Hoffnung – ein Lernprozess

SALZBURG (eds-29.6.2017) / Regina Polak plädierte in ihrem Vortrag im Rahmen des Studienteils der 80. Hauptversammlung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Salzburg für einen hoffnungsvollen Realismus als Reaktion auf die Ängste unserer Zeit.
„Fürchtet euch nicht?“ – Hoffnung als Weg aus der Angst
Terror, Krieg und Gewalt – konfrontiert mit den Schreckensnachrichten aus aller Welt, brauche es „schon jede Menge psychischer Energie, um alle Probleme und Krisenherde auszublenden“, so Polak in ihrem Vortrag am Mittwochnachmittag in St. Virgil Salzburg. Die sozialen und existenziellen Ängste unserer Zeit beschreibt die Theologin als nachvollziehbare Gefühle und als wichtige Impulsgeber, allerdings habe eine Atmosphäre der Angst auch weitreichende Wirkung: „Angst isoliert Menschen voneinander und lässt die Welt bedrohlich und eng erscheinen. Sie mindert Leben und zerstört menschliche Beziehungen“, so die Theologin. Mit dem Verweis auf die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, „Gaudium et Spes“, tritt Polak dafür ein, Phänomenen wie Angst und Trauer, Freude und Hoffnung entgegenzusetzen.
Das Christentum habe dabei „einen reichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Angst“ anzubieten und könne für den „Lernprozess Hoffnung“ wertvolle Erkenntnisse beisteuern.
Bibeltheologischer Lernprozess
Von der theoretischen Analyse der Herkunft von Angst und Aggression hin zur aktiven, selbstbestimmten Teilhabe und Teilnahme am politischen und gesellschaftlichen Leben – Polak stellte in ihrem Vortrag klar: „Der Weg aus der Angst führt über das Ins-Handeln-Kommen.“
Die christliche Hoffnung beschreibt die Theologin dabei als handlungstreibende Energie, als eine aus der Kraft der biblischen Erfahrung und dem Gefühl des göttlichen Beistands heraus entstehende Grundhaltung. Aus theologischer Sicht sei Hoffnung „die Gabe und die Fähigkeit, in schwierigen Zeiten die Orientierung an Gott nicht zu verlieren; nicht aus der Beziehung auszusteigen, sondern Gott an sein Versprechen und seine Verheißungen zu erinnern und mit ihm zusammenzuarbeiten.“ Die Bibel wird in diesem Zusammenhang als „Buch der Hoffnung“ zum Nachschlagewerk für all jene, die Wege aus der oftmals lähmenden Angst suchen. „Die Heilige Schrift schildert diese Hoffnung in unzähligen Bildern: In der Wallfahrt der Völker zum Zion (Jes 2,3; Jes 60,4-9, Jes 66,18; Mich 4,1); in der Geburt einer neuen Schöpfung, in deren Wehen wir uns gerade befinden (Röm 8,22); nicht zuletzt in den Erzählungen und Gleichnissen des Reiches Gottes, in dem alle Krankheiten geheilt, alle sozialen, politischen, religiösen Ordnungen so verändert sind, dass sie dem Menschen dienen“, so Polak. Die Geschichte vom Auszug aus Ägypten bilde bis heute den Ursprung und den immer noch lebendigen Kern der Hoffnung auf Rettung durch Gott, schildert die Theologin. Der treue Glaube an den einen Gott und der Einsatz für Gerechtigkeit, um Armut zu verhindern, werden für diese „Migrantengruppe“ zu den beiden Grundsäulen der ins Praktische gewendeten Hoffnung. Eben diese Erfahrung der biblischen Vorfahren gelte es ins Heute zu übersetzen, die eigenen kleinen Hoffnungsgeschichten, die durch die je eigene Lebenserfahrung gewonnen werde, in diese „große Hoffnungsgeschichte“ einzuweben, sagt Polak.
Praktische Konsequenzen
Biblisch gesehen sei die Hoffnung immer eine Praxis „oder sie ist keine Hoffnung, sondern nur eine pseudoreligiöse Droge“, stellte Polak klar. Aus ihren Überlegungen leitet sie deshalb praxisbezogene Handlungsempfehlungen ab und folgte damit dem Prinzip „Hoffnung kann man lernen“: Die eigenen und die Ängste der anderen zu hinterfragen, ernst zunehmen und mit hoffnungsvollem Realismus ins Handeln zu kommen – diesen Dreischritt sieht Polak als möglichen Weg aus der Angstspirale. Dazu müsse sich jeder und jede mit der Tradition und ihren Erfahrungen auseinanderzusetzen und ins Heute übersetzen, Ressourcen des Handelns freilegen und für die Herausforderungen der Zeit alternative Lösungswege entwickeln – diese Grundhaltung einzuüben, dafür plädiert Polak am Ende ihres Vortrags noch einmal eindringlich. „Der beste Widerstand gegen die Angst, ist das Schaffen von Alternativen“, ist die Theologin überzeugt und fordert auch von der Politik wieder realistische Lösungsvorschläge für die Herausforderungen unserer Zeit. Mit Angst lasse sich keine Politik machen; auch wenn Menschen, die sich in ihrem Leben – berechtigter oder unberechtigter Weise – benachteiligt sehen, auf dieses politische Angebot reagierten.
Dem gemeinsamen Feiern räumt die Wienerin abschließend großen Stellenwert ein: „Im Fest lässt sich die andere, die bessere Wirklichkeit erahnen und Menschen lernen, dass das Leben auch ein Fest sein kann.“ Es sei eine Erinnerung, dass „das Böse“ nicht das letzte Wort hat.