Er regt zum Glauben-Denken an
Wenn Martin Dürnberger mit seinen Studierenden über Systematische Theologie spricht, tut er das oft in Vergleichen. So bringt er den Philosophen Friedrich Nietzsche mit der britischen Pop-Gruppe Coldplay zusammen. Für seine Lehrmethoden hat ihn das Bildungsminis-terium ausgezeichnet. Sein Credo: „In der Kirche bewegt sich viel. Junge Theologen sollen lernen, zu jonglieren.“
Michaela Hessenberger
RB: Das Skript Ihrer ausgezeichneten Lehrveranstaltung ist zum Buch geworden. Darin wollen Sie zum Nachdenken über den Glauben anleiten. Ist der Glaube denn noch zeitgemäß?
Dürnberger: Religion verschwindet nicht aus unserer Gesellschaft. Es gibt Dinge in unserer Welt, die so gut sind, dass sie nicht verbessert werden können. Und es gibt Dinge, die so schlecht sind, dass Menschen Wege suchen, mit diesen Tragödien umzugehen. Ob schön oder hässlich, wir Menschen müssen uns dazu verhalten. Und wir Christen haben hier im Letzten die Hoffnung auf einen rettenden Gott.
RB: Wird denn auch die Theologie bleiben?
Dürnberger: Ja, denn religiöse Menschen brauchen von Zeit zu Zeit auch das Akademische, das Philosophisch-Religiöse und die Chance, systematisch darüber nachzudenken. Wir Christen haben ja eine Tradition von 2.000 Jahren, in der die klügsten Köpfe über Gott und die Welt nachgedacht haben. Universitäten bieten auch heute den Ort und die Zeit zum Denken. Wichtig ist für mich aber, dass Denken auch Spaß machen darf – man darf dem, was einen anregt, folgen.
RB: Sie sind für Ihre kreativen Ansätze bekannt. Für diese haben Sie den Ars-docendi-Preis für hervorragende Lehre erhalten.
Dürnberger: Meine Kombinationen aus Alt-Bewährtem und Modernem kommen offensichtlich gut an, was mich freut – und was vor allem dem Fach dient. Da lasse ich etwa Friedrich Nietzsche ein Lied von Coldplay aus dem Jahr 2008 hören, das ihm aufstößt. Denn er verwehrt sich dagegen, dass das Leben etwas anderes als Chaos ist, er sagt, dass es sich nicht um den einzelnen Menschen schert – anders, als im Lied kitschig besungen. Auch wenn die Briten nicht von Gott singen, bringt ihr Text ihn zum Kochen.
RB: Apropos Gott: Wie kann man ihn wissenschaftlich und verständlich beweisen?
Dürnberger: Gottesbeweise sind philosophisch und theologisch gesehen etwas sehr Spannendes – bis heute! Doch all die Gottesbeweise sagen nicht aus, wie dieser Gott ist. Für mich kommt die Erfahrung von Vertrauen an erster Stelle, wenn es um den Glauben an Gott geht. Dazu gesellt sich ein bisschen Trotz, dass diese Welt nicht alles sein kann.
RB: Worauf kommt es Ihnen an, wenn Sie Studierende nach der Uni in ihr Leben entlassen?
Dürnberger: Sie sollten die Basics der Theologie draufhaben. Manches muss man einfach wissen. Ich möchte Studierende aber auch in die Lage versetzen, selbst Antworten auf Herausforderungen zu suchen. Improvisieren und jonglieren gehören heute in der Kirche dazu. Die Kunst wird sein, souverän spielerisch mit neuen Herausforderungen umzugehen.
RB: Wie macht man als junger Professor weiter, wenn man einen Staatspreis erhalten hat?
Dürnberger: In erster Linie unbeeindruckt weiter. Wichtig ist, dass die Lehre weiterhin Freude macht. Aus dieser Haltung heraus habe ich ja auch mein Vorlesungs-Skript zum Buch gemacht.
Zur Person: Martin Dürnberger ist Professor für Fundamentaltheologie und Ökumenische Theologie am Fachbereich Systematische Theologie an der Universität Salzburg. Außerdem leitet der gebürtige Oberösterreicher, Jahrgang 1980, die Salzburger Hochschulwochen (Thema 2020: Du musst dein Ändern leben“).
Dürnberger gewann mit dem „Ars Docendi 2018“ den Staatspreis für exzellente Lehre in der Kategorie „Forschungs- und kunstgeleitete Lehre, insbesondere die Förderung von kritischem Denken, Dialogorientierung, Methodenkompetenz“. Sein Konzept: „Theologie und Glaube I&II – ein postsäkulares Theorielabor“.
Bild: Ausgezeichneter Professor: Martin Dürnberger konnte den „Ars docendi“-Preis an die Universität Salzburg holen. Sein Vorlesungs-Skript ist nun zum Buch geworden.
Bild: RB/mih