Die Osternacht war ursprünglich der einzige Tauftermin in der Kirche. So wie Christus durch seine Auferstehung das Leben neu geschaffen hatte, traten die Täuflinge dann in ihr neues Leben als Kinder Gottes ein. Auch in der Erzdiözese werden rund um Ostern Menschen in die Gemeinschaft des Glaubens aufgenommen – darunter immer mehr Erwachsene.
Sandra Bernhofer
Salzburg. Sara Gröschl steht da in ihrem weißen Kleid, die Tochter auf dem Arm, und ist gerade neu geboren. Dreimal ist sie in dem Holzfass, das in der Mitte der Elisabethkirche in der Stadt Salzburg steht, untergetaucht, mit Christus symbolisch gestorben, mit ihm zu neuem Leben auferstanden. Die Taufe war für sie eine ganzheitliche Erfahrung, erzählt sie: „Das ist nicht wie Haarewaschen – man wird komplett reingewaschen.“
Sinnhafte, starke Zeichen, wie sie die Urkirche kannte und die im Innersten berühren – sie wurden mit den Jahren auf einen Bruchteil des Ursprünglichen reduziert, bedauert der St.-Elisabether Pfarrer Heinrich Wagner: „Bei der Taufe wird man nur mit ein paar Tropfen Wasser besprenkelt, beim Abendmahl teilt man statt Brot Hostien.“ 20 Jahre ist es her, dass sich Wagner auf den griechischen Ursprung des Wortes taufen besann – baptízein, „zugrunde gehen und absaufen“. Seitdem verwendet er für die Taufen in seiner Pfarre ein Holzschaff, das üblicherweise in einer Nische der Elisabethkirche verstaut ist und in die Mitte des Gotteshauses gerückt und mit warmem Wasser gefüllt wird, wenn ein neues Mitglied in die Gemeinde aufgenommen wird. Ein Erwachsener pro Jahr ist das im Schnitt, für das nächs-te bereiten sich zwei vor. Nur zwei weitere Pfarren praktizieren in der Erzdiözese die Taufe nach frühchristlichem Vorbild – Salzburg-Aigen und Going im Tiroler Unterland.
Entscheidung des Herzens
Für Sara Gröschl begann ihr neues Leben offiziell vor fast einem Jahr. Verändert hat der Glaube sie in den sieben Jahren, die sie ihren Mann Martin, Pastoralassistent in St. Elisabeth, nun kennt, aber stetig. Jemand der wirklich glaubt, tief auf Gott vertraut, und jemand der nicht begreifen kann, aber eine tiefe Sehnsucht in sich verspürt, trafen aufeinander. „Glaube ist ein Geschenk. Ich würde dir gönnen, dieses Geschenk Gottes zu erfahren“, hatte die Tante ihres Mannes einst zu ihr gesagt – nun ist sie eine von Gröschls beiden Taufpatinnen. Spätestens im Taufvorbereitungskurs ihrer Tochter, als die junge Mutter mit anderen Eltern und der Kursleiterin – ihrer späteren zweiten Patin – über den Glauben ins Gespräch kam, ging ihr Herz auf, so wie es die Mozarteumabsolventin bis dahin nur von der Musik kannte. „Ich habe gemerkt, dass Kirche nicht so steif ist, wie es von außen oft wirkt.“
Der eigenen Familie von ihrem Entschluss zu erzählen, kostete Überwindung. „Ich war ein richtiges DDR-Kind“, schmunzelt Gröschl, „die Kirche galt dort als etwas Schlechtes.“ „Kommt das wirklich von dir?“, hatte ihre Oma gefragt, und als sie bejahte, hatte sie deren Rückhalt. Die Geschwister feierten die Taufe mit ihr.
Christentum berührt
Die Anfragen nach einer Taufvorbereitung für Erwachsene haben laut diözesanem Seelsorgeamt in den vergangenen Jahren stark zugenommen – wenngleich sie nach wie vor die Ausnahme sind. Spürbar ist, dass die Zahl derer, die bereits einer anderer Religion angehörten, steigt. Bei der diesjährigen Zulassungsfeier, die den Abschluss der Taufvorbereitung bildet, waren 11 der 13 Katechumenen Muslime.
Eine Beobachtung, die auch Esther Handschin, Pastorin der evangelisch-methodistischen Kirche Salzburg, macht: „Wenn jemand den
Wunsch nach der Taufe äußert, steht es mir nicht zu, diese zu verweigern. Aber es steht mir zu, zu sagen, dass der Weg kein einfacher sein wird und auch kein kurzer.“ Den Vorbereitungskurs in ihrer Gemeinde leitet die Pastorin selbst. Immer wieder hat sie auch mit Flüchtlingen zu tun, die berührt sind von der Botschaft Jesu und der Hilfsbereitschaft, die sie in christlichen Gemeinden erfahren und die sich in der Verlorenheit, die eine Flucht mit sich bringt nach Gemeinschaft sehnen.
