Es braucht eine Welt-Klimapolitik

SALZBURG (kap/eds - 1. 8. 2018) / Für eine ambitionierte Welt-Klimapolitik, die die Pariser Klimaziele ernst nimmt und auf eine weltweite CO2-Besteuerung abzielt, hat der Klimaforscher Ottmar Edenhofer votiert: „Bislang haben wir den Einstieg in eine solche Klimapolitik verfehlt.“ Es gebe zwar eine „blühende politische Rhetorik“, aber bei den konkreten Umsetzungen wie den Verhandlungen zu einer CO2-Besteuerung komme man kaum voran. Durch ordnungspolitische Maßnahmen werde man in der Klimapolitik nicht weiterkommen, vielmehr sei „der wohl beste Weg, die Subventionen für fossile Energien abzubauen und die CO2-Preise zu erhöhen“. Die Menschheit müsse sich die Frage stellen, „ob sie das planetarische Tafelsilber weiter verscherbeln will, oder ernsthaft Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln“ übernehmen wolle.
Edenhofer äußerte sich bei einem Vortrag am Dienstag bei den „Salzburger Hochschulwochen“, die heuer unter dem Thema „Angst?“ stehen. Noch bis Sonntag referieren und debattieren hochrangige Wissenschaftler, Philosophen und Theologen mit rund 800 Teilnehmern bei dieser ältesten deutschsprachigen Sommeruniversität in Salzburg.
„Was will Europa sein?“
Als eine nicht zu unterschätzende Gefahr auch für die Klimapolitik bezeichnete Edenhofer den auf rein nationalstaatliche Eigeninteressen fokussierten Populismus. Dieser Populismus fordere „uns heute im Ganzen“, insofern er nach einer großen Antwort verlange: „Was will Europa sein?“ Das Christentum in Europa erlebe er gerade nicht als „weltanschaulichen Trachtenverein“, wie dies der Populismus suggerieren möge, sondern als wichtigen Kooperationspartner im Ringen um eine nachhaltige Weltklima-Politik. Dessen stärkster Player sei derzeit Papst Franziskus, dessen Enzyklika „Laudato si“ Edenhofer erneut wie schon am Vortrag lobte.
Konkret zeige die Enzyklika etwa bei der Frage des Privateigentums einen interessanten Ausweg bzw. neuen Denkansatz, unterstrich Edenhofer: Denn das Problem bestehe schließlich darin, dass man mit einer Politik, die auf die Eindämmung von Kohle-, Gas- und Ölförderung abziele, die Eigentumsrechte all jener antasten würde bzw. diese entwerten würde, die genau diese Rechte auf Öl, Gas und Kohle besitzen. Hier zeige die katholische Lehre aus „Laudato si“, dass es zwar einen weiterhin berechtigten Anspruch auf Privateigentum gebe, dieses jedoch mit einer „sozialen Hypothek“ belastet sei, „damit all Güter der allgemeinen Bestimmung dienen, die Gott ihnen zugeteilt hat“ (Laudato si, 93). Es gebe gewissermaßen eine „universale Widmung“ dieser Güter - dies sei die „erste sozialethische Botschaft“ der Kirche, die zugleich „revolutionäres Potenzial“ besitze, so Edenhofer.
Vor diesem Hintergrund sei es „unsere Aufgabe, unmissverständlich klar zu machen, dass es um die Würde des Menschen geht“. Dies sei die Aufgabe auch in der Klimapolitik: Deutlich zu machen, dass es um das Gemeinwohl aller geht und nicht um die Vorrechte einzelner. „Und wir sollten uns nicht den Luxus gönnen, auf bessere Zeiten zu warten - sondern diese besseren Zeiten jetzt herbeiführen“, so der Appell des Potsdamer Klimaforschers. Denn wenn man zuwarte, bis eventuell weitere Klimaschäden auftreten, sei es zu spät, um gegenzusteuern: Die Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre, der Wälder, der Ozeane, des Bodens sei begrenzt - und Schäden daran „irreversibel“.
Sommerfest und Theologischer Preis
Höhepunkte der Hochschulwoche sind u.a. die Verleihung des renommierten „Theologischen Preises“, der heuer am 1. August an den Sozialphilosophen Hans Joas geht, die Verleihung der Publikumspreise, der akademische Festakt mit dem „Zeit“-Journalisten Bernd Ulrich am 5. August sowie – als kultureller Höhepunkt – ein Sommerfest samt Talk-Runde mit dem Salzburger Erzbischof Franz Lackner, Festspielpräsidentin Helga-Rabl-Stadler und dem Schauspieler Johannes Silberschneider am 2. August im Bischofsgarten. Das Fest startet um 17:30 Uhr. Anmelden kann man sich unter: office-shw@sbg.ac.at
Den liturgischen Abschluss der Hochschulwoche bilden ein Gottesdienst im Salzburger Dom am 5. August mit dem Baseler Bischof Felix Gmür.
Tradition seit 1931
Die „Salzburger Hochschulwochen“ fanden 1931 zum ersten Mal statt. Ihr Ziel ist es, ein universitäres, interdisziplinäres Forum zu bilden, in dem sich die Theologie dem Dialog über aktuelle Fragen mit säkularen Wissenschaften stellt. Jährlich locken sie bis zu 800 Interessierte aus dem gesamten deutschen Sprachraum nach Salzburg. Die Veranstaltung wird in Kooperation mit der Salzburger Äbtekonferenz der Benediktiner, dem Katholischen Hochschulwerk Salzburg, der Görres-Gesellschaft, der Katholischen Akademikerverbände Deutschlands und Österreichs sowie dem Forum Hochschule und Kirche der Deutschen Bischofskonferenz organisiert.
Seit zwei Jahren sind die Hochschulwochen eine Veranstaltungsreihe der Theologischen Fakultät und als solche integriert in die Universität Salzburg. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at)