Lesungen und Kommentar zum Sonntag, 7. Juni

Evangelium: Mk 3, 20–35
In jener Zeit ging Jesus in ein Haus, und wieder kamen so viele Menschen zusammen, dass er und die Jünger nicht einmal mehr essen konnten. Als seine Angehörigen davon hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen. Die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren, sagten: Er ist von Beelzebub besessen; mit Hilfe des Anführers der Dämonen treibt er die Dämonen aus. Da rief er sie zu sich und belehrte sie in Form von Gleichnissen: Wie kann der Satan den Satan austreiben? Wenn ein Reich in sich gespalten ist, kann es keinen Bestand haben. Wenn eine Familie in sich gespalten ist, kann sie keinen Bestand haben. Und wenn sich der Satan gegen sich selbst erhebt und mit sich selbst im Streit liegt, kann er keinen Bestand haben, sondern es ist um ihn geschehen.
Es kann aber auch keiner in das Haus eines starken Mannes einbrechen und ihm den Hausrat rauben, wenn er den Mann nicht vorher fesselt; erst dann kann er sein Haus plündern. Amen, das sage ich euch: Alle Vergehen und Lästerungen werden den Menschen vergeben werden, so viel sie auch lästern mögen; wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften. Sie hatten nämlich gesagt: Er ist von einem unreinen Geist besessen. Da kamen seine Mutter und seine Brüder; sie blieben vor dem Haus stehen und ließen ihn herausrufen. Es saßen viele Leute um ihn herum, und man sagte zu ihm: Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und fragen nach dir.
Er erwiderte: Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder? Und er blickte auf die Menschen, die im Kreis um ihn herumsaßen, und sagte: Das hier sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.
1. Lesung: Gen 3, 9–15
Nachdem Adam von der Frucht des Baumes gegessen hatte, rief Gott, der Herr, ihm zu und sprach: Wo bist du? Er antwortete: Ich habe dich im Garten kommen hören; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe? Adam antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben, und so habe ich gegessen. Gott, der Herr, sprach zu der Frau: Was hast du da getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt, und so habe ich gegessen. Da sprach Gott, der Herr, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch sollst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. Feindschaft setze ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihren Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf, und du triffst ihn an der Ferse.
2. Lesung: 2 Kor 4, 13–5,1
Wir haben den gleichen Geist des Glaubens, von dem es in der Schrift heißt: Ich habe geglaubt, darum habe ich geredet. Auch wir glauben, und darum reden wir. Denn wir wissen, dass der, welcher Jesus, den Herrn, auferweckt hat, auch uns mit Jesus auferwecken und uns zusammen mit euch vor sein Angesicht stellen wird. Alles tun wir euretwegen, damit immer mehr Menschen aufgrund der überreich gewordenen Gnade den Dank vervielfachen, Gott zur Ehre. Darum werden wir nicht müde; wenn auch unser äußerer Mensch aufgerieben wird, der innere wird Tag für Tag erneuert. Denn die kleine Last unserer gegenwärtigen Not schafft uns in maßlosem Übermaß ein ewiges Gewicht an Herrlichkeit, uns, die wir nicht auf das Sichtbare starren, sondern nach dem Unsichtbaren ausblicken; denn das Sichtbare ist vergänglich, das Unsichtbare ist ewig. Wir wissen: Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, dann haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand errichtetes ewiges Haus im Himmel.
Kommentar zum Evangelium
Wer ist meine Familie?
Ich bin mitten unter zehn Brüdern und drei Schwestern im Innviertel aufgewachsen. Das Familienleben hatte bei uns daheim einen hohen Stellenwert. Unsere Eltern haben uns in vielerlei Hinsicht ein gutes, tragfähiges Fundament mitgegeben. Nach einer persönlichen Berufungserfahrung und einer starken Sehnsucht nach dem >Mehr< in meinem Leben, habe ich mich vor 40 Jahren aus meiner Herkunftsfamilie herausrufen lassen. Seither lebe ich gerne in meiner Ordensfamilie bei den Franziskanerinnen von Vöcklabruck.
Die 34jährige pädagogische Tätigkeit gab und gibt mir umfassenden Einblick in die verschiedenartigen Lebensbewegungen in Familien oder familienähnlichen Lebensgemeinschaften. Im Evangelium dieses Sonntags begegnet uns Jesus als der verrückte, schlagfertige und anstößige – auch in Bezug auf Familie. Sein öffentliches Wirken hat inzwischen Formen und Ausmaße angenommen, dass seine engsten Verwandten es mit der Angst zu tun bekommen. Sie halten ihn für verrückt und wollen ihn mit Gewalt zurückholen.
Doch Jesus lässt sich nicht von seiner Familie zur Ordnung rufen.
Seine Haltung dürfte für den außerordentlichen starken Familiensinn der Juden eine große Herausforderung gewesen sein. „Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder/Schwestern?“ fragt er zurück. Jeder, der den Willen Gottes erfüllt, gehört zu den nächsten Verwandten Jesu. Diesen Willen erfüllen heißt: den eigenen Willen gleichförmig machen mit dem Willen Gottes. Wer versucht, im Geiste Jesu zu leben, erlebt viel Freude, muss jedoch immer wieder auch mit Konflikten und Verurteilungen rechnen – oft gerade dort, wo man es am wenigsten erwartet. In der Kraft Gottes wird es möglich, dass ich selbst hinter mir stehen kann und immer weniger die Bestätigung von Menschen brauche.
Wer gehört denn zur Familie Jesu heute?
Menschen, die ihm zuhören und bei ihm verweilen, die Fragen stellen, die am Rande stehen, die nicht perfekt sein brauchen, die ihrer inneren Sehnsucht nachspüren, die immer neu und mutig aufbrechen, die sich für andere engagieren, …
Und wer ist meine, Ihre Familie?
Zur eigenen Familie kommt hinzu:
WEIL ICH AN IHN GLAUBE,
IST MEINE FAMILIE
der Einsame, der Fröhliche,
der Nahe, der Ferne,
der Kleine, der Große,
jeder, jeder, der sucht.
Sr. Stefana Hörmanseder, Franziskanerin von Vöcklabruck in Salzburg, Hortpädagogin an der BAKIP, Kinder- und Jugendpastoral, Arbeit im Geistlichen Zentrum im Mutterhaus