Vor übereilten Taufen nichtchristlicher Flüchtlinge warnt der Wiener Kirchenrechtler Ludger Müller. Dies könne den „Verdacht von Scheinkonversionen“ nähren, mit denen Asylsuchende leichter einen Aufenthaltsstatus erlangen wollten. Und tatsächlich haben Menschen, die mit dem Wechsel der Religion das eigene Leben und das ihrer Familie gefährden, mitunter Schwierigkeiten, ihren Glauben vor Asylrichtern glaubhaft zu machen. Manche Gerichtsdolmetscher sind kaum mit einer christlichen Glaubenssprache vertraut, für die es zudem nicht in jeder Sprache adäquate Begriffe gibt. „Noch vor zehn Jahren wurden alle Christen über einen Leis-ten geschlagen. Bei Asylverhandlungen wurden Basics abgefragt wie katholische Feiertage oder ob die Sonntagspflicht erfüllt wird – die für evangelische Christen so nicht gilt“, kritisiert Handschin das mangelnde Wissen um die unterschiedlichen Konfessionen und die fehlende Sensibilität einzelner Richterinnen. Vergangenen Juni sei sie vor Gericht gebeten worden, eine Prognose für das Glaubensleben eines Gemeindemitglieds abzugeben: „Glaube lässt sich nicht von außen prüfen. Ich kann ja nicht einmal von mir selbst mit Sicherheit sagen, ob ich in einem Jahr noch glauben werde.“
Dass die Kirchen in Österreich die Taufvorbereitung keineswegs auf die leichte Schulter nehmen, zeigte die letzte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen im Oktober. Mindestens ein halbes Jahr dauert die Katechese, bei Asylbewerbern zumindest ein ganzes. „Nur so kann man alle Feste einmal mitfeiern, Teil einer Gemeinde werden – den christlichen Glauben kann man nicht alleine leben.“
Sein Ja bekräftigen
Dass ihre Kinder als Kinder Gottes aufwachsen sollten, war für Sara Gröschl und ihren Mann klar – alleine schon durch das Versprechen bei der Hochzeit: „Mir hat im Nachhinein in meiner Kindheit etwas gefehlt“, meint die junge Mutter auch. „Es ist schön, Kindern den Glauben zu eröffnen, zu zeigen: So kann es sein. Bei der Firmung dürfen sie dann noch einmal selbst Ja sagen zu Gott.“ Aber Gröschl gibt zu, dass die Taufe ihres Sohnes David nicht einfach für sie war. „Er war plötzlich Teil einer Gemeinschaft, zu der ich nicht gehörte.“ Seit ihrer eigenen Taufe, bei der auch das zweite Kind, Paula, in die Gemeinschaft des Glaubens aufgenommen wurde, tut sie das.
Rund um die Taufe:
☛ Die Taufe ist die Grundlage des christlichen Lebens. Seit dem 6. Jahrhundert herrscht in der weltweiten Christenheit die Säuglings- oder Kindertaufe vor. Firmung und Eucharistie vervollständigen die Aufnahme in die Glaubensgemeinschaft der Christen.
☛ Die Anmeldung zur Taufe und die Vereinbarung eines Tauftermins erfolgen im Pfarrhof der jeweiligen Wohnsitzgemeinde.
☛ Taufinteressenten ab dem 14. Lebensjahr durchlaufen eine zumindest sechsmonatige Vorbereitungszeit. Für nähere Informationen wenden Sie sich an Simon Lipp, Projektentwickler Base Neuevangelisierung Bürgerspitalgasse 2, Salzburg, simon.lipp@seelsorge.kirchen.
net, 0676/87467070. Für Anfragen von Konvertiten ist Mag. Matthias Hohla, Kapitelplatz 7, Salzburg, oekumene.religionen@seelsorge.kirchen.net, 0662/8047-2075, zuständig.
☛ In den vergangenen beiden Jahren wurde das Taufsakrament in der Erzdiözese insgesamt 9.966-mal gespendet, davon 19-mal innerhalb der Initiationssakramente für Erwachsene. 13 erwachsene Taufbewerber feierten dieses Jahr mit der Zulassungsfeier das Ende ihrer Taufvorbereitung, österreichweit lassen sich um Ostern an die 300 taufen.