„Es braucht mehr Aufmerksamkeit für Menschen in seelischer Not“

SALZBURG (eds) / Suizid ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Im Jahr 2021 nahmen sich 1.099 Menschen in Österreich das Leben, 70 davon in Salzburg. Das sind dreimal so viele Suizidtote wie Verkehrstote. Darauf macht die Telefonseelsorge der Erzdiözese Salzburg im Vorfeld des Welttags zur Suizidprävention am 10. September aufmerksam. Hilfe für Menschen mit seelischen Problemen gibt es unter der Notrufnummer 142.
Ein größerer Teil der Suizide wird direkt oder indirekt angekündigt: „Ich wäre froh, wenn alles vorbei wäre.“ Oder: „Am liebsten würde ich einschlafen“. Manchmal werden solche Sätze im Kontakt mit der Telefonseelsorge fast beiläufig eingestreut. „Da gilt es besonders aufmerksam und hellhörig zu sein, “ sagt Mag. Gerhard Darmann, der Leiter der Telefonseelsorge Salzburg. Es brauche Mut, die Suizidgedanken anzusprechen, auf die anrufende Person einzugehen, Beziehung und Vertrauen zu schaffen. „Die Frage nach dem Warum drängt sich zwar immer wieder auf, sie befördert aber eher einen Rechtfertigungsdruck und behindert den Beziehungsaufbau“, betont Darmann.
Ansprechen der Suizidgedanken hilft
Laut dem Experten halte sich hartnäckig der „Mythos“, mit dem Ansprechen bringe man jemanden erst auf „schlechte Gedanken“. „Das Gegenteil ist der Fall: Wer sich in einer verengten Situation befindet, für den ist es sehr entlastend, sich alles von der Seele reden oder schreiben zu können“, sagt Darmann. Die Erfahrung in der Telefon- und Onlineberatung bestätigt das wie diese beiden Aussagen zeigen: „Das hat mir gutgetan, dass ich Ihnen alles so sagen habe können.“ Oder: „Danke, dass Sie meine suizidalen Gedanken aushalten!“
Hilfe für Angehörige unter 142: Suizide hinterlassen Schuldgefühle
Menschen, die in ihrem privaten Umfeld mit Suizid konfrontiert werden, erleben das als große seelische Wunde. Angehörige belasten häufig Schuldgefühle, sie meinen, zu wenig getan oder suizidale Signale im Vorfeld übersehen zu haben. Auch hier bietet die Telefonseelsorge ihre Unterstützung an.
Suizidgedanken sind auch Thema bei den Jungen
„Suizidalität ist eines der häufigsten Themen in der Telefon- und Chatberatung der kids-line. Die Kinder und Jugendlichen äußern häufig den Wunsch ‚einfach nicht mehr da sein zu wollen‘, wenn ihnen alles zu viel wird und sie in ihrem Umfeld nicht die Unterstützung finden, die sie brauchen“, sagt Mag. Katja Schweitzer von der kids-line Koordination. Wichtig sei es, den Kindern und Jugendlichen einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem auch die Suizidgedanken ihren Platz haben dürfen. Und: „Suizidgedanken und Suizidhandlungen sind nicht gleichzusetzen. Erst wenn es die Möglichkeit gibt, offen über die Gedanken zu sprechen, kann der Handlungsdruck abnehmen. Entscheidend dabei ist die Erfahrung, nicht länger allein damit zu sein.“
Telefonseelsorge als Suizidprävention entstanden
Die Gründung der Telefonseelsorge hängt eng mit der Suizidprävention zusammen. „Ruf mich an, bevor du dir das Leben nimmst!“ Dieses Inserat von Chad Varah in einer Londoner Zeitung aus dem Jahr 1953 markiert den Beginn von „Telefonseelsorge“ in Europa. In Deutschland startet die Telefonseelsorge 1956 als „Lebensmüdenberatung“. Durchgesetzt hat sich aber der Begriff der Telefonseelsorge. In Österreich entstehen zwischen 1966 und 1985 Telefonseelsorge-Stellen in allen Bundesländern.
Telefonseelsorge Österreich: anrufen, mailen, chatten
Die Telefonseelsorge bietet das Gespräch an – bei Tag und bei Nacht. Einfach die Nummer 142 wählen. 2021 wurden österreichweit mehr als 160.000 Gespräche geführt, von rund 800 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen.
Schreiben tut der Seele gut. Man kann sich auch an die Mail- und Chatberatung der Telefonseelsorge wenden. www.ts142.at oder www.telefonseelsorge.at
Telefonseelsorge Salzburg: 18.191 Gespräche
Im Jahr 2021 wurden in der Telefonseelsorge Salzburg gemeinsam mit den Außenstellen im Pinzgau und Lungau 18.191 Gespräche geführt.
- Seit 1978 bietet die Telefonseelsorge der katholischen und evangelischen Kirche Salzburg unter 142 kostenlose, vertrauliche und anonyme Beratungsgespräche an, ganzjährig, bei Tag und bei Nacht, auch an Sonn- und Feiertagen.
- 1998 kommen zwei regionale Außenstellen im Pinzgau und Lungau dazu.
- 1999 wird die Telefonseelsorge mit der Organisation und Durchführung der kids-line betraut.
- 2012 startet die Mailberatung, 2016 die Chatberatung. Beides in Kooperation mit der Telefonseelsorge Österreich.
- Insgesamt arbeiten 120 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen in der Telefonseelsorge Salzburg, Pinzgau und Lungau sowie in der Onlineberatung mit.
- Infos zur Telefonseelsorge unter: www.ts142.at
Kids-line Salzburg: Telefon- und Onlineberatung
- Am 18. Oktober 1999 startet die kids-line mit ihrem Angebot der Telefonberatung: Kinder und Jugendlichen haben die Möglichkeit, kostenlos, anonym und vertraulich unter der Telefonnummer 0800 / 234 123 über ihre Probleme zu reden.
- 2017 kommt mit der kids-line Chatberatung dazu. Erreichbar unter www.kids-line.at
- Das Land Salzburg und die Stadt Salzburg übernehmen die Finanzierung, die Telefonseelsorge stellt die Infrastruktur bereit und ist für die Durchführung verantwortlich.
- 65 ehrenamtliche Berater*innen der kids-line sind täglich von 13 bis 21 Uhr erreichbar, auch an Wochenenden und Feiertagen.
- Infos zur kids-line: www.kids-line.at
Neue überregionale Ausbildung zur Telefon- und Online Beratung
Start der Ausbildung für Salzburg, Pinzgau und Lungau ist im Herbst 2023, Abschluss im Juni 2025. Interessierte können sich bis 31. Mai 2023 melden. Infos unter www.ts142.at