Erzbischof Lackner: "Ein Priester muss nicht alles schaffen"

SCHWERTE (kap) / Ein Priester muss weder alles allein schaffen können, noch allein den Heilsweg Gottes repräsentieren: Das hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in seinen Eröffnungsworten der "Dreiländer-Tagung" über die Zukunft des priesterlichen Dienstes in der Kirche betont. Trotz Debatten rund um Zölibat und Missbrauch brauche die Kirche auch weiterhin Priester, damit sie "lebbar und erlebbar bleibt", so Lackner. Noch bis Freitag diskutieren im Rahmen der Online-Tagung, die im Kontext des deutschen Reformprozesses "Synodaler Weg" steht, Referentinnen und Referenten die Frage, welche Folgen die Missbrauchskrise und der "Relevanz- und Akzeptanzverlust" der Kirche für den Dienst des Priesters haben. Zu Wort kommen u.a. der Prager Theologe Tomas Halik, P. Klaus Mertes und die Theologin Julia Knop.
Für die Kirche verwendete Lackner u.a. das Bild eines "organischen Ganzen, vergleichbar mit einem Baum oder Fluss", bei dem bestimmte Elemente nicht veränderbar seien. Bei einem Fluss dürfe etwa die Quelle - für Lackner ein Bild für Priester - nicht versiegen, trotzdem seien die "Zuflüsse unserer Zeit", wie etwa die Debatte um ein zeitgemäßes Priesteramt, von hoher Bedeutung.
Aktuell brauche es Priester, die auch Laien die Möglichkeit geben, ihr Charisma einbringen zu können, so der Salzburger Erzbischof in seinem vorab aufgezeichneten Vortrag zum Thema "Das Geistliche Amt in einer Kirche, die sich wandelt". Im Gegenzug müssten aber auch "die Laien in Sorge sein, dass die Priester Priester sein können. Dieses gute Zueinander ist wichtig".
Missbrauch braucht Reue, Sühne und Wiedergutmachung
Das Priesteramt sowie das Bild der Priester haben nach Ansicht Lackners in den letzten Jahren besonders unter den Missbrauchsfällen innerhalb der Kirche gelitten. Der Bischof verurteilte diese als "große Untaten kirchlicher Verantwortungsträger" und "abscheuliche Verbrechen". Und weiter: "Darüber wird man sich auch in Zukunft zu schämen haben, so wie wir uns über die Untaten, die Kreuzzüge, die Inquisition und Hexenverbrennung und anderes mehr heute auch noch schämen wollen."
Dringend notwendig seien "Reue, Sühne und Wiedergutmachung", sowie kirchliche Investitionen in Ausbildung und Persönlichkeitsbildung der Priester. Positiv strich Lackner weisungsfreie Ombudsstellen, Missbrauchskommissionen und professionelle psychologische Hilfe hervor.
Im Zeichen der gemeinsamen Verantwortlichkeit ermutigte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz alle Priester, "sich anklagen zu lassen, auch für Taten, die sie selbst nicht begangen haben". Zudem sei die Kirche bis heute bereit, sich für schwere Verfehlungen früherer Epochen anklagen zu lassen: "Wir stehen in einer gemeinsamen Verantwortlichkeit, von der sich niemand im kirchlichen Dienste dispensieren darf."
Online-Tagung mit Wiener Beteiligung
Die coronabedingt online durchgeführte Tagung unter dem Titel "Gestaltwandel des Priesterlichen. Verortung des Leitungsdienstes in einer sich wandelnden Kirche" wird von der Katholischen Akademie Schwerte in Kooperation mit der Paulus Akademie Zürich, der Wiener "Akademie am Dom", dem Sozialinstitut Kommende Dortmund sowie dem Klaus-Hemmerle-Forum organisiert.
