Fassungslos ist der Pfarrgemeinderat Werfenweng: Die Pfarre setzte sich mehr als ein halbes Jahr lang für eine christliche Familie ein, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen war. Dann drohte ihr die Rücküberstellung nach Bulgarien – wo viele Asylberechtigte den Winter auf der Straße verbringen müssen. Inzwischen erwartet die Familie eine ungewisse Zukunft: Sie versucht sich in den Libanon durchzuschlagen und hofft, dort auf Verwandtschaft zu treffen.
Werfenweng. Werfenweng hat sich für die Aufnahme von Flüchtlingen vorbereitet und den Pfarrhof entsprechend adaptiert. Die Gemeinde hat ihren Beitrag geleistet und es kamen viele Sachspenden aus der Bevölkerung. So waren wir gerüstet und erfreut, dass wir neben einer 77-jährigen Frau und ihrem Neffen am 19. Mai 2015 eine Familie armenischer Christen aus Syrien aufnehmen konnten.
Es ging schnell, dass Beziehungen hergestellt wurden. Rafi, der 51-jährige Familienvater, war in Syrien Großhändler für Kraftfahrzeuge und Zubehör, seine Frau Apir ist eine tolle Hausfrau und Köchin. Die beiden Kinder – die fünfjährige Suzan und der sechsjährige Parkew – fanden schnell Anschluss an die Nachbarkinder und durften in Werfenweng in den Kindergarten und in die Schule gehen. Die Erfolge beim Erlernen der deutschen Sprache konnten sich sehen lassen.
Für Rafi haben wir eine Sommerarbeit über die Gemeinde Werfenweng organisieren können – dafür braucht es die Zustimmung von fünf Institutionen! Der Weg für eine positive Zukunft schien geebnet.
Ausweisung nach Bulgarien drohte
Doch dann kam eine Vorladung nach Thalham bei Wels mit der Begründung, dass die Familie mit einem Touristenvisum von Bulgarien legal nach Österreich eingereist sei und deshalb laut Dublin-III-Verordnung Bulgarien für das Asylverfahren zuständig sei.
Die Versorgung in den dortigen Auffanglagern ist allerdings äußerst mangelhaft. Familien erhalten schnell den Asylstatus, was dazu führt, dass fast alle umgehend obdachlos werden. Was das jetzt im Winter heißt, mag man sich kaum ausdenken. Mindestsicherung, selbst primitivste medizinische Versorgung, Bildung, ein Neustart sind unmöglich. Es folgten Berufungsschreiben, Zittern, Warten, Hoffen. Auch das außerordentliche Engagement zweier Rechtsanwälte konnte an der Misere nichts ändern. Der Fremdenpolizei, die mit vier Mann und drei Fahrzeugen um 5.30 Uhr nach Werfenweng kam, um die Abschiebung durchzusetzen, entkam die Familie nur durch Zufall, da sie zu diesem Zeitpunkt Bekannte besuchte.
Aufgrund eines Antrages auf freiwillige Ausreise konnte die Familie am 28. Dezember 2015 nach Armenien ausreisen, um sich von dort in den Libanon durchzuschlagen, wo sie hofft, auf Verwandtschaft zu treffen.
Gutachten und Unterschriften halfen nicht
Zur Vorgeschichte: Die Familie hat, nach drei Jahren Flucht im eigenen Land, ihre wenigen Ersparnisse einem Schlepper gegeben, um per Flugzeug nach Schweden ausreisen zu können und so den Kindern den gefährlichen Fluchtweg zu ersparen. Der Schlepper besorgte Papiere mit einem bulgarischem Visum, die Reise endete am Flughafen Wien, die Familie kam nach zwei Tagen nach Traiskirchen und von dort aus nach Werfenweng.
Die Bevölkerung von Werfenweng hat nach Bekanntgabe der Abschiebungspläne durch rund 300 Unterschriften dokumentiert, dass sie will, dass die Familie, die sich gut integriert hat, im Ort bleibt. Berufungen bei den höchsten Gremien blieben wirkungslos. Unberücksichtigt blieben selbst medizinische, auch psychiatrische Gutachten über das Trauma, das die Familie durchlitten hat – Haus vom IS besetzt, von Assads Militär als Vergeltung mit Leichen übersät, Folgeschäden für die Entwicklung der Kinder bei erneuter Flucht. Wer bis dato seinen Glauben an die Rechtsprechung nicht verloren hat, zögert nun keinen Augenblick mehr.
Verantwortliche beteuern Ohnmacht
Die Enttäuschung ist nicht in Worte zu fassen. Jeder Verantwortliche sagt vollmundig, dass er für Menschlichkeit sei, wenn ihn nur irgendein Scheinwerfer anstrahlt, um dann nach salbungsvoller Wortspende definitiv nichts zu tun. Unsere Bemühungen blieben erfolglos, die Flüchtlingsfamilie ist in einer unsicheren Situation und wir konnten nicht helfen. Das ganze Jahr über skandieren die Verantwortlichen aller Couleur im Namen der Barmherzigkeit der Not Abhilfe zu schaffen, um dann bei einem konkreten Hilferuf der Ehrenamtlichen Betroffenheit und Ohnmacht zu beteuern und dort nicht zu helfen, wo die Not am größten ist. Die Vertreibung der Heiligen Familie reicht bis in unsere Tage.
Pfarrgemeinderat Werfenweng