„Interreligiöser Dialog bleibt Herausforderung“

SALZBURG (eds-9.3.2018) / Am Donnerstag und Freitag standen die Gespräche auf der Salzburger Edmundsburg im Zeichen des Dialogs. GeisteswissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen – darunter auch der Philologe und ehemalige Bildungsminister Karlheinz Töchterle und die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann – sprachen im Rahmen des Symposions „Das Dialogische Prinzip – Aktualität über 100 Jahre“ über den „Dialog“ in Literatur, Kultur, Politik und Religion. Theologe Karl-Josef Kuschel stellte in seinem gleichnamigen Vortrag fest: „Der interreligiöse Dialog bleibt Herausforderung der Religionen“.
Dialog als Instrument der Missionierung
In der Kritik des emeritierten Professors für Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs an der Universität Tübingen, Karl-Josef Kuschel, steht der Missionsanspruch der Religionen. „Wer Mission will, will weder Dialog noch Toleranz, der will in letzter Konsequenz das Verschwinden des Glaubens des je Anderen und die weltweite Durchsetzung der eigenen als der einzig ‚wahren Religion‘“, so Kuschel. Der Dialog stelle in diesem Zusammenhang bloßes Instrument der Missionierung dar und sei nicht als Gespräch auf Augenhöhe zu werten.
Ebenso wenig könnten der „bloße Austausch von Sachinformationen“ als echtes Religionsgespräch gewertet werden, unterstrich der Theologe. „Echte Religionsgespräche“, ist sich Kuschel sicher, „sind das Gegenteil von Scheingesprächen, die in zwei Monologen bestehen“. Er forderte deshalb einen „echten Dialog der Religionen“, „eine echte Zwiesprache und zwar von aufgeschlossener Person zu aufgeschlossener Person.“
Frage nach Wahrheit nicht ausklammern
Die Frage nach der Wahrheit sollte dabei im Gespräch zwischen Religionsvertretern nicht ausgeklammert werden. Vielmehr gehe es darum, „aus der Perspektive des jeweils eigenen legitimen Glaubenszeugnisses heraus die Existenz des anderen vor Gott mit zu denken“. Die Unerschöpflichkeit Gottes müsse zu einer „theozentrischen Selbstrelativierung“ führen mit der Erkenntnis: „Auch wer als Jude, Christ oder Muslim die Wahrheit seines Glaubens bezeugt und bezeugen muss, weiß zugleich, keine Religion die ganze Wahrheit hat. Die ganze Wahrheit hat nur Gott allein.“ In dieser Erkenntnis liege der Beginn eines „interreligiösen Lernens“, so Kuschel. Das Sehen des anderen mit den Augen des Glaubens müsse daher erklärtes Ziel eines echten Dialoges zwischen den Religionen sein.
Mehr zum Symposion „Das Dialogische Prinzip – Aktualität über 100 Jahre“ finden Sie unter: <link https: www.uni-salzburg.at>www.uni-salzburg.at/index.php
Dr. Karl-Josef Kuschel, Professor em. der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Tübingen, lehrte dort von 1995 bis 2013 Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs. Seit ist Präsident der Internationalen Hermann-Hesse-Gesellschaft. Zahlreiche Veröffentlichungen zum interreligiösen Dialog und zu Religion und Literatur. Eben erst erschienen sein Buch „Im Fluss der Dinge. Hermann Hesse und Bertolt Brecht im Dialog mit Buddha, Laotse und Zen“ im Patmos-Verlag.
Foto: em. Prof. Dr. Karl-Josef Kuschel plädierte in Salzburg für einen echten Dialog der Religionen
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