Lesungen und Kommentar zum Sonntag, 21. Juni

Evangelium: Mk 4, 35–41
An jenem Tag, als es Abend geworden war, sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; einige andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, so dass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?
Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich, und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht, und sie sagten zueinander: Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen?
1. Lesung: Ijob 38, 1.8–11
Der Herr antwortete dem Ijob aus dem Wettersturm und sprach: Wer verschloss das Meer mit Toren, als schäumend es dem Mutterschoß entquoll, als Wolken ich zum Kleid ihm machte, ihm zur Windel dunklen Dunst, als ich ihm ausbrach meine Grenze, ihm Tor und Riegel setzte und sprach: Bis hierher darfst du und nicht weiter, hier muss sich legen deiner Wogen Stolz?
2. Lesung: 2 Kor 5, 14–17
Die Liebe Christi drängt uns, da wir erkannt haben: Einer ist für alle gestorben, also sind alle gestorben. Er ist aber für alle gestorben, damit die Lebenden nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb und auferweckt wurde.
Also schätzen wir von jetzt an niemand mehr nur nach menschlichen Maßstäben ein; auch wenn wir früher Christus nach menschlichen Maßstäben eingeschätzt haben, jetzt schätzen wir ihn nicht mehr so ein. Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.
Kommentar zum Evangelium: Ans andere Ufer aufbrechen
Jesus ist dabei, seine Jünger in „das Geheimnis der Gottesherrschaft“ einzuführen. Wenn sie mit ihm allein sind, erschließt er ihnen seine Botschaft (Mk 4,33). Als es Abend geworden ist, sagt Jesus zu den Jüngern: „Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren.“ So beginnen sie mit ihm die Überfahrt.
Der Evangelist Markus sieht in den Jüngern eine Gruppe aus armseligen und ängstlichen Menschen, die sich von Jesus die Richtung weisen lässt und darauf vertraut, dass er mit ihr das andere Ufer erreicht. Kirche – das sind wir – muss immer wieder ins Ungewisse aufbrechen.
Es bricht auch für uns der Abend herein, wo wir uns von Vertrautem und Liebgewonnenem wieder trennen müssen. Es kommt der Abend, an dem wir wieder ins Boot steigen müssen und gerade noch für kurze Zeit die Konturen des anderen Ufers als Orientierung erkennen können. Es kommt der Abend, wo wir gedrängt werden, uns mit der ganzen Kraft unseres Herzens von neuem zu riskieren.
Unsere Entwicklung verlangt immer wieder von uns, vertraute Bindungen und Beziehungen aufzugeben, uns herausrufen zu lassen, uns verändern zu lassen. Wir spüren, dass es uns aufgegeben ist, zur anderen Seite, zu einem neuen Ufer aufzubrechen. In solchen Situationen des Übergangs können dann aus der Tiefe unserer Seele Chaosmächte auftauchen, die uns mit enormer Wucht bedrohen wie die Jünger der Sturm auf dem See. Gott nötigt uns geradezu manchmal, uns bestimmten Gefahren auszusetzen und uns auf neue Erfahrungen einzulassen.
Nur so können wir als Glaubende wachsen. In diesen Momenten angstvoller Bedrängnis und Erschütterung, in denen wir glauben, zugrunde zu gehen, können wir auf den Grund stoßen, wirklich zu Grunde gehen. Dann kann es geschehen, dass wir im Durchleben unserer Angst den „Ort“ erreichen, von wo aus wir mit gläubiger Entschiedenheit den lebensbedrohlichen Kräften Einhalt gebieten – und es tritt wieder eine Stille ein, die unser Leben weiter trägt. Es kann uns dann wie den Jüngern geschehen, dass wir von der Erfahrung überwältigt werden: Gott ist uns näher als wir uns selbst. Er handelt an uns und ist vertraut mit all unseren Wegen.
Sr. Stefana Hörmanseder, Franziskanerin von Vöcklabruck in Salzburg, Hortpädagogin an der BAKIP, Kinder- und Jugendpastoral, Arbeit im Geistlichen Zentrum im Mutterhaus
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