Er ist nicht hier, er ist auferstanden!

So ergeht es nicht nur uns nach 2.000 Jahren, das war schon von Anfang an das Problem! Selbst die Jünger – die hätten es wissen müssen, denn Jesus sprach dreimal ganz ausdrücklich von seinem Leiden, Sterben und Auferstehen. Dennoch hielten sie es für ein Geschwätz, als die Frauen von ihrer Erfahrung am leeren Grab erzählten.
Es versteht sich, dass es von Anfang an Gegenstimmen gab, zuweilen in sehr grober Form: Der Leichnam wurde gestohlen, war eine Erklärung. Selbst bis auf den heutigen Tag und bis in die höchsten intellektuellen Kreise hinein wird dem Auferstehungsglauben Widerstand geleistet: Die „Sache Jesu geht weiter“, sein Anliegen und Bemühen, nicht jedoch seine leibwirkliche Existenz. Auferstehung ganzheitlich, leiblich verstanden, können und wollen wir uns nicht vorstellen. Infolgedessen kann es so etwas wie eine Verklärung aller irdischen Wirklichkeit, im Sinne eines Aufgehoben-Seins der ganzen menschlichen Existenz in Gott nicht geben.
Was ist dagegen zu sagen? Ganz einfach: Das Zeugnis der Frauen und Jünger vom Grab. Im Evangelium des Ostersonntages ist zu hören, dass beide Jünger, Petrus und Johannes, zum Grab gelaufen waren und Petrus als Erster das Grab betreten hatte. Dann ging auch der andere Jünger hinein; und es heißt: „Er sah und glaubte!“ (Joh 20, 8) Man könnte fragen, was sah er? Die Antwort muss wohl lauten: Nichts, ein leeres Grab mit einigen Leinenbinden. Und das soll ausreichen, um zu glauben? Offensichtlich! Denn der Glaube nährt sich aus einer anderen Quelle. Da ist es mit unserer Vorstellungskraft vorbei! Hier ist Demut angesagt! Der Apostel Paulus, der nicht am Grab Jesu zum Glauben gekommen ist – und dennoch stammt von ihm das erste schriftlich niedergelegte Auferstehungszeugnis – spricht diese Glaubensquelle im Römerbrief an: „Der Glaube kommt vom Hören.“ Dazu fügt sich sehr gut die rabbinische Weisheit: „Der Mensch soll hören, das Verstehen kommt später!“
Der Auferstehungsglaube hat alle Anfeindungen, Infragestellungen und Banalisierungstendenzen überstanden, allein dadurch, weil Christen und Christinnen diesen Grabesort in ihrem Leben, in der Kirche, aufgesucht und betreten haben und die Leere nicht als gähnenden Abgrund erfahren haben, sondern als Offenheit, als ein Hörendwerden auf die Botschaft der Frauen und Männer von damals: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“ Das heißt: Hören und glauben.
Die Kirche hat im Laufe ihrer langen Geschichte wahrlich nicht immer alles richtig gemacht, aber sie hat eines immer getan; sich selbst als ein leeres Grab verstanden mit einer sehnsüchtigen Offenheit auf diese wunderbare Botschaft von Ostern und sie bezeugt: „Wir haben den Herrn gesehen! Er ist auferstanden!“
Liebe Leserinnen und Leser des Rupertusblattes! Dieses hohe Gut, diese Gabe Gottes, ist nun uns anvertraut! Nehmen wir unsere besten Kräfte zusammen, um in der Schlichtheit des Herzens das zu bezeugen, was Kirche in ihrem inneren Wesen ausmacht:
DER HERR IST WAHRHAFT AUFERSTANDEN!
Franz Lackner
Erzbischof von Salzburg