Corona-Virus soll nicht spalten

SALZBURG (eds-2.3.2020) / Kein Weihwasser, kein Friedensgruß per Hand oder Umarmung, keine Mundkommunion. So lauten die Sicherheitsmaßnahmen der Erzdiözese Salzburg. Weshalb ein Touristenehepaar darüber lacht und ein Franziskaner von Verhältnismäßigkeit und neuen Chancen spricht.
„Das tötet die Hoffnung der Menschen.“ So kommentiert das jüdische Anwaltsehepaar Vojcík aus der Slowakei nach einem Besuch im Salzburger Dom das trockene Weihwasserbecken. Den folierten Zettel im Becken haben sie gelesen: „Aus aktuellem Anlass bezüglich Corona Virus, verzichten wir bis auf weiteres auf die Verteilung von Weihwasser.“ Der slowakische Anwalt findet das „lächerlich“. Der für die leeren Weihwasserbecken verantwortliche Domkustos Johann Reißmeier hält in einer Aussendung der Erzdiözese Salzburg dagegen: Stark besuchte Kirchen müssten „bestmöglich ‚Corona-sicher’ gemacht werden“.
Chance im Verzicht
Das entleerte Weihwasserbecken im Dom ist ein aussagekräftiges Bild, das Menschen zum Nachdenken bringt. Der Franziskanerpater Maximilian Fuetsch, der auch als Krankenhausseelsorger bei den Barmherzigen Brüdern in Salzburg tätig ist, beurteilt die Sachlage so: „Es muss einen etwas angehen." Doch als Seelsorger befürchtet er, dass durch diese Hygienemaßnamen etwas Wertvolles beschnitten werde, denn „Zeichen haben Wirkung“. Er warnt vor einer „Spaltung“ durch unterschiedliche Meinungen. Schlimm wäre es, wenn das leere Weihwasserbecken, das Nicken statt des Friedensgrußes und das Aussetzen der Mundkommunion als „Unglaube interpretiert“ oder als "Kriterium für Frömmigkeit" gesehen würden. „Es hat keinen Sinn, ein Streitfeld zu eröffnen“, ist Pater Maximilian überzeugt.
In all dem Wirbel um das Corona-Virus und den Vorsichtsmaßnahmen im Salzburger Dom stecke auch eine Chance, sagt Pater Maximilian, „besonders und gerade jetzt zur Fastenzeit“. Das Verbot biete die Möglichkeit, sich des eigentlichen Sinnes der Zeichen wieder bewusst zu werden. Wenn sich die Menschen etwa nach dem Lesen des Erklärzettels im Dom die Frage stellen „Warum tun wir das normalerweise eigentlich?“, so hätte das Virus mit all seinen Schattenseiten zumindest ein tieferes Nachdenken bewirkt. Die Fastenzeit sei für ein Überdenken alter Gewohnheiten die beste Zeit.
Zeichen mit Wirkung
Die öffentliche Diskussion um die Hygienemaßnamen im Salzburger Dom zeigt: Die Aussagekraft eines leeren Weihwasserbeckens, der Verzicht auf dieses Zeichen der Erinnerung an die Taufe ist stark. Selbst Außenstehende wie das jüdische Ehepaar aus der Slowakei sieht im ausgetrockneten Becken nicht nur das Fehlen des geweihten Wassers, sondern auch das Fehlen von Hoffnung. Und das Paar bekräftigt: „Im Glauben geht es um die Hoffnung.“
Pfarren zu Extra-Hygiene gerufen
Indes rief Ordinariatskanzlerin Elisabeth Kandler-Mayr die Pfarren der Erzdiözese zu Vorsichtsmaßnahmen auf, um das Ansteckungsrisiko für Influenza sowie Corona-Virus so gering wie möglich zu halten. Zuvor hatte Domkustos Johann Reißmeier für die Salzburger Bischofskirche Maßnahmen erlassen, etwa: Wer die Kommunion austeilt, soll die Hände gründlich desinfizieren.
Foto: In deutscher und englischer Sprache wird am Weihwasserbecken im Salzburger Dom erklärt: "Aus aktuellem Anlass bezüglich Corona Virus, verzichten wir bis auf weiteres auf die Verteilung von Weihwasser"
Foto: eds/Johannes N. Weber
Autor: Johannes N. Weber ist Teilnehmer des Reportage-Workshops der Katholischen Medienakademie (KMA)