Lesungen und Kommentar zum Sonntag, 28. Juni

Evangelium: Mk 5, 21–43
In jener Zeit fuhr Jesus im Boot an das andere Ufer des Sees von Galiläa hinüber, und eine große Menschenmenge versammelte sich um ihn. Während er noch am See war, kam ein Synagogenvorsteher namens Jaïrus zu ihm. Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an; er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird und am Leben bleibt. Da ging Jesus mit ihm.
Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn. Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt. Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden. Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt. Sofort hörte die Blutung auf, und sie spürte deutlich, dass sie von ihrem Leiden geheilt war.
Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt? Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt? Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte. Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit.
Er aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein. Während Jesus noch redete, kamen Leute, die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten, und sagten zu Jaïrus: Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger? Jesus, der diese Worte gehört hatte, sagte zu dem Synagogenvorsteher: Sei ohne Furcht; glaube nur! Und er ließ keinen mitkommen außer Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus.
Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers. Als Jesus den Lärm bemerkte und hörte, wie die Leute laut weinten und jammerten, trat er ein und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur. Da lachten sie ihn aus. Er aber schickte alle hinaus und nahm außer seinen Begleitern nur die Eltern mit in den Raum, in dem das Kind lag.
Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Talita kum!, das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Sofort stand das Mädchen auf und ging umher. Es war zwölf Jahre alt. Die Leute gerieten außer sich vor Entsetzen. Doch er schärfte ihnen ein, niemand dürfe etwas davon erfahren; dann sagte er, man solle dem Mädchen etwas zu essen geben.
1. Lesung: Weish 1, 13–15; 2, 23–24
Gott hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen, und heilbringend sind die Geschöpfe der Welt. Kein Gift des Verderbens ist in ihnen, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde; denn die Gerechtigkeit ist unsterblich.
Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören.
2. Lesung: 2 Kor 8, 7.9.13–15
Wie ihr an allem reich seid, an Glauben, Rede und Erkenntnis, an jedem Eifer und an der Liebe, die wir in euch begründet haben, so sollt ihr euch auch an diesem Liebeswerk mit reichlichen Spenden beteiligen. Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan hat:
Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen. Es geht nicht darum, dass ihr in Not geratet, indem ihr anderen helft; es geht um einen Ausgleich. Im Augenblick soll euer Überfluss ihrem Mangel abhelfen, damit auch ihr Überfluss einmal eurem Mangel abhilft. So soll ein Ausgleich entstehen, wie es in der Schrift heißt: Wer viel gesammelt hatte, hatte nicht zu viel, und wer wenig, hatte nicht zu wenig.
Kommentar zum Evangelium:Jesus berühren und begegnen
Auf dem Weg zur schwer kranken Tochter des Jairus kommt eine Frau, die an Blutungen leidet, dazwischen. „Blutflüssig“ bedeutet, dass sie unrein und ausgeschlossen ist vom sozialen und religiösen Leben. Die Blutungen legen auch die Vorstellung nahe, dass ihr das Leben „ausfließt“, dass sie Kraft verliert. Ausführlich wird beschrieben, was die Frau zwölf Jahre lang schon versucht hat, um gesund zu werden. Die letzte Hoffnung der unheilbar Kranken ist die heilende Nähe Jesu.
So drängt sie sich von hinten an Jesus heran. Sie will unerkannt bleiben und unbemerkt sein Gewand berühren; ein flüchtiger Kontakt, der wie zufällig aussieht und sich von einer absichtslosen Berührung nicht unterscheiden lässt. Und doch ist in dieser scheuen Bewegung auf Jesus zu die ganze Kraft ihres Vertrauens lebendig. Ihr Glaube an Gottes heilende Macht in Jesus ist so groß, dass sie meint, schon der äußere Kontakt mit ihm bringe ihr Heilung.
Als sie schließlich im Gedränge der Menschen sein Gewand berühren kann, spürt sie unmittelbar, dass sie von ihrem langen Leiden erlöst ist. Im selben Augenblick spürt Jesus die Kraft, die von ihm ausgegangen ist. Er wendet sich in der Menge um und will den Menschen sehen, der ihn gesucht hat.
Er will nicht, dass ihr Tun im Verborgenen bleibt. Damit ermöglicht er ihr den Weg einer personalen Beziehung zu ihm. „Sie sagte ihm die ganze Wahrheit.“ Sie erzählt ihre Kindheit vielleicht, erzählt von ihrer Liebe, erzählt, was sie erlebt hat und wahrscheinlich auch, was sie erleiden musste, wie mit ihr umgegangen wurde. Jesu‘ Reaktion darauf lautet: „Dein Glaube hat dich geheilt.“ Glaube findet erst „im Gespräch“ mit Jesus, in lebendigem Austausch mit ihm zu seiner vollen Gestalt.
Es ist Glaube, es ist wirkliches Vertrauen auf die Nähe Gottes, wenn wir es wagen, die Wahrheit unseres Lebens anzusehen und anzusprechen, Es ist Glaube, wenn wir nichts beschönigen, wenn wir nicht nur Teilwahrheiten sagen und nichts verschweigen, wenn wir nicht verharmlosen … Wo immer wir in unserer Sehnsucht nach Leben und Heilung trotz aller Ohnmacht und Enttäuschungen alles dransetzen, Jesus zu „berühren“, wird uns – Ihnen und mir – Begegnung geschenkt.
Sr. Stefana Hörmanseder, Franziskanerin von Vöcklabruck in Salzburg, Hortpädagogin an der BAKIP, Kinder- und Jugendpastoral, Arbeit im Geistlichen Zentrum im Mutterhaus. <link mail window for sending>redaktion@rupertusblatt.at