Einheit in der Vielfalt

Krakau. Ein buntes Spektakel sind die katholischen Weltjugendtage schon immer gewesen, in diesem Jahr lag das mitunter auch am Wetter. Die Regencapes aus dem Pilgerrucksack oder vom Straßenhändler in Gelb, Rot, Blau waren der große Gleichmacher, verhüllten Teenager in Hotpants ebenso wie junge Nonnen und Mönche in langen Ordenstrachten unter dem ernsten Blick der heiligen Krakauer Schwester Faustyna (1905–1938), die von vielen Plakaten auf sie herabschaute. Hunderttausende Menschen aus mehr als 180 Ländern feierten und beteten sechs Tage lang in der zweitgrößten Stadt Polens, begleitet von hohen Sicherheitsvorkehrungen. Mehr als 38.000 Sicherheitskräfte wurden nach offiziellen Angaben alleine für die Abschlussmesse in Brzegi südöstlich von Krakau aufgeboten.
Für viele war der Weltjugendtag vor allem ein internationales Glaubensfest. Kreuz und quer zogen sie in Gruppen durch die Straßen und Gassen der historischen Altstadt, vom Glaubensgespräch mit ihren Bischöfen zum Papst-Event, singend und Fahnen schwenkend. Sie tanzten bei Freiluftkonzerten und knüpften neue Bekanntschaften, tauschten Buttons, Schals und Freundschaftsbänder. Das Weltjugendtags-Thema der Barmherzigkeit wurde für die Jugendlichen auch sehr konkret erfahrbar, unter anderem beim Empfang des Beichtsakraments in einem eigens dafür eingerichteten Park.
Aufruf zum Respekt
Mit einer Papstmesse unter freiem Himmel ging der 31. Weltjugendtag zu Ende. Franziskus ermutigte die 1,5 Millionen Jugendlichen am „Campus Misericordiae“ südöstlich von Krakau zu Selbstvertrauen und zur Überwindung von Vorurteilen und falscher Scham. „Gott liebt uns so, wie wir sind, und keine Sünde, keine schlechte Angewohnheit, kein Fehler bringt ihn davon ab.“
Unter dem Eindruck von Attentaten und der tödlichen Geiselnahme in einer französischen Kirche waren die Themen Terror und Gewalt auf dem Weltjugendtag präsenter als noch drei Jahre zuvor in Rio. Der Papst setzte auch die Flüchtlingskrise auf die Agenda. Gleich zu Beginn seines Polenbesuchs hatte er vor Staatspräsident Duda, Regierungsvertretern und Diplomaten Respekt vor der Würde der Person auch im Umgang mit Migranten verlangt. Bei einer Kreuzwegandacht hieß der Papst explizit syrische Flüchtlinge willkommen. Der Weltjugendtag erreichte auch das Kriegsland: 1.200 Jugendliche waren nach Angaben der Weltjugendtags-Veranstalter für zwei Tage in Aleppo zusammenkommen, um dort zeitgleich mit den jungen Leuten in Polen zu feiern.
Bleibender Eindruck
Der Großteil der 3.000 jungen Österreicher, die nach Krakau gekommen waren, trat noch am Sonntagabend den Heimweg an, hunderte von ihnen in jenem „Praytrain“-Sonderzug, der sie bereits in der Nacht auf Dienstag nach Polen gebracht hatte. Mit nach Hause werden die Jugendlichen vor allem Begeisterung, viele neue Freundschaften sowie das hautnahe Erleben einer großen Gemeinschaft im Glauben mitnehmen, so die Vorsitzende der Katholischen Jugend Österreich, Vera Hofbauer. Besonders erfreut zeigte sie sich über die gelungene Zusammenarbeit. „In Krakau waren Gruppen aus den Pfarren und Diözesen, aus den Ordensgemeinschaften und den geistlichen Bewegungen – somit die ganze Bandbreite an Jugend, die es in der Kirche gibt. Es gelang, vieles gemeinsam zu gestalten, von den Katechesen über die Musik bis hin zum Österreichertreffen.“
Als bleibende Botschaft bezeichnete Hofbauer den Aufruf des Papstes zu Frieden und Miteinander. Franziskus habe die Jugendlichen durch seine „Frische“ imponiert; seine Feststellung, der Weltjugendtag sei per se bereits ein Zeichen gegen Krieg und der Geschwisterlichkeit, könnten alle Teilnehmer bestätigen: „Obwohl es so viele Menschen waren, verlief das Event völlig friedlich und ohne jede Zankerei. Nie würde man etwa bei einem Fußballmatch so viel Geduld und Achtsamkeit aller vorfinden.“ kap, sab
Bis zum nächsten Mal ...
RB: Was war das Beeindruckendste am Weltjugendtag?
Tobias Szegedi: Wir wurden von der unglaublichen Gastfreundschaft überrascht: Unsere Gastfamilien haben alles getan, damit es uns gut geht. Für die Vorarlberger Jugendlichen gab es zum Abschied sogar ein Festival mit traditionellen polnischen Tänzen. Dann natürlich die Begegnung mit Jugendlichen aus aller Welt, beim Busfahren, auf der Straße, bei der Papstmesse – es war immer etwas los, wir waren immer auf Achse. Aber nach Krakau sind auf einen Schlag mehr als doppelt so viele junge Menschen gekommen als die Stadt Einwohner hat – die Versorgung hat zum Teil ewig gedauert.
RB: Im Lichte der jüngsten Ereignisse – hat sich auch eine gewisse Terrorangst bemerkbar gemacht?
Szegedi: Zwei Millionen Menschen auf einem Fleck, die quasi das Feindbild des IS darstellen – da fährt man schon mit einer gewissen Beklemmtheit hin. Das Thema war da, das Polizeiaufkommen enorm, sechs Hubschrauber ständig in der Luft. Aber die Leute ließen sich ihre strahlende Freude nicht nehmen. Panik zu schüren hilft niemandem. Das ist es, was die Islamisten wollen.
RB: Wie haben die Jugendlichen das Miteinander erlebt?
Szegedi: Es war eine rundum schöne Sache. Die Jugendlichen haben viel mitgenommen. Bei der Heimfahrt im Praytrain wurden schon Überlegungen angestellt, in drei Jahren im Prayplane nach Panama zu fliegen. sab
Tobias Szegedi (KJ) organisierte die Reise für die Salzburger Jugendlichen mit.
Foto (KNA): Zehntausende junge Menschen verbrachten die Nacht vor der Papstmesse am Sonntag betend und singend unter freiem Himmel auf dem „Campus Misericordiae“ südöstlich von Krakau.