Gelassen älter werden
SALZBURG (eds/rb - 18.1.2017) „Das Kloster ist mir eigentlich passiert“, erzählt P. Korbinian Birnbacher. Nicht im Geringsten habe er als Jugendlicher daran gedacht, einmal in einen Orden einzutreten. Damals fuhr er oft mit dem Rad über die Grenze nach Salzburg. Seine Eltern hatten schon gemutmaßt, dass er dort eine Freundin hätte. „Was auch stimmte. Nur war meine Freundin 1.300 Jahre alt“, erzählt er schmunzelnd. Es hatte ihn ins älteste Männerstift des deutschsprachigen Raumes gezogen – St. Peter. „Mich hat dieser Mikrokosmos aus Kunst, Kultur und dem Geist des hl. Benedikt fasziniert“, sagt Birnbacher. Mit zwanzig Jahren sollte er schließlich in den Orden eintreten.
Berührungspunkte zum Sakralen waren schon früh da. Das Schicksal wollte es, dass Pfarrer Max Kolbeck 1970 nach Anger berufen wurde und vorübergehend im Hause Birnbacher einzog. Einmal nahm er den vierjährigen Buben ins katholische Knabeninternat St. Michael in Traunstein mit. „Dort aß ich den ersten Bienenstich meines Lebens.“ Seither habe er gewusst: „Dort will ich einmal hin.“
Nach St. Peter, das nächstgelegene Klos-ter von seiner Heimat Anger aus, ging er nicht nur aus praktischen Gründen: „Es ist wie in einer Liebesbeziehung – man spürt, das ist der richtige Ort, die richtige Person.“ Die Geschichte, das Chorgebet, die schöne Liturgie faszinierten ihn. Den Ausschlag dafür, dass er geblieben ist, gaben aber die kleinen Dinge: wie die liebevolle Hingabe, mit der Bruder Nikolaus, heute selbst Senior, Bruder Hartwig gepflegt hat.
Seither war P. Korbinian in verschiedenen Ämtern in und außerhalb des Stiftes St. Peter tätig, als Novizenmeister, Stiftsarchivar, Hochschulpfarrer, Kooperator in Abtenau und Custos der Kunstsammlungen, als Prior der Erzabtei. „Das ist ein schwieriges Amt“, erzählt er. „Man sitzt zwischen allen Stühlen. Man ist der Repräsentant der Gemeinschaft gegenüber dem Erzabt, kümmert sich um ihre tagtäglichen Bedürfnisse. Man muss dem einen oder anderen Mitbruder aber auch sagen: ‚Du gehst in die falsche Richtung‘.“
Benediktinisch sein, heißt großzügig sein
Als Abt darf er seit vier Jahren großzügig und gönnerhaft sein. „Ich bin gerne da und habe eine tragende Gemeinschaft, die zu mir hält und ich zu ihr. Ich habe es aber noch jedes Jahr einmal bereut, ins Kloster eingetreten zu sein“, gesteht P. Korbinian. „Es ist nicht immer alles perfekt, strukturiert. Nicht alle sind Heilige. Man ertappt sich dabei, wie man sich selbst und seinen Grundsätzen widerspricht.“ Dann helfe es – wie in einer guten Beziehung – sich an die Begeisterung des Beginns zu erinnern. Hilfreich sind dabei immer wieder die sechs prägenden Jahre, die er zum Aufbaustudium in Rom verbracht hat. „Italiener haben gelernt mit Unsicherheiten und Krisen umzugehen. Sie haben eine naturgegebene Resilienz, einen Humor, der Krisen überwindet.“
Seinen Tag beginnt Birnbacher um 4.45 Uhr, dann schreibt er eine halbe Stunde Tagebuch, bevor er sich mit seinen 21 Mitbrüdern zum Chorgebet mit Vigil und Laudes versammelt. Zwischen Gremien, Schreibtischarbeit, dem Vorbereiten von Predigten und Vorträgen und öffentlichen Auftritten strukturieren die Stundengebete seinen Tag.
Angst vor der Zukunft hat der Erzabt keine, auch wenn die Gemeinschaft klein ist, die Situation ökonomisch schwierig. „Man muss langfristig denken, nicht nur an Gewinn.“ Es brauche Ruhe und Gelassenheit, so einen Betrieb zu leiten, der vom Mesner bis zum Personal im Haus 80 Mitarbeiter hat. „Wir sind aber auch eine Lebensgemeinschaft. Da kann man nicht einfach – wie in gro-ßen Unternehmen – Hunderte Leute feuern. Man muss mit Schwächen leben und gerade auch Menschen mit solchen vertrauen.“
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