Ganzheitliche Umkehr

Vatikan/Salzburg. Drei Wochen haben die Bischöfe des Amazonas-Gebietes mit weiteren Synodenteilnehmern und -innen über „neue Wege der Kirche und für eine ganzheitliche Ökologie“ diskutiert, beraten, gebetet und Gottesdienst gefeiert. Jetzt gibt es das Schlussdokument. Es enthält 120 Paragrafen. Über jeden einzelnen wurde abgestimmt. Alle erreichten mehr als die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit. Was steht nun im Schlussdokument? Markus Roßkopf, Weltkirche-Referent der Erzdiözese Salzburg, fasst das Wichtigste zusammen.
Wichtige Punkte hat bereits der so genannte „Katakombenpakt für das Gemeinsame Haus“ vorweggenommen. Mehr als 40 Bischöfe versammelten sich am Sonntagmorgen der zweiten Synodenwoche, am 20. Oktober, in der Domitilla-Katakombe, um 15 Selbstverpflichtungen einzugehen: für eine Kirche der Armen, für die Verteidigung der indigenen Völker Amazoniens, für eine dienende und synodale Kirche sowie für eine ganzheitliche Ökologie. Sicher hatte der neue Katakombenpakt Auswirkungen auf die Synode und auf das Schlussdokument. Bei den Selbstverpflichtungen geht es um eine persönliche Haltung, die immer wieder neu eingeübt werden muss. Deshalb ist dieser Pakt in den Katakomben – genauso wie der von 1965 – ein wichtiges prophetisches Zeichen der Solidarität und der Hoffnung.
Das nun vorliegende Abschlussdokument hat fünf Kapitel, die schon von ihrem Titel her Aufmerksamkeit wecken. Die Einleitung steht unter dem Bibelzitat aus der Offenbarung: „Seht, ich mache alles neu!“ (Offb, 21,5) Das erste Kapitel ist umschrieben mit: Amazonien: vom Zuhören zu einer ganzheitlichen Bekehrung. Und dann folgen vier neue Wege zu einer solchen Bekehrung: pastoral, kulturell, ökologisch und synodal. „Diese neuen Wege der Evangelisierung müssen im Dialog gebaut werden …“ (Nr. 14) Und die Bischöfe sind sich sicher: „Das Hören des Schreies der Erde und des Schreies der Armen und der Völker Amazoniens mit denen wir unterwegs sind, ruft uns zu einer wahren und ganzheitlichen Bekehrung.“ (Nr. 17)
Neue Wege einer pastoralen Bekehrung
Entscheidend für den gesamten Prozess war das Zuhören, das Hören auf das, was die Menschen in Amazonien brauchen, was ihre Freuden und Hoffnungen, ihre Ängste und Traurigkeiten sind. Die Realität der Menschen ist die Grundlage, der Ausgangspunkt für ein pastorales Handeln. Dabei sollen auch die Grundrechte der Menschen garantiert werden. Deshalb muss die Kirche vor Ort präsent sein. „Die pastorale Aktion basiert auf einer Spiritualität, die grundgelegt ist im Hören auf das Wort Gottes und den Schrei seines Volkes, um danach die gute Nachricht mit prophetischem Geist verkünden zu können.“ (Nr. 38)
Neue Wege einer kulturellen Bekehrung
Die Kirche verpflichtet sich eine Verbündete der amazonischen Völker zu sein. Es geht darum, das Leben dieser Menschen zu verteidigen. „Für die Kirche ist die Verteidigung des Lebens, der Gemeinschaft, der Erde und der Rechte der indigenen Völker ein Prinzip des Evangeliums, in der Verteidigung der menschlichen Würde.“ (Nr. 47) Das heißt, die Kultur zu respektieren, im Dialog mit der Kultur zu sein, damit eine in der Kultur verwurzelte Kirche entstehen kann.
Neue Wege einer ökologischen Bekehrung
Unsere Erde ist Geschenk und Aufgabe. Weil alles zusammenhängt, sind auch Ökologie und soziale Gerechtigkeit aufs Engste miteinander verbunden. (Nr. 66) Die Synodenteilnehmer und -innen klagen den Raubbau und den Extraktivismus an, ebenso die Gier. Aufgrund der Würde des Menschen müssen die Christen deshalb Stellung beziehen. Es ist notwendig, alternative Wirtschaftsmodelle zu entwickeln und einen einfacheren Lebensstil zu leben.
Neue Wege einer synodalen Bekehrung
Hier betonen die Synodenteilnehmer und -innen die Würde der gemeinsamen Taufe. Synodale Kirche heißt, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, und dabei ist es „notwendig eine Kultur des Dialogs zu stärken, des einander Zuhörens, der geistlichen Un-terscheidung, der Übereinstimmung und der Gemeinschaft um Räume und Verfahrensweisen von gemeinsamer Entscheidung zu finden und auf die pastoralen Herausforderungen zu antworten“. (Nr. 88) Dabei soll die Teilhabe für die Laien gestärkt und vergrößert werden. Weiters wollen sie Diens-te für Männer und Frauen, den Ständigen Diakonat der Frau, die Weihe von Ständigen Diakonen zu Priestern.
Die Synode für Amazonien setzt auf Bekehrung und neue Wege, damit die Frohe Botschaft Jesu heute befreiend wirkt und erfahren wird. Dafür braucht es neue Antworten. Auch wenn unser Kontext ganz anders ist als in Amazonien, so sind die angesprochenen Themen und Methoden für uns relevant. Es war eine weltkirchliche Synode, die anhand der konkreten Situation Amazoniens neue Wege erkundet hat – auch für uns.
Markus Roßkopf
Foto: Blick in die Synoden-Aula. / Foto: Vatican News