Epiphanie
Liebe Brüder und Schwestern!
Wenn es um wichtige Texte geht, die große Dinge regeln oder anpreisen, hört man immer wieder sagen, man müsse auch das Kleingedruckte lesen. Denn unsere Interessensanlage hat auch blinde Flecken und Winkeln. Das Wollen steht oft so sehr im Vordergrund, dass man nicht bedenkt, was es in der ganzen Bandbreite bedeutet, wenn dieser Wille auch erfüllt wird. Dazu ein kleines Beispiel: Kürzlich wurde in den Medien berichtet, dass in der schweren Zeit der Pandemie bei vielen Menschen der Wunsch nach tierischen Begleitern wach wurde. Ein kleines Hündchen, Kätzchen oder Meerschweinchen. Wie es heute so ist, Wünsche lassen sich auf Knopfdruck erfüllen; also gewünscht und getan. Und der tierische Freund/Freundin ist im Haus, wie lieblich, herzig. Aber mit der Zeit merkt man: der Freund braucht Zeit, Zuwendung und zwar regelmäßig, macht Mist und kostet Geld. Schließlich landen die Wunschwesen wieder im Tierheim.
Warum sage ich das? Weil es im gläubigen Leben, in der Theologie auch dieses Kleingedruckte gibt. In der Heiligen Schrift ist es auch so. Wir haben im Evangelium über die Heiligen drei Könige, die Weisen aus dem Morgenland gehört. Wir kennen diese Geschichte, bewundern sie in den Krippendarstellungen und können dieses Ereignis leicht nacherzählen. Hier beginnt nun die Schwierigkeit für den Prediger. Er weiß, dass die Geschichte bekannt ist; nur Nacherzählen ist zu wenig. Man muss einen anderen Zugang wählen. Der findet sich zumeist über das so genannte Kleingedruckte.
Als ich gestern von Wien kommend mich anschickte, die Predigt für heute vorzubereiten, da überkam mich fast so etwas wie eine Finsternis. Was soll, was muss ich sagen? Wie ich da vor mich hin sinnierte, in der Dunkelheit des Nichtwissens einfach ausharrte, sah ich auch kleine Sterne aufgehen, die mir auf der Suche nach den Predigtworten den Weg wiesen.
Der erste Stern: Die drei Weisen kamen von weit her. Sie hatten gewiss einen beschwerlichen Weg hinter sich, aber sie hatten – wie es heißt – seinen Stern aufgehen sehen. So machten sie sich auf den Weg, zum neugeborenen König. Und als der vor ihnen herziehende Stern vor einem Stall stehen blieb, da heißt es, sie, die drei Weisen, wurden von großer Freude erfüllt. Sie gingen in den Stall, sahen das Kind und seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Da leuchtete mir ein: diese von weit her gekommenen Männer wollten gar nichts von diesem neugeborenen König, sie hatten keine Erwartungen. Allein die Freude, den neugeborenen König zu sehen, ihm die Ehre zu geben war ihnen genug. Ich musste sogleich an Johannes den Täufer denken, an dem Jesus vorübergegangen ist, seine Jünger mitgenommen, ihn aber zurückgelassen hatte. Dieser Johannes spricht eines der schönsten Bekenntnisse: „Ich stehe daneben, ich höre seine Stimme und diese Freude ist für mich wirklich geworden.“ Die reinste Freude: Er ist da! Es gibt ihn, den so sehr Ersehnten! Das ist genug. Wie singen die Kinder im Kindergarten, wenn ein Kind Geburtstag hat: „Wie schön, dass du geboren bist, wir hätten dich sonst sehr vermisst…“ Dieses Kinderlied müssten wir auch dem Jesuskind singen. Die reine Freude, dass es dich, oh Jesus gibt.
Der zweite Stern: In diesem unaufdringlichen Lichtschein fiel meine Aufmerksamkeit auf das Wort „sie huldigten ihm!“ Ich dachte, huldigen ist ein Wort, das ich nie verwende. Was heißt huldigen überhaupt? Wenn ich biblische Ausdrücke besser verstehen möchte, dann schaue ich nach, ob dieses Wort auch an anderen Stellen vorkommt. Da wurde ich fündig. Im Psalm 118,1 steht geschrieben: „Dankt dem Herrn, denn er ist gut, denn seine Huld währt ewig.“ Nun gibt es verschiedene Übersetzungen. Einmal heißt es: „Dankt dem Herrn, …, denn seine Güte währt ewig“; oder „Dankt dem Herrn, …, denn seine Gnade währt ewig“. Huldigen hat seinen Sitz im Leben im Umgang in der Begegnung mit königlichen Majestäten. Die Weisen fallen nieder vor dem neugeborenen Kind; das stimmt, aber es gibt im Wortfeld „huldigen“ auch Kleingedrucktes, nämlich jenes Gnadenhafte, das eine tiefe innere Haltung ausdrückt. Ich huldige jemandem nicht aus Angst, Furcht oder aus Berechnung, sondern aus Ehrfurcht, aus Freude und Freiheit. Wir sprechen oft von unverdienter Gnade und meinen genau diese Haltung reiner Dankbarkeit. Gottes Huld ist Gnade, ist Güte, die ist erschienen in dem Kind von Bethlehem. Dem entsprechen die drei Weisen aus dem Morgenland. Sie sehen das Kind und seine Mutter, sie freuen sich, sie huldigen dem neugeborenen König und ziehen wieder des Weges. Von ihnen ist in der Heiligen Schrift weiter nicht mehr die Rede. Das erinnert mich an den greisen Simeon, der sein Leben lang gerecht und fromm lebte und als er den kleinen Jesus in seinen Händen hielt, hatte er sein Ziel erreicht und bekennt: „Meine Augen haben das Heil gesehen.“
Darum empfinde ich die Dreikönigsaktion der katholischen Jungschar als die authentische Entsprechung zu dem, was die drei Weisen bewog und getan haben. Die Dreikönigsaktion wird von Kindern durchgeführt. Kinder sind noch frei von Berechnungen, die später oft leitgebend sind bis ins kleinste Detail; Kinder sind gänzlich frei von Ideologien, sie bewerben nichts, allein die Freude mitzutun, treibt sie an. Liebe Kinder, so bringt ihr Schätze zu Armen und Bedürftigen und ihr huldigt damit in reiner Absichtslosigkeit dem göttlichen Kind. Euch gebührt heute Dank, Euch, Euren Begleitern, der kath. Jungschar, die dieses Werk der Barmherzigkeit alljährlich mit so viel Engagement und auch Freude durchführen. Die wunderbare Idee der Dreikönigsaktion ist das Kleingedruckte in einer systemisch groß und behäbig gewordenen Kirche. Danke! Vergelt´s Gott! Amen!