Ein Tropfen auf Steinen

SALZBURG (eds/rb/wadl - 12.12.2016) Der Salzburger Menschenrechtsbericht dokumentiert ein breites Spektrum menschenrechtlicher Problemlagen in Stadt und Land Salzburg – heuer liegt der Schwerpunkt bei den Themen Flucht und Asyl. „Das Kind einer Flüchtlingsfamilie hat die Flugangriffe in Syrien erlebt, die Erlebnisse traumatisierten es. So schwer, dass es stocksteif wird und nicht unter einer Zugbrücke durchgehen kann, wenn gerade ein Zug fährt“, erzählt Ursula Liebing vom Koordinierungsteam der Plattform für Menschenrechte.
„Kind und Eltern sind überfordert. 40 bis 45 Prozent der Flüchtlinge in Österreich sind traumatisiert. Wenn Kinder schwerst traumatisiert sind, bekommen sie uneingeschränkte Behandlung, bei Erwachsenen sieht das ganz anders aus“, kritisiert Liebing. Über die Krankenkasse gäbe es keinen Zugang zu Psychotherapie, auch wird kein Dolmetscher bezahlt. „Das ist schwerwiegend, man lässt die Ressourcen der Menschen liegen. Mit einer Therapie wäre Deutschlernen und Integration möglich. Ist man nicht stabil, wird es auch schwierig eine Arbeit zu finden bzw. zu behalten.“ Bisher gibt es zwei kleine Projekte, die sich diesen Menschen annehmen: Sotiria von der Caritas und Hiketides (bedeutet „die Schutzbefohlenen“) der Plattform, die Wartezeiten sind aber lange. Mittelfristig wäre ein Therapiezentrum nötig.
Die Menschen können mitreden
Die Plattform hat heuer das Salzburger Flüchtlingsforum ins Leben gerufen. 150 Flüchtlinge kamen zum ersten Treffen. „Es ist wichtig, dass die Menschen selbst zu Wort kommen“, so Liebing. In dem Forum können sie Ideen, Wünsche und Kritik äußern, die die Plattform an Politik und Quartierbetreiber weitergibt. „Die politische Situation geht nicht an ihnen vorüber, sie wissen, dass manche Menschen Angst haben. Auch untereinander sind Konflikte spürbar, etwa wenn ein Somalier nicht versteht, wieso ein Syrer schneller einen Bescheid bekommt als er, obwohl auch in seinem Land Bürgerkrieg herrscht.“ Festgestellt wurde dabei etwa auch, dass ein Beschwerdemanagement in den Quartieren fehle. „So entsteht der Eindruck, ein Objekt des Staates zu sein.“
Die Antidiskriminierungsstelle erhalte immer mehr Anfragen, erzählt Josef Mautner vom Plattform-Koordinierungsteam und der Katholischen Aktion. Eine junge Salzburgerin wollte mit syrischen Freunden, Asylbewerbern, ein Salzburger Lokal besuchen – die Freunde wurden vom Türsteher nicht eingelassen. „Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit“, stellt Mautner klar.
Kein Rechtsanspruch auf Assistenz
Der Bericht behandelt aber nicht nur die Lage von Flüchtlingen, auch die Mindestsicherung, Notreisende und die Situation von Menschen mit Beeinträchtigungen wurden genauer angesehen. 2016 wurde das Salzburger Behindertengesetz novelliert, erstmals haben mit dem Inklusionsbeirat Menschen mit Behinderung ein Mitspracherecht. Es gibt nun die Möglichkeit, längst fällige Angebote wie die Persönliche Assistenz auch in Salzburg einzuführen, allerdings ohne verankerten Rechtsanspruch.
Erst durch gesicherte Sprachkompetenz – bei gehörlosen Schülerinnen und Schülern der Gebärdensprache – ist das Lernen weiterer Sprachen und höherer Bildung möglich. Dazu fehle zur Zeit noch der gesetzliche Rahmen, die Ressourcen für Bildungseinrichtungen und der politische Wille, kritisiert der Bericht. Bemühungen gibt es aber: Die Josef-Rehrl-Schule etwa intensiviere die Gebärdensprachkompetenz der Lehrer.
Der Salzburger Menschenrechtsbericht 2016 kann unter <link http: www.menschenrechte-salzburg.at _blank>www.menschenrechte-salzburg.at nachgelesen werden.