Kardinal Koch zu Gast in Salzburg

SALZBURG (eds-8. 10. 2020) / Mit einem Festakt feierte PRO ORIENTE Salzburg gestern, 7. Oktober 2020, Abend im Kardinal-Schwarzenberg-Haus sein 35-Jahr-Jubiläum. Ehrengast und Festredner Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen, stellte bei seinem Vortrag im Beisein zahlreicher Vertreterinnen und Vertreter der Salzburger Ökumene, der Landespolitik und der Stiftung PRO ORIENTE Salzburg den Stand der ökumenischen Annäherung zwischen Ost- und Westkirche aus vatikanischer und theologischer Sicht dar.
Ringen um nächste Schritte
Der vatikanische Chef-Ökumeniker berichtete in seinem Vortrag vom Ringen der Ostkirchen mit dem Vatikan nach Einheit: „Vor allem auf der Ebene der gemeinsamen Kirchenleitung, der Synodalität, und der Frage nach der Sonderstellung des Papstes gibt es Fortschritte.“ Nächster Schritt sei, nach Möglichkeiten einer eucharistischen Gottesdienstgemeinschaft zu suchen. Zurzeit „ist der orthodox-katholische Dialog jedoch von der tiefgehenden Spannung zwischen dem Russisch-Orthodoxen Patriarchat und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel wegen des Streits um die kirchenrechtliche Unabhängigkeit der orthodoxen Kirche in der Ukraine überschattet“, so Koch. Zudem sei noch nicht absehbar, wann es eine Einigung über die Vorrangstellung des Bischofs von Rom auch für die Orthodoxie geben könne.
Gegenseitige Lernbereitschaft
Grundsätzlich gelte es vorerst, den Dialog als ökumenischen Austausch zu verstehen, der gegenseitige Lernbereitschaft in Fragen der Synodalität auf katholischer Seite und Überlegungen zur Sonderstellung des Bischofs von Rom für die Orthodoxie voraussetze. Deutlich zeige sich der Unterschied zwischen den Konfessionen im Verständnis des eucharistischen Gottesdienstes. „In der katholischen Kirche liegt der Akzent der Feier auf der Versammlung der Gemeinde und ihrer Gestaltung“, referierte Koch. In der Ostkirche hingegen sei die Liturgie ein kosmologisches und mystisches Ereignis: „Es ist die Weite des ganzen Kosmos und der Geschichte, als Vorwegfeier der Vollendung der Welt.“ Auch hier könnten beide, West- und Ostkirche, voneinander lernen.
Prägende Persönlichkeiten
Salzburgs Erzbischof Franz Lackner hob jene Persönlichkeiten der jüngeren österreichischen Kirchengeschichte hervor, die auf die Gründung von PRO ORIENTE entscheidenden Einfluss hatten: „Es ist viel geschehen in Österreich und in Salzburg, dank Persönlichkeiten wie Kardinal Franz König in Wien und einer meiner Vorgänger Erzbischof Karl Berg, der die Sektion PRO ORIENTE in Salzburg gegründet hat.“
Heute werde die Ausrichtung der Stiftung von ihrem Vorsitzenden, dem Salzburger Universitätsprofessor Dietmar Winkler, der zugleich auch Konsultor des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen ist, geprägt. „Die Arbeit von Dietmar Winkler hat vor allem die Bedeutung der syrischen Kirche und ihre Rolle in der Ökumene in den Blick genommen. Der Salzburger Schwerpunkt zur Erforschung des christlichen Ostens ist ein Alleinstellungsmerkmal dieser Sektion. Das verdient eine besondere Erwähnung“, so Kardinal Koch.
