Friede auf Erden den Menschen guten Willens

„Ein Kind ist uns geboren“, so steht es beim Propheten Jesaja (vgl. Jes 9,6). Der ersehnte Messias wird als Kind erwartet. Zuletzt aber sandte Gott seinen Sohn, in ihm wird Er – der Unnahbare – selbst Kind, geboren von einer Jungfrau in Bethlehem, unweit der Heiligen Stadt Jerusalem. Ein Perspektivenwechsel, der größer nicht sein könnte, fast Zumutung. Gott gibt den Blick in sein Inners-tes frei. Gottes Herrlichkeit offenbart sich; lässt nicht mehr erschrecken. Der Allmächtige steigt vom hohen Thron, blickt mit den Augen eines Kindes auf und in diese Welt. Der Blick von Kinderaugen weckt das in uns schlummernde Kind. Unmittelbar verspüren wir den Wunsch mit dem kleinen Erdenbürger zu kommunizieren; lächelnd um ein Lächeln zu werben. Zu allermeist gelingt dies auch: so stellt sich hellste Freude ein.
„Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich eingehen,“ (Mt 18,3) sagt Jesus. Kinder zeigen uns den Himmel. Sie zeigen auch, wie weit wir davon entfernt sein können.
Ein Anblick ist tief in meine Erinnerung eingegraben. Es geschah im heurigen Jahr in Aleppo – eine Stadt im Bombenhagel, Rauchschwaden hängen noch in der Luft. Da wird aus dem Trümmerhaufen ein Kind getragen; der kleine Körper voll über mit Staub. Der Junge hat das Bombardement überlebt; apathisch sitzt er auf einem roten Plastiksessel: er schreit nicht, weint nicht. Die Hand wischt sich über das staubbedeckte Antlitz; blutbedeckt sucht er diese am Stuhl abzuwischen. Aber sein Blick! Ich kann ihn nicht deuten. Mir erscheint er furchtbar leer – trifft mich. Ohnmacht, Unverständnis stellen sich ein. Unwillkürlich wird man an die Frage Jesu erinnert: „Mit wem soll ich diese Generation vergleichen?“ (Mt 11,16)
Weihnachten ist das Fest des Friedens für alle Menschen guten Willens. Was können wir tun? Was drängt uns, angesichts einer wundersamen Friedensbotschaft und der Realität eines Menschen verachtenden Krieges?
Unser Beitrag: Guter Wille – und beten!
Unser Beitrag mag klein erscheinen, ist aber unverzichtbar:
Erstens: Den guten Willen erneuern! Der heilige Franziskus ermahnt seine Brüder: „Und wenn wir sehen oder hören, dass Menschen Böses sagen oder tun oder Gott lästern, dann wollen wir Gutes sagen und Gutes tun und Gott loben, der gepriesen ist in Ewigkeit.“ Gott allein ist gut.
Zweitens: Beten! Die Schrift bezeugt: Als Jesus auf Erden wandelte, brachte er Gebete und Bitten vor Gott. Und er ist erhört worden. (vgl. Hebr. 5, 7) Menschen in Not spüren, wenn für sie gebetet wird. Vor einiger Zeit war der Bischof von Aleppo in Österreich und er hat berichtet über das fürchterliche Geschehen in seiner Heimat. Auf die Frage, wie wir helfen können, antwortete er: „Betet für uns! Wir brauchen diese Hilfe.“
Beten macht demütig und offen für andere. Es schärft in uns das Gespür, wo heute leere Krippen noch zu finden sind. Krippen, die da stehen für die Sehnsucht vieler Menschen nach Frieden; für Hoffnung jener, die verzweifelt sind und für die, die Freude ersehnen, aber trauern und trostlos leben müssen. All diesen gilt die wunderbare Botschaft von Weihnachten zuerst: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. …Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.“ (Lk 2,11f.)
Gesegnete und frohe Weihnachten!
Ihr Erzbischof