Prälat Dr. Peter Klasvogt, Direktor der Katholischen Akademie Schwerte, eröffnete die Tagung u.a. mit dem Hinweis, dass der Priester eine doppelte Aufgabe habe: Er solle sich einerseits zurücknehmen und dafür sorgen, dass andere zum Zug kommen und Platz in der Kirche finden, andererseits müsse er Türen öffnen und an Peripherien gehen; wie auch Papst Franziskus immer wieder einfordere. Es folgten schließlich Online-Vorträge von der Erfurter Theologin Prof. Julia Knop ("Amt und Würden, Macht und Dienst" und vom Prager Theologen und Philosophen Prof. Tomas Halik ("Quelle der Spiritualität und des Dialogs").
Am Donnerstagnachmittag stehen Fragen der "Kirchenvision und Kirchenorganisation" im Fokus sowie Berichte aus den bisherigen "Synodalen Versammlungen" des deutschen "Synodalen Weges". Am Freitag geht es um Fragen der Leitungskultur in der Kirche. Den Abschluss bilden zwei Vorträge vom Paderborner Domvikar Rainer Hohmann und vom Leiter der Hauptabteilung Pastoral der Diözese Hildesheim, Christian Hennecke sowie ein abschließender "weltkirchlicher Ausblick" von Amazonas-Bischof Bernardo Johannes Bahlmann.
Theologen werben für neues Priesterbild
Das Bild von Priestern in der katholischen Kirche muss sich nach Einschätzung von Theologen verändern. Heute und in Zukunft werde es "immer mehr Möglichkeiten geben, Christ zu sein", sagte der Prager katholische Priester Tomas Halik am Donnerstag bei einer Online-Tagung der Katholischen Akademie Schwerte in Kooperation mit Akadmien aus Österreich und der Schweiz. Thema ist die Zukunft des priesterlichen Dienstes in der Kirche. Es brauche es auch neue Wege, um Priester zu werden - über die gleichförmigen Ausbildungen an Priesterseminaren hinaus, forderte der Theologe.
Priester sollten "Diener der menschlichen Freude" sein, betonte Halik. Die Kirche dürfe ihrerseits nicht nur ein "Raum des Gedächtnisses" sein, sondern müsse Solidarität üben: etwa mit Menschen, die nicht gläubig seien, die in ihrem Glauben oder im Leben erschüttert worden seien oder die Missbrauch erfahren hätten. Seelsorger müssten sich auch mit ihren eigenen Zweifeln und Ängsten befassen, um anderen mit Offenheit begegnen zu können.
Knop: Priesteramt anders verstehen
Die Erfurter Theologin Julia Knop erklärte, dass die Kirche weiterhin vielfach von Standesdenken geprägt sei. In Priesterseminaren könne weiterhin Standesdünkel entstehen, auch wenn dieser gesellschaftlich überholt sei. Zudem bildeten sich dort häufig Abhängigkeiten, eine "Immunisierung der Institution nach außen", aber auch eine Immunisierung des Einzelnen gegenüber Kritik. Die Zahl der Priester-Anwärter sinke, obwohl eine Überhöhung des Amtes lange forciert worden sei. Auch das spreche aus ihrer Sicht dafür, das Amt anders zu verstehen.
Ein solches Standesdenken habe sich bisweilen während des coronabedingten Lockdown offenbart, sagte Knop. Das Denken in einer solchen Logik führe zu dem Schluss, dass Gottesdienste stattfinden müssten - notfalls auch ohne Gläubige. Wer dagegen stärker die dienende Funktion des Priesteramtes im Blick habe, sage: "Keine Eucharistiefeier ohne Gläubige."
Die Kirche brauche zwar Leitung, diese müsse sich aber in der Realität bewähren, mahnte Knop. Auch sollten die Kriterien, nach denen Macht als Dienst formuliert werde, nicht dem Ermessen Einzelner überlassen werden.
Die Tagung zum Thema "Gestaltwandel des Priesterlichen" endet am Freitag. Sie wird von der Katholischen Akademie Schwerte in Kooperation mit der Paulus Akademie Zürich, der Wiener "Akademie am Dom", dem Sozialinstitut Kommende Dortmund sowie dem Klaus-Hemmerle-Forum organisiert.