Christen brauchen eine Heimat

Rattenberg. Das Gebäude Pfarrgasse 8 – genannt Mesnerhaus – entstand in der heutigen Form und Ausdehnung in mehreren Etappen vom späten 13. bis zum 16. Jahrhundert. Am Anfang waren es zwei getrennte Gebäude, die als Lagerhäuser genutzt wurden, hat die umfangreiche Bauforschung durch Denkmalpfleger und Bauhistoriker ergeben. 1592 kauften es die Kirchenpröpste der Vigiliuskirche als Mesnerhaus, beweisen uralte Dokumente.Besonders markant ist die breite Holzstiege zwischen den beiden Trakten, deren Außenfassade aber eine Einheit bildet. Die Stiege von der Pfarrgasse zum Nordportal der Pfarrkiche wird wieder öffentlich zugänglich sein. Zusätzlich gibt es nun aber auch einen Lift, mit dem nicht nur die Kirche, sondern auch alle Räume im Mesnerhaus problemlos erreicht werden können. Der behindertengerechte Zugang war eine Voraussetzung dafür, dass das Pfarrbüro, der Mehrzweck- und Veranstaltungsraum sowie die Gruppenräume im Dachgeschoß künftig vernünftig genutzt werden können.
Das Architektenteam Pepi Wurzer und Carl Michael Nagel musste Kreativität beweisen, um die verschiedenen Schwierigkeiten rund um die Sanierung dieses am Eingang zum so genannten Malerwinkel, einer der schönsten Ecken von Rattenberg, gelegenen Baujuwels zu lösen. Damit etwa die uralten Balken auch weiterhin die durch die neue Nutzung wesentlich höheren Lasten tragen können, wurden speziell entwickelte Stahlprofilsäulen eingebaut, durch die das Gewicht bis ins Erdgeschoß abgetragen wird. Sämtliche Pfetten, Balken und Holzverkleidungen wurden von den in den vergangenen Jahrhunderten aufgebrachten zentimeterdicken Farbschichten befreit, nur wenige beschädigte Balken mussten ersetzt werden. Leitungen für Strom, Wasser, Kanal wurden so eingebaut, dass der mittelalterliche Charakter des Gebäudes weitgehend erhalten werden konnte und die Räume dennoch zeitgemäß ausgestattet und verwendet werden können. Bei allen Arbeiten sei es immer darum gegangen, das Gebäude so weit wie möglich im ursprünglichen Zustand zu belassen, schilderte Wurzer beim Festakt nach dem Gottesdienst mit Generalvikar Hansjörg Hofer.
Dabei wurden der Stolz und die Freude über das gelungene Werk deutlich. Die Revitalisierung des denkmalgeschützten Hauses, das im Erdgeschoß nun auch ein Behinderten-WC bietet, führte mit einem Aufwand von rund 1,8 Millionen Euro zu einem zeitgemäßen öffentlichen Gebäude. Finanzkammerdirektor Josef Lidicky schilderte den Weg, bis die Finanzierung gesichert werden konnte. Und er dankte allen, die dazu beigetragen haben: Pfarre Rattenberg, Erzdiözese Salzburg, Land Tirol, Tiroler Landesgedächtnisstiftung, Bundesdenkmalamt und EU-Leaderprogramm. Damit stehen der Pfarre moderne Räume zur Verfügung, freuen sich Pfarrsekretärin Claudia Brunat und Pfarrer Mag. Roland Frühauf
auf die neue Heimat. roi
Bildtext: Nach der Segnung des Mesnerhauses durch Generalvikar Prälat Hansjörg Hofer zogen die Gläubigen zum Festgottesdienst in die Pfarrkirche. Mit dabei auch Prälat Hans-Walter Vavrovsky, der in den 70er-Jahren mit der Sanierung der vielen Kirchen Rattenbergs begonnen hatte.