sein.
Doch das ist nur eine Seite. Wer sich auf die Botschaft Jesu einlässt, stößt schnell an die eigenen Grenzen. Jesus blickt bis in unser Herz hinein. Daher auch seine Radikalität. Die Rede Jesu ist nicht bewegt vom Eifer des Fanatikers, der die Menschen in seine Vorstellungswelten hineinzwingen will. Es ist die Sorge des himmlischen Arztes, des Heilandes, der weiß, dass die Krankheit nicht geheilt ist, solange sie im Inneren noch verborgen lauert. Jesu Rede ist aus diesem Grunde drastisch: die Hand, den Fuß abhauen, das Auge ausreißen, wenn sie dich zum Bösen verführen.
Er will uns offensichtlich damit aufschrecken, damit wir wirklich wach werden und klaren Auges sehen. In der Angst vor dem Verlust wichtiger Gliedmaßen wird uns deutlich bewusst: Wo diese im Vergleich nur mehr einen untergeordneten Wert haben, muss es um das Kostbarste gehen, um das ewige Leben, das nur Gott schenken kann.
Im Bild vom Mann, der mit einem Mühlstein um den Hals gehängt ins Meer geworfen wird, spricht Jesus eine eindeutige Warnung aus: Nütze nie deine Überlegenheit, deine Macht anderen gegenüber aus, um sie zum Bösen zu bewegen. Die Zuspitzung der Sprache lässt keinen Zweifel aufkommen, wie ernst es Jesus damit ist. Es ist aber auch klar, dass der Buchstabe allein tötet. Es gab immer wieder Menschen, die solche Aussagen Jesu wortwörtlich genommen und damit missverstanden haben: Aber kann mich denn ein Auge, eine Hand oder ein Fuß zum Bösen verführen?
Verführt werde ich nicht durch Augen oder Gliedmaßen. Offensichtlich sind es die Gedanken und Regungen unseres Herzens, die hier das große Potenzial an Destruktivem bereithalten. Deshalb müssen diese auch immer wieder aufmerksam geprüft und gegebenenfalls entschieden verworfen werden.
Diakon Albert Hötzer ist Pfarrassistent in Siezenheim. <link>redaktion@rupertusblatt.at