Ende oder Neubeginn

SALZBURG (eds/rb/Appesbacher - 11.11.2016) Am 13. November werden die Heiligen Pforten der Barmherzigkeit in den Pfarren der Erzdiözese wieder geschlossen. Prälat Dr. Mat-thäus Appesbacher war als „Missionar der Barmherzigkeit“ in unserer Erzdiözese unterwegs. Er zieht eine erste Bilanz.
Am 31. Oktober 2016 erhielt ich vom Pfarrgemeinderat Bürmoos einen Brief in dem Folgendes zu lesen war: „Ein Vergelt’s Gott für die … Festrede beim Gottesdienst (Anm.: vgl. Bericht im Rupertusblatt vom 9. Oktober über das 60-jährige Kirchweihjubiläum), besonders für die versöhnenden Worte im Auftrag des Erzbischofs Dr. Franz Lackner seitens der Amtskirche der Erzdiözese für die damalige Versetzung von Pater Felix OSB (1956), was der Pfarre sehr viel Leid zugefügt hatte. Für uns Bürmooser war das (Anm.: eben die jetzige Vergebungsbitte des Erzbischofs Franz …) ein großer Trost...“
Der äußerst verdienstvolle und beliebte, sozial engagierte Benediktinerpater Felix O. von Michaelbeuern wurde 1956 in eine ordenseigene Pfarre versetzt, weil Erzbischof Andreas Rohracher Bürmoos zur Diözesanpfarre erhoben hatte und mit einem Diözesanpriester besetzte. Dieser Verlust von P. Felix verwundete die Bürmooser zutiefst, ein großer Teil trat sogar aus der Kirche aus. Trotz vieler Bemühungen der Verantwortlichen auf beiden Seiten kam es nie zu einer wirklichen und ausdrücklichen Versöhnung. Ich sehe die jetzige Annahme der Vergebungsbitte als eine besondere Frucht und Gnade des Jubiläumsjahres. Dieses Jahr wird am 13. November äußerlich beendet. Der sichtbare Ausdruck dafür ist das Schließen der 17 Heiligen Pforten der Barmherzigkeit in unserer Erzdiözese. Aus den Augen aus dem Sinn?
Bevor diese 17 Gnadenorte aus unserem Blickfeld verschwinden, sollten wir in den Rückspiegel dieses Jahres schauen, aber auch nach vorne.
Der Blick in den Rückspiegel:
Was war das Jubiläumsjahr wirklich? War es nur ein „Projekt“, das man wieder als „erledigt“ abhaken kann? Im Bild gesprochen: War dieses Jubeljahr ein Sauerteig oder eine Nachspeise? Von den vielen Ereignissen, Erlebnissen, Geschehnissen, Erkenntnissen, die ich selbst und vier Mitbrüder – als „Missionare der Barmherzigkeit“ – erleben und dabei mitwirken durften, seien einige als Beispiele angeführt: Es waren Einkehrtage zum Jahresthema, Predigten bei Anbetungs- und Stundgebetstagen, verstärkter Beichtdienst in Jubiläumskirchen; Hilfe bei Sprachkursen und persönliche Begleitung von Flüchtlingen, Vorträge bei theologischen Abenden, mehrere 5- bzw. 8-tägige Exerzitien zum Thema „Die Geschichte der Entwicklung des alttestamentlichen und neutestamentlichen Gottesvolkes – Ausdruck und Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes“. Viele Besuche der Heiligen Pforten, persönlich und in Gruppen, haben stattgefunden…. Im Gespräch (auch) mit (kirchlichen) Leuten habe ich beides erlebt: solche, die mit „Jubiläumsjahr“ nichts anfangen konnten bis zu jenen, die sich mit dem Partner, dem Nachbar, oder auch der Kirche versöhnt haben.
Der Blick nach vorne:
Was steht an? Sollen – ja müssen wir nicht jede(n) Einzelne(n) noch viel tiefer in das Wesensverständnis und in die Heilungskraft der Barmherzigkeit glauben lernen? Soll nicht das Wohlwollen noch konkreter unser Reden und Handeln prägen und verändern? Fördern statt fordern? Ist nicht eine Entgiftung des Klimas in unseren Alltagsbeziehungen angesagt (Stichworte: „Barmherzigkeit auf der Zunge“, die „Entgiftung der Gedanken“ …)? Sollte nicht der diözesane Erneuerungsprozess bis 2018 in allen Phasen und Projekten bewusst unter dem Vorzeichen „Barmherzigkeit“ laufen?
Prälat Dr. Matthäus Appesbacher
<link file:46383 _blank>Die Predigt zum Nachlesen finden Sie fier