PRO ORIENTE führt Hintergrundgespräch und knüpft Netzwerke für Frieden und Versöhnung
Der Vorsitzende der Sektion Salzburg, Universitätsprofessor Dietmar Winkler, betonte die Bedeutung der institutionellen Struktur der Stiftung PRO ORIENTE für den ökumenischen Dialog der christlichen Konfessionen. Großes Verdienst sei vor allem ihre Hintergrundtätigkeit im Ringen um Konfliktlösungen und zur Unterstützung von Frieden und Versöhnung zwischen den Kirchen: „Was die Salzburger Öffentlichkeit durch Vorträge, ökumenische Besuche und Symposien wahrnimmt, ist nur die Spitze des Eisbergs unserer Arbeit. Von den Interventionen und Hintergrundgesprächen im Jugoslawienkrieg mit kroatischen Katholiken und serbischen Orthodoxen bis hin zur Unterstützung orientalischer Christen reicht die Palette der Projektarbeit.“
Vor allem die Politik habe in der Vermittlung und Repräsentation der Arbeit eine wichtige Rolle, betonte der Kirchenhistoriker. Die lange Liste von Salzburger Politkern, die als Vorsitzende oder Vorstandsmitglieder von PRO ORIENTE dienten, zeuge davon – die Landeshauptleute Hans Lechner und Hans Katschthaler waren beide Vorsitzende der Sektion. Die institutionelle Verwobenheit mit Politik, Universität und Kirche sei die große Stärke von PRO ORIENTE, das aktive Involvieren von Politik und die Zusammenarbeit mit den Universitäten gehörten zu den wesentlichen Aufgaben, so Winkler: „Wir knüpfen seit Jahrzehnten ein globales Netzwerk an wissenschaftlicher Expertise, das in Österreich nicht zuletzt durch die Kompetenzen des Zentrums zur Erforschung des christlichen Ostens an der Paris-Lodron-Universität in Salzburg bereichert wird.“
PRO ORIENTE Salzburg feiert und würdigt verdiente Mitglieder
Im Rahmen der Feierlichkeiten überreichte Dietmar Winkler dem langjährigen Leiter des Arbeitsausschusses, Pfarrer in Ruhe Rupert Reindl, und Prälat Hans Walter Vavrovsky als langjähriges Mitglied eine Ehrenurkunde samt Ikone.
PRO ORIENTE ist eine kirchliche Stiftung, die 1964 von Kardinal Franz König gegründet wurde. Ihr Ziel ist es, die Beziehung zwischen den christlichen Kirchen zu fördern, insbesondere der katholischen zu den orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen. Am 7. Oktober 1985 errichtete Erzbischof Karl Berg die Sektion Salzburg der Stiftung PRO ORIENTE. Salzburg war die erste der drei Sektionen der Gesamtstiftung; ihr folgten Graz und Linz.
Anlass der Gründung war das II. Vatikanische Konzil, das sich stark für die Ökumene ausgesprochen hat. Gemäß dem Stiftungsbrief ist die Aufgabe, „die Herstellung, Vertiefung der Kontakte mit dem europäischen Osten auf allen geistig relevanten Gebieten, vor allem auch zwischen Vertretern der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche“. PRO ORIENTE arbeitet wissenschaftlich und organisiert formelle und informelle Begegnungen, aus denen – im Sinne von Kardinal König – oft auch Freundschaften entstehen.
Foto1: Kurt Kardinal Koch beim Vortrag
Foto2: Botschafter Alfons Kloss, Präsident der Gesamtstiftung PRO ORIENTE, die Geerhten Prälat Hans Walter Vavrovsky und Rupert Reindl, dahinter Dietmar Winkler, Kurienkardinal Kurt Koch, Erzbischof Franz Lacknerurt Kardinal Koch beim Vortrag (v.l.)
Foto3: Botschafter Alfons Kloss, Präsident der Gesamtstiftung PRO ORIENTE, Erzbischof Franz Lackner, Kurienkardinal Kurt Koch, Erzabt Korbinian Birnbacher, Dietmar Winkler, Vorsitzender PRO ORIENTE Salzburg (v.l.)
Fotos